Sebastian springt über Geländer (2020)
Das deutsche Coming-of-Age-Drama begleitet die Titelfigur durch exemplarische Momente aus drei Lebensphasen.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Sebastian (Finn Freyer) wartet nach der Schule, dass seine Mutter (Ambar de la Horra) ihn mit dem Auto abholt. Er vertreibt sich die Zeit allein, klettert über einen Zaun, schaut Müllmännern zu. Die alleinerziehende Mutter hat wenig Zeit für ihn. Sie will ihm ein Fahrrad kaufen, damit er den Schulweg künftig alleine zurücklegt. Als die Klassenkameraden im Malunterricht von ihren Ferienreisen berichten, kann Sebastian nichts beitragen.
Sebastian (Joseph Peschko) ist zum Teenager herangewachsen. Er gerät in Streit mit einem Mitschüler, der seinen Wunsch, Pilot zu werden, lächerlich findet. Sebastian sei ja noch nie in seinem Leben geflogen! Das Mädchen Elisabeth (Frederieke Morgenroth) aber, das auch zur Clique gehört, wird seine Freundin. Sie lädt ihn zu sich zum Essen mit ihren Eltern ein. Dann hilft sie ihm, sich neu einzukleiden mit Anzug und Krawatte, für einen Opernbesuch mit ihren Eltern. Mit seiner Mutter gibt es Streit, der Jugendliche reagiert explosiv wie ein Vulkan.
Sebastian ist nun erwachsen. Er verlässt seine Heimatstadt Hannover, verabschiedet sich von seinen Freunden. Zum ersten Mal in seinem Leben wird er fliegen.
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Filmkritik
Der Regisseur und Drehbuchautor Ceylan Ataman-Checa gibt sein Spielfilmdebüt mit einem beeindruckenden Coming-of-Age-Drama. In wenigen, atmosphärisch aussagekräftigen Szenen aus drei Lebensphasen schildert es die Entwicklung des Kindes Sebastian zum jungen Erwachsenen. Dieser Verwandlungs- und Reifeprozess erweist sich als sehr herausfordernd, denn der Titelheld hat es in seinem jungen Leben nicht leicht. Gilt das nicht mehr oder weniger für alle Menschen, die auf die Pubertät zusteuern und auch wieder aus ihr herausfinden müssen? Die emotional aufwühlende Geschichte wird treffend und konzis erzählt – sie dauert ganze 70 Minuten.
Schweigsamkeit ist Sebastians hervorstechendste Eigenschaft. Es ist ja auch schon in seiner Kindheit meistens keiner da, der ihm groß zuhören würde. Die Mutter arbeitet oder ist müde. Vieles Prägende in seinem Leben wird nur angedeutet, etwa die Geldknappheit. Oder der Kummer, keinen Vater zu haben, der sich in einer seltsamen Begegnung des Teenagers mit einem Mann Bahn zu brechen scheint. Der von sich eingenommene Spießervater (Andreas Sigrist) seiner Freundin muss Sebastian zumindest kurz wie das Maß aller Dinge vorkommen.
Der Autor und Regisseur versteht es hervorragend, den inneren Aufruhr des Teenagers fühlbar zu machen. Obwohl, oder gerade weil so wenig gesprochen wird, erreicht das Drama in der mittleren Episode eine aufwühlende Intensität. Sebastian erlebt einen erschütternden Moment der Hilflosigkeit und Einsamkeit, der sehr authentisch dargestellt wird. Kaum zu glauben, dass der so unaufgeregt und bewegend spielende Joseph Peschko kein Schauspielprofi ist, sondern sein Filmdebüt gibt.
In den verschiedenen Lebensphasen setzt sich Sebastian mit wiederkehrenden Themen auseinander, wie dem Wunsch, auszubrechen und frei zu sein, oder der Sehnsucht, irgendwo landen zu können. In engem, fast quadratischem Bildformat gedreht, legt der Film Wert auf sinnliche Eindrücke. Sebastian nimmt das wechselnde Licht der Tageszeiten genau wahr, betont seine Färbung vielleicht auch mal subjektiv, hört die Botschaft der Geräusche. Mal vernimmt man Straßenlärm, mal verstärken leise gurrende Tauben den Eindruck von Stille. Dieser sehenswerte, von der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin produzierte Abschlussfilm ist eine überzeugende Talentprobe seines Autors und Regisseurs.
Fazit: Der Regisseur und Drehbuchautor Ceylan Ataman-Checa blättert Kindheit und Jugend seines Titelhelden sehr aussagekräftig und dicht erzählt in drei zeitlich auseinanderliegenden Episoden auf. Aus dem schweigsamen, viel sich selbst überlassenen Kind einer alleinerziehenden Mutter wird ein Teenager, der aus der Enge seines Lebens ausbrechen will und in eine Krise gerät, bevor er als junger Erwachsener den Absprung schafft. Das zuweilen sehr intensive Coming-of-Age-Drama bewegt, weil es am Beispiel seines Hauptcharakters sehr authentisch zutage fördert, mit wie viel Einsamkeit und innerer Arbeit das Heranwachsen verbunden sein kann.
Schweigsamkeit ist Sebastians hervorstechendste Eigenschaft. Es ist ja auch schon in seiner Kindheit meistens keiner da, der ihm groß zuhören würde. Die Mutter arbeitet oder ist müde. Vieles Prägende in seinem Leben wird nur angedeutet, etwa die Geldknappheit. Oder der Kummer, keinen Vater zu haben, der sich in einer seltsamen Begegnung des Teenagers mit einem Mann Bahn zu brechen scheint. Der von sich eingenommene Spießervater (Andreas Sigrist) seiner Freundin muss Sebastian zumindest kurz wie das Maß aller Dinge vorkommen.
Der Autor und Regisseur versteht es hervorragend, den inneren Aufruhr des Teenagers fühlbar zu machen. Obwohl, oder gerade weil so wenig gesprochen wird, erreicht das Drama in der mittleren Episode eine aufwühlende Intensität. Sebastian erlebt einen erschütternden Moment der Hilflosigkeit und Einsamkeit, der sehr authentisch dargestellt wird. Kaum zu glauben, dass der so unaufgeregt und bewegend spielende Joseph Peschko kein Schauspielprofi ist, sondern sein Filmdebüt gibt.
In den verschiedenen Lebensphasen setzt sich Sebastian mit wiederkehrenden Themen auseinander, wie dem Wunsch, auszubrechen und frei zu sein, oder der Sehnsucht, irgendwo landen zu können. In engem, fast quadratischem Bildformat gedreht, legt der Film Wert auf sinnliche Eindrücke. Sebastian nimmt das wechselnde Licht der Tageszeiten genau wahr, betont seine Färbung vielleicht auch mal subjektiv, hört die Botschaft der Geräusche. Mal vernimmt man Straßenlärm, mal verstärken leise gurrende Tauben den Eindruck von Stille. Dieser sehenswerte, von der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin produzierte Abschlussfilm ist eine überzeugende Talentprobe seines Autors und Regisseurs.
Fazit: Der Regisseur und Drehbuchautor Ceylan Ataman-Checa blättert Kindheit und Jugend seines Titelhelden sehr aussagekräftig und dicht erzählt in drei zeitlich auseinanderliegenden Episoden auf. Aus dem schweigsamen, viel sich selbst überlassenen Kind einer alleinerziehenden Mutter wird ein Teenager, der aus der Enge seines Lebens ausbrechen will und in eine Krise gerät, bevor er als junger Erwachsener den Absprung schafft. Das zuweilen sehr intensive Coming-of-Age-Drama bewegt, weil es am Beispiel seines Hauptcharakters sehr authentisch zutage fördert, mit wie viel Einsamkeit und innerer Arbeit das Heranwachsen verbunden sein kann.
Bianka Piringer
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Besetzung & Crew von "Sebastian springt über Geländer"
Land: DeutschlandJahr: 2020
Genre: Drama
Länge: 70 Minuten
Kinostart: 20.08.2020
Regie: Ceylan Ataman-Checa
Darsteller: Ambar de la Horra, Finn Freyer, Henning Hartmann, Mathias Max Herrmann, Rajvir Alexander Johnston
Kamera: Albrecht Von Grünhagen
Verleih: dejavu filmverleih