FBW-Bewertung: Schwarze Milch (2020)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Zwei Schwestern? Ossi und Wessi. So unterschiedlich die Charaktere der Beiden sind, so unterschiedlich gestaltete sich auch ihr Lebensweg. Ihre Kindheit verbrachten sie noch gemeinsam in einer Jurte in der mongolischen Wüste Gobi. Wessi zog mit den Eltern nach Deutschland und Ossi blieb in der Mongolei und führte dort das traditionelle Nomadenleben. Des Zusammenlebens mit ihrem Freund Franz überdrüssig, und voller Sehnsucht nach ihrer Schwester, kehrt Wessi nach vielen Jahren der Trennung in die Mongolei zurück. Mit großer Freude wird sie von ihrer Schwester empfangen und auch von Ossis Ehemann und dem Stiefvater gerne in die Nomadenfamilie aufgenommen. Doch sehr bald zeigt sich, dass die alten Traditionen der Nomaden, verbunden auch mit Überbleibseln der Schamanen, für Wessi zu einer großen Belastungsprobe werden. In ihrem Naturell ist sie sehr wild und freiheitsliebend. Die Enge der Jurteist für sie mehr und mehr nicht zu ertragen, auch wenn sie weitgehend mit ihrer Schwester allein ist und die Männer irgendwo in der großen Stadt mit Kartenspiel und Alkohol ihr Leben verbringen. Die Frauen haben für die Viehherden und das Essen zu sorgen. Das ist für Wessi zu wenig und sie beginnt mit den Tabus der Nomaden zu brechen.Die Hauptdarstellerin Uisenma Borchu (Wessi) ist gleichzeitig Drehbuchautorin und Regisseurin und erzählt offensichtlich diese Geschichte mit starken persönlichen Bezügen. Ihr Film bricht dabei sehr stark mit üblichen Sehgewohnheiten. Die Dramaturgie verzichtet auf einen konventionellen Aufbau durch starke Zeitsprünge. Die Kamera schafft mit genauem Blick und dem Gespür für die Atmosphäre der Umgebung sehr schöne Bilder in einer archaischen Landschaft. Die Zuschauer erfahren viel von den alten Mythen und Traditionen der Nomaden, erleben aber auch die starken Einflüsse der Moderne auf sie. Dass der Film die Frage, ob Wessi bei Ossi in der gemeinsamen Jurte auf Dauer glücklich bleiben wird, offen lässt, ist eine weitere Qualität dieses mystisch stimmungsvollen und mit großer Ruhe und Intensität erzählten Films.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)