Enfant Terrible (2020)
Biographischer Film über Leben und Wirken des unermüdlichen und begnadeten Regisseurs Rainer Werner Fassbinder, der in diesem Jahr 75 Jahre alt geworden wäre.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 15 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Er war Regisseur, Autor, Cutter, Produzent, Komponist sowie Schauspieler in einer Person und zählt zu den wichtigsten deutschen Filmschaffenden des 20. Jahrhunderts – obwohl er nur 37 Jahre alt wurde: Rainer Werner Fassbinder (Oliver Masucci). Mitte der 60er-Jahre inszenierte er, gerade 20-jährig, seine ersten Filme, nur um kurz darauf Ensemblemitglied einer Aktions-Theater-Gruppe um Kurt Raab und Peer Raben zu werden. Das Anarchistische und Provokative des improvisierten Schauspiels sollten auch Fassbinders filmische Arbeiten ab den 70er-Jahren bis zu seinem frühen Tod 1982 prägen. Mit Produktionen wie "Lili Marleen", "Die Ehe der Maria Braun" oder "Angst essen Seele auf" entwickelte sich der exzessiv lebende, bekennende Bisexuelle Fassbinder ab 1970 zum führenden deutschen Autorenfilmer. Seine Arbeitssucht und das innere Verlangen nach beständiger Akzeptanz und Liebe forderten jedoch ihren Tribut.
Bildergalerie zum Film "Enfant Terrible"
Hier streamen
Filmkritik
"Enfant Terrible" sollte eigentlich auf dem diesjährigen Filmfest in Cannes Premiere feiern, das Festival konnte aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nicht in gewohnter Weise stattfinden. Stattdessen eröffnete die Biographie Ende September das 28. Filmfestival Hamburg. Inszeniert wurde das auf dem Leben des großen Filmschaffenden Fassbinder beruhende Biopic von Oskar Roehler. Für den aus Starnberg stammenden Regisseur und Autor ist es die erste Projekt seit der Tragikomödie "Herrliche Zeiten" (2018). Roehler wurde im Jahr 2000 durch sein gefeiertes Werk "Die Unberührbare" mit Hannelore Elsner bekannt.
"Enfant terrible" schildert Fassbinder auf sehr authentische und nachdrückliche Weise als genau den Mann, der er war: eine innerlich zutiefst getriebene ("Ich habe doch keine Zeit"), nach Perfektion strebende und vor Lebensenergie übersprudelnde Person, die sich letztlich zu Tode arbeitete (Fassbinder drehte in gerade einmal 13 Jahren rund 40 Filme und einen epischen TV-Mehrteiler). Kaum einen besseren Darsteller als Oliver Masucci hätte Roehler, der schon öfter mit seinem Hauptdarsteller zusammenarbeitete, finden können.
Masucci verleiht seiner Figur Ausdruck und Charisma, verkörpert mit gesengtem Kopf, Buckel, ungewaschenem Haar und Plauze aber ebenso glaubhaft den Fassbinder der späteren Jahre – gezeichnet von Überarbeitung, aufreibenden (persönlichen wie privaten) Beziehungen und Affären sowie dem Antrieb, etwas Bleibendes zu schaffen. Das große filmische Meisterwerk. Diese gelangen Fassbinder zuhauf und "Enfant Terrible" blickt hinter die Kulissen der Entstehung einiger seiner zentralen Arbeiten.
Apropos Kulisse: Roehler entscheidet sich für ein ganz und gar reduziertes, bewusst künstlich und nur angedeutet gehaltenes Set-Design und zum Teil nur aufgemalte Kulissen, Requisiten sowie Gebäudeelemente. Diese Herangehensweise bricht durchaus mit gängigen Sehgewohnheiten und erinnert an die Kreativität sowie das Unperfekte von Theater und Improvisation, entspricht damit aber auch sehr genau und treffend den Grundpfeilern von Fassbinders Arbeit und dem Kern seiner Sichtweise von Kunst als körperliche, ganz unmittelbare Ausdrucksform. Schauspiel als leidenschaftliche, intensive und unverstellte Darbietung menschlicher Emotionen.
Auch die übrigen Darsteller schlüpfen darüber hinaus glaubwürdig und unter großem spielerischem Einsatz in ihre Rollen. Sie spielen all jene zentralen Menschen aus Fassbinders engstem Umfeld, die sich über viele Jahre mit dem Meisterregisseur umgaben, ihm verfielen, ihn liebten, hassten aber genauso von ihm profitierten. Darunter Desiree Nick als "bayerische Brigitte Bardot" Barbara Valentin, Hary Prinz als Kurt Raab oder Jochen Schropp als Armin Meier, Fassbinders Ex-Partner, der sich Ende der 70er aufgrund der durch Fassbinder beendeten Beziehung mit einer Überdosis Schlafmittel umbrachte.
Fazit: Ambitioniertes, herausragend gespieltes und unaufdringlich gefilmtes Biopic über den unermüdlichsten, produktivsten aller deutschen Filmemacher.
"Enfant terrible" schildert Fassbinder auf sehr authentische und nachdrückliche Weise als genau den Mann, der er war: eine innerlich zutiefst getriebene ("Ich habe doch keine Zeit"), nach Perfektion strebende und vor Lebensenergie übersprudelnde Person, die sich letztlich zu Tode arbeitete (Fassbinder drehte in gerade einmal 13 Jahren rund 40 Filme und einen epischen TV-Mehrteiler). Kaum einen besseren Darsteller als Oliver Masucci hätte Roehler, der schon öfter mit seinem Hauptdarsteller zusammenarbeitete, finden können.
Masucci verleiht seiner Figur Ausdruck und Charisma, verkörpert mit gesengtem Kopf, Buckel, ungewaschenem Haar und Plauze aber ebenso glaubhaft den Fassbinder der späteren Jahre – gezeichnet von Überarbeitung, aufreibenden (persönlichen wie privaten) Beziehungen und Affären sowie dem Antrieb, etwas Bleibendes zu schaffen. Das große filmische Meisterwerk. Diese gelangen Fassbinder zuhauf und "Enfant Terrible" blickt hinter die Kulissen der Entstehung einiger seiner zentralen Arbeiten.
Apropos Kulisse: Roehler entscheidet sich für ein ganz und gar reduziertes, bewusst künstlich und nur angedeutet gehaltenes Set-Design und zum Teil nur aufgemalte Kulissen, Requisiten sowie Gebäudeelemente. Diese Herangehensweise bricht durchaus mit gängigen Sehgewohnheiten und erinnert an die Kreativität sowie das Unperfekte von Theater und Improvisation, entspricht damit aber auch sehr genau und treffend den Grundpfeilern von Fassbinders Arbeit und dem Kern seiner Sichtweise von Kunst als körperliche, ganz unmittelbare Ausdrucksform. Schauspiel als leidenschaftliche, intensive und unverstellte Darbietung menschlicher Emotionen.
Auch die übrigen Darsteller schlüpfen darüber hinaus glaubwürdig und unter großem spielerischem Einsatz in ihre Rollen. Sie spielen all jene zentralen Menschen aus Fassbinders engstem Umfeld, die sich über viele Jahre mit dem Meisterregisseur umgaben, ihm verfielen, ihn liebten, hassten aber genauso von ihm profitierten. Darunter Desiree Nick als "bayerische Brigitte Bardot" Barbara Valentin, Hary Prinz als Kurt Raab oder Jochen Schropp als Armin Meier, Fassbinders Ex-Partner, der sich Ende der 70er aufgrund der durch Fassbinder beendeten Beziehung mit einer Überdosis Schlafmittel umbrachte.
Fazit: Ambitioniertes, herausragend gespieltes und unaufdringlich gefilmtes Biopic über den unermüdlichsten, produktivsten aller deutschen Filmemacher.
Björn Schneider
TrailerAlle "Enfant Terrible"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Enfant Terrible"
Land: DeutschlandJahr: 2020
Genre: Drama
Länge: 134 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 01.10.2020
Regie: Oskar Roehler
Darsteller: Isolde Barth als Fassbinders Mutter, Oliver Masucci als Rainer Werner Fassbinder, Simon Böer als Michael Ballhaus, Christoph Bautz als Journalist 1, Christian Berkel als Interviewer
Kamera: Carl-Friedrich Koschnick
Verleih: Weltkino Filmverleih
Verknüpfungen zu "Enfant Terrible"Alle anzeigen
News
Kinocharts Deutschland (1. - 4.10.): "Jim Knopf" bringt frische Brise in die Kinos
"Gott, Du kannst ein Arsch sein" nicht halb so stark
"Gott, Du kannst ein Arsch sein" nicht halb so stark
News
Deutsche Filmstarts: Jim Knopf erlebt ein neues Abenteuer
Sinje Irslinger tätowiert "Gott, Du kannst ein Arsch sein!"
Sinje Irslinger tätowiert "Gott, Du kannst ein Arsch sein!"
Trailer
Trailer