Plötzlich Heimweh (2019)
Dokumentarfilm über eine Chinesin, die im schweizerischen Bergland eine neue Heimat sucht.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Yu Hao stammt aus Nordchina und arbeitete seit 1999 in Peking als Fernsehjournalistin. Schon als Kind – sie wurde mit vier Jahren eingeschult – fühlte sie sich nirgends richtig zugehörig. Bei einem Besuch in der Schweiz im Jahr 2005 verliebt sie sich in einen Schweizer. Gemeinsam besuchen sie einen alten Bauern und Maler, der in den Bergen lebt. Diese Begegnung beeindruckt Yu Hao schwer. Ihre Sehnsucht nach Verwurzelung meldet sich zurück und sie will mehr über diese traditionsbewussten Schweizer auf dem Land erfahren.
Yu Hao zieht in die Schweiz, nach Urnäsch im Appenzellerland. Ohne Deutsch zu sprechen, filmt sie mit der Kamera die Landschaften, die Menschen, ihre Bräuche. Als sie die Sprache gut genug kann, stellt sie den Einheimischen neugierig Fragen. Die Begegnungen wecken Erinnerungen an ihre Kindheit und die Geborgenheit, die ihr die Großmutter schenkte.
Dennoch fühlt sich Yu Hao in der Schweiz als Außenstehende, und wenn sie nach China fährt, geht es ihr nicht anders. Sie ringt lange mit dem Heimatbegriff. Kann sie in der Schweiz, fern der eigenen Familie und Freunde, heimisch werden? In der Bergwelt des Appenzellerlands findet sie die Ruhe, nach der sie sich sehnt und Menschen, die ihr im Grunde gar nicht so fremd vorkommen.
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Filmkritik
In diesem Dokumentarfilm erzählt eine chinesische Migrantin über ihre Sehnsucht nach Heimat. 2005 verließ die Fernsehjournalistin Yu Hao Peking, um in der Schweiz zu leben, wo sie als Dokumentarfilmerin und Kuratorin arbeitet. Wie so viele Zeitgenossen war sie ein von Veränderung geprägtes Großstadtleben gewöhnt, fühlte sich aber magisch von der Bodenständigkeit und dem Traditionsbewusstsein der Appenzeller Landbevölkerung angezogen.
Yu Haos lange, immer wieder auch schmerzliche Auseinandersetzung mit dem Bedürfnis, Wurzeln zu schlagen, lässt ihren Dokumentarfilm einerseits sehr persönlich werden. Andererseits ist die Frage nach dem Stellenwert der Heimat in der globalisierten Welt aus Sicht vieler Menschen hochaktuell. In ihrem auf Deutsch gesprochenen Voice-Over-Kommentar lässt die Filmemacherin das Publikum sehr offen an ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben. Besonders beeindruckend wirkt der Kontrast zwischen den Aufnahmen von früher, in denen sie als TV-Reporterin vor der Kamera agiert und immer auf Achse zu sein scheint, und der Rolle einer staunenden, nachdenklichen Beobachterin, die sie in der Schweiz für sich wählt.
Gegensätze bestimmen auch die Gegenüberstellung von Motiven in der Schweiz und China. So blickt Yu Hao einmal während eines Besuchs in China mit zwei Freundinnen auf die nächtlich beleuchteten Hochhäuser. In der Schweiz hingegen filmt sie gerne Wolken und Nebelschwaden, die über friedliche Almwiesen ziehen, genießt "die Gerüche, die Farben, die Geräusche".
Die Begegnungen mit Einheimischen lösen bei Yu Hao zwiespältige Gefühle aus. Sie staunt nicht nur, wie der Maler Johann Hautle seinen gleichförmigen Alltag lebt, sondern auch, dass der 13-jährige Chläus, der auf einer Alm allein die Kühe versorgt, schon genau weiß, dass er einmal Bauer werden will.
In ihren Erzählungen aus China mischen sich Motive der Entwurzelung, das Leid, das die Kulturrevolution in der Elterngeneration verursachte, die eigene Erinnerung an eine Schulzeit als Außenseiterin. Von dieser erzählt die einleitende Scherenschnittanimation märchenhaft, um auf die introspektive Haltung der Filmemacherin hinzuweisen. Yu Hao demonstriert mit diesem Film aber auch den schweizerischen Dorfbewohnern, dass ein spannender Austausch stattfinden, eine Brücke zur Außenwelt geschlagen werden kann, wenn sie einen fremden Menschen in ihrem geordneten Kosmos willkommen heißen.
Fazit: Die Journalistin und Dokumentarfilmerin Yu Hao kehrte China vor 15 Jahren den Rücken, um in der Schweiz zu leben. In diesem Film erzählt sie, wie ihr die bodenständige, naturverbundene Lebensweise der Appenzeller Landbevölkerung ein Heimatgefühl vermittelt hat. Die offene Auseinandersetzung der Migrantin mit ihren oft widersprüchlichen Eindrücken schenkt dem Film emotionale Tiefe. Yu Hao gelingt es überzeugend, am persönlichen Beispiel das hoch aktuelle Spannungsverhältnis zwischen globaler Mobilität und den Wertbegriffen Heimat und Wahlheimat zu erforschen.
Yu Haos lange, immer wieder auch schmerzliche Auseinandersetzung mit dem Bedürfnis, Wurzeln zu schlagen, lässt ihren Dokumentarfilm einerseits sehr persönlich werden. Andererseits ist die Frage nach dem Stellenwert der Heimat in der globalisierten Welt aus Sicht vieler Menschen hochaktuell. In ihrem auf Deutsch gesprochenen Voice-Over-Kommentar lässt die Filmemacherin das Publikum sehr offen an ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben. Besonders beeindruckend wirkt der Kontrast zwischen den Aufnahmen von früher, in denen sie als TV-Reporterin vor der Kamera agiert und immer auf Achse zu sein scheint, und der Rolle einer staunenden, nachdenklichen Beobachterin, die sie in der Schweiz für sich wählt.
Gegensätze bestimmen auch die Gegenüberstellung von Motiven in der Schweiz und China. So blickt Yu Hao einmal während eines Besuchs in China mit zwei Freundinnen auf die nächtlich beleuchteten Hochhäuser. In der Schweiz hingegen filmt sie gerne Wolken und Nebelschwaden, die über friedliche Almwiesen ziehen, genießt "die Gerüche, die Farben, die Geräusche".
Die Begegnungen mit Einheimischen lösen bei Yu Hao zwiespältige Gefühle aus. Sie staunt nicht nur, wie der Maler Johann Hautle seinen gleichförmigen Alltag lebt, sondern auch, dass der 13-jährige Chläus, der auf einer Alm allein die Kühe versorgt, schon genau weiß, dass er einmal Bauer werden will.
In ihren Erzählungen aus China mischen sich Motive der Entwurzelung, das Leid, das die Kulturrevolution in der Elterngeneration verursachte, die eigene Erinnerung an eine Schulzeit als Außenseiterin. Von dieser erzählt die einleitende Scherenschnittanimation märchenhaft, um auf die introspektive Haltung der Filmemacherin hinzuweisen. Yu Hao demonstriert mit diesem Film aber auch den schweizerischen Dorfbewohnern, dass ein spannender Austausch stattfinden, eine Brücke zur Außenwelt geschlagen werden kann, wenn sie einen fremden Menschen in ihrem geordneten Kosmos willkommen heißen.
Fazit: Die Journalistin und Dokumentarfilmerin Yu Hao kehrte China vor 15 Jahren den Rücken, um in der Schweiz zu leben. In diesem Film erzählt sie, wie ihr die bodenständige, naturverbundene Lebensweise der Appenzeller Landbevölkerung ein Heimatgefühl vermittelt hat. Die offene Auseinandersetzung der Migrantin mit ihren oft widersprüchlichen Eindrücken schenkt dem Film emotionale Tiefe. Yu Hao gelingt es überzeugend, am persönlichen Beispiel das hoch aktuelle Spannungsverhältnis zwischen globaler Mobilität und den Wertbegriffen Heimat und Wahlheimat zu erforschen.
Bianka Piringer
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Besetzung & Crew von "Plötzlich Heimweh"
Land: SchweizJahr: 2019
Genre: Dokumentation
Länge: 79 Minuten
Kinostart: 27.02.2020
Regie: Hao Yu
Kamera: Hao Yu
Verleih: Lakeside Film
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