Über die Unendlichkeit (2019)
Om det oändliga
Schwedischer Spielfilm von Roy Andersson über das Menschsein in absurden, banalen oder tragischen Situationen.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Eine Erzählerin (Jessica Lothander) schildert, was sie gesehen hat – einen jungen Mann, der die Liebe noch nicht kennt, einen Pfarrer (Martin Serner), der seinen Glauben verloren hat. Der junge Mann dreht sich auf der Straße nach einer Friseurgehilfin zu, die ein Topfbäumchen mit Wasser besprüht, ohne ihn zu beachten. Der Pfarrer hat Albträume, weil er den Glauben an Gott verliert und dennoch das Abendmahl in der Kirche zelebrieren muss. Er geht zu einem Psychiater (Bent Bergius), der die Verzweiflung des Patienten aber nicht gleich behandeln will, weil er den Bus erwischen muss.
Ein Zahnarzt (Thore Flygel) verzweifelt an einem Patienten, der wegen Schmerzen beim Bohren stöhnt und dennoch keine Spritze will. Ein Mann (Jan Eje Ferling) beklagt sich vor einer Treppe in der Stadt, dass ihn ein ehemaliger Schulkamerad ignoriert, wenn er ihm begegnet.
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Filmkritik
Der schwedische Regisseur Roy Andersson ("Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach") hat erneut einen Spielfilm gedreht, der aus lauter einzelnen, mehr oder weniger skurrilen Situationen besteht. Das verbindende Thema ist dem Filmemacher zufolge die Verletzlichkeit des Menschen. Sie kann in ganz banalen Momenten aufscheinen, zum Beispiel in jener Szene, in der eine Frau in einer Bahnhofshalle einen Schuhabsatz verliert und nicht weiß, wie sie nun weitergehen soll.
Sie kann sich aber auch in den ungeschützten Augenblicken zeigen, in denen sich drei junge Frauen freuen und tanzen, eine Barbesucherin Champagner genießt oder ein junger Mann einer plötzlichen Hoffnung nachgibt. Und sie scheint natürlich in der Trauer eines alten Ehepaares am Grab ihres Sohnes auf oder im Marsch besiegter Soldaten in ein Gefangenenlager.
In mehreren der kurzen Episoden spielt der Krieg eine Rolle. Da fliegt ein Liebespaar am Himmel über dem zerbombten Köln des Zweiten Weltkriegs. Diese Szene ist einfach nur zutiefst berührend. Die Anekdote, in der Hitler im Bunker von seinem Gefolge mit "Sieg Heil" begrüßt wird, während das Gewölbe schon unter alliierter Bombardierung ächzt, strotzt hingegen vor satirischem Humor. Der an Gott zweifelnde Pfarrer muss in einem Albtraum, getrieben von Peinigern, wie einst Christus ein Kreuz durch die Straßen tragen. Wenn er dann hilfesuchend von seinem Arzt und der Sprechstundenhilfe mit sanfter Gewalt aus der Praxis geschoben wird, weil dort der Feierabend anbricht, mutet das ebenfalls ziemlich herzlos, wenngleich auch nur allzu menschlich an.
Die Inszenierung wirkt stets kulissenhaft mit ihren farbreduzierten, von Grau und Beige beherrschten Bildern. Die Charaktere scheinen sich verlangsamt zu bewegen, sind wie erstarrt in stillem Aussitzen und Abwarten. Dann geschieht oft etwas Merkwürdiges, das schmunzeln lässt oder nachdenklich stimmt. Auch in der alltäglichen Banalität des Lebens, oder in der Neigung, sich kindlichen Gefühlen hinzugeben, scheint eine tiefere Wahrheit über die Menschen auf. Sie sind gefährdet durch geistige Irrtümer und ihre Einsamkeit. Man muss allerdings selbst eine lakonische Ader haben oder skandinavisch trockene Komik mögen, um diesen Film durchgehend interessant zu finden.
Fazit: Der Mensch ist schon ein merkwürdiges Geschöpf, ständig neigt er dazu, gedanklich oder real in Ausnahmezustände zu geraten. In anekdotenhaften kurzen Episoden, in denen es teils um unscheinbare, teils um hoch bewegende Begebenheiten geht, setzt sich der schwedische Filmemacher Roy Andersson mit der Verletzlichkeit des Menschen auseinander. Das Drama der menschlichen Existenz spielt sich demnach nicht nur in philosophisch ergiebigen Situationen ab, sondern auch in der Banalität, die zu ihrem Alltag gehört. Die satirisch-bissigen, lakonischen oder auch tief berührenden Betrachtungen stellt Andersson mit einem lachenden und einem weinenden Auge an.
Sie kann sich aber auch in den ungeschützten Augenblicken zeigen, in denen sich drei junge Frauen freuen und tanzen, eine Barbesucherin Champagner genießt oder ein junger Mann einer plötzlichen Hoffnung nachgibt. Und sie scheint natürlich in der Trauer eines alten Ehepaares am Grab ihres Sohnes auf oder im Marsch besiegter Soldaten in ein Gefangenenlager.
In mehreren der kurzen Episoden spielt der Krieg eine Rolle. Da fliegt ein Liebespaar am Himmel über dem zerbombten Köln des Zweiten Weltkriegs. Diese Szene ist einfach nur zutiefst berührend. Die Anekdote, in der Hitler im Bunker von seinem Gefolge mit "Sieg Heil" begrüßt wird, während das Gewölbe schon unter alliierter Bombardierung ächzt, strotzt hingegen vor satirischem Humor. Der an Gott zweifelnde Pfarrer muss in einem Albtraum, getrieben von Peinigern, wie einst Christus ein Kreuz durch die Straßen tragen. Wenn er dann hilfesuchend von seinem Arzt und der Sprechstundenhilfe mit sanfter Gewalt aus der Praxis geschoben wird, weil dort der Feierabend anbricht, mutet das ebenfalls ziemlich herzlos, wenngleich auch nur allzu menschlich an.
Die Inszenierung wirkt stets kulissenhaft mit ihren farbreduzierten, von Grau und Beige beherrschten Bildern. Die Charaktere scheinen sich verlangsamt zu bewegen, sind wie erstarrt in stillem Aussitzen und Abwarten. Dann geschieht oft etwas Merkwürdiges, das schmunzeln lässt oder nachdenklich stimmt. Auch in der alltäglichen Banalität des Lebens, oder in der Neigung, sich kindlichen Gefühlen hinzugeben, scheint eine tiefere Wahrheit über die Menschen auf. Sie sind gefährdet durch geistige Irrtümer und ihre Einsamkeit. Man muss allerdings selbst eine lakonische Ader haben oder skandinavisch trockene Komik mögen, um diesen Film durchgehend interessant zu finden.
Fazit: Der Mensch ist schon ein merkwürdiges Geschöpf, ständig neigt er dazu, gedanklich oder real in Ausnahmezustände zu geraten. In anekdotenhaften kurzen Episoden, in denen es teils um unscheinbare, teils um hoch bewegende Begebenheiten geht, setzt sich der schwedische Filmemacher Roy Andersson mit der Verletzlichkeit des Menschen auseinander. Das Drama der menschlichen Existenz spielt sich demnach nicht nur in philosophisch ergiebigen Situationen ab, sondern auch in der Banalität, die zu ihrem Alltag gehört. Die satirisch-bissigen, lakonischen oder auch tief berührenden Betrachtungen stellt Andersson mit einem lachenden und einem weinenden Auge an.
Bianka Piringer
FBW-Bewertung zu "Über die Unendlichkeit"Jurybegründung anzeigen
Dass der Schwede Roy Andersson Zeit etwas anders bewertet, als seine Umwelt, dass lässt sich schon daran ablesen, dass er es als Regisseur in den vergangenen 50 Jahren auf kaum mehr als ganze sieben Spielfilme gebracht hat. Und natürlich spielt auch [...mehr]TrailerAlle "Über die Unendlichkeit"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Über die Unendlichkeit"
Land: Schweden, Deutschland, NorwegenJahr: 2019
Genre: Drama
Originaltitel: Om det oändliga
Länge: 78 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 17.09.2020
Regie: Roy Andersson
Darsteller: Bengt Bergius als Psychiater, Anja Broms als Sekretärin, Marie Burman, Amanda Davies, Tatiana Delaunay als Fliegende Frau
Kamera: Gergely Pálos
Verleih: Neue Visionen
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