Raus (2018)
Neustart auf Umwegen: Mix aus Drama und Roadmovie, der fünf junge Aussteiger auf einer Schnitzeljagd in ein anderes Leben begleitet.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 5 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Glocke (Matti Schmidt-Schaller) träumt von einem Neustart. Die Verlogenheit der Welt hat er schon lange satt. Bislang kämpfte er aber nur deshalb gegen Kapitalismus und für Naturschutz, weil er seine Bekannte Lena (Tijan Marei) beeindrucken wollte. Von Lena und all den Pseudo-Aktivisten um sie herum enttäuscht macht Glocke ernst und folgt dem Internet-Aufruf eines Aussteigers, der Gleichgesinnte für ein Leben abseits der Gesellschaft auf einer Berghütte sucht.
Auch Judith (Milena Tscharntke), Steffi (Matilda Merkel), Elias (Tom Gronau) und Paule (Enno Trebs) sind dem Aufruf gefolgt und mit einer roten Mütze als Erkennungszeichen in einen Zug nach Süddeutschland gestiegen. Von dort geht es zu Fuß in die Wildnis, von Hinweisschild zu Hinweisschild und stets die drei Regeln des Aussteigers im Kopf: "Unter keinen Umständen zurückschauen", "Kein Wort darüber, wo wir herkommen", "Lass die alten Urteile ruhen und umarme das Neue".
Bildergalerie zum Film "Raus"
Hier streamen
Filmkritik
Das Thema treibt nicht nur junge Menschen um. Aussteigerliteratur füllt in den Buchhandlungen ganze Regalmeter, im Fernsehen erlangen Neuanfänger wie "Mallorca-Jens" regelmäßig (traurige) Berühmtheit und im Dokumentarfilm erfreuen sich waghalsige Weltreisende nach wie vor ungebrochener Beliebtheit. Jüngst trieb die Absage an unser kapitalistisches Gesellschaftssystem auch im Spielfilm bunte Blüten. In "100 Dinge" (2018) übten sich zwei hippe Start-up-Unternehmer im komödiantischen Konsumverzicht. Verglichen mit den Strapazen, die die Protagonisten in Philipp Hirschs Kinofilmdebüt auf sich nehmen, ist das alles ein Klacks.
Hirsch und sein Kodrehbuchautor Thomas Böltken tappen nicht in die Wohlfühlfalle. "Raus" ist kein verkitschtes Filmmärchen, irgendwo zwischen "Landlust", "Manufactum" und Bioladen. Schlauen Ratgebersprüchen, die das Leben gestresster Großstädter angeblich so viel lebenswerter machen, erteilen sie bereits in ihrer verdichteten Exposition eine schallende Ohrfeige. So einnehmend Matti Schmidt-Schaller Hauptfigur Glocke spielt, dieser Typ ist ein Lügner und gewiss nicht für jedermann als Identifikationsfigur geeignet. Auch die übrigen Charaktere haben ihre Päckchen zu tragen. Nach dem Aufbruch ins Ungewisse zeigt das Autorenduo schließlich, was "Zurück zur Natur" wirklich bedeutet.
Dabei überrascht das Drehbuch immer wieder mit einfallsreichen Wendungen, (gruppen-)dynamischen Entwicklungen und glaubhaften Figuren, die einem beim Zusehen schnell ans Herz wachsen. Erst gegen Ende, als die Handlung eine etwas zu grausame, an William Goldings Roman "Herr der Fliegen" (1954) erinnernde Volte schlägt, geht die Glaubwürdigkeit verloren. Das hervorragend aufspielende und von Hirsch toll angeleitete Nachwuchsensemble wetzt aber auch dieser erzählerische Scharte mühelos aus.
"Raus" ist ein mutiger Genremix: ein bisschen Aussteigerdrama, ein wenig Coming-of-Age-Abenteuer und jede Menge Roadmovie. Hirsch, der Kurzfilme und Musikvideos für Bands wie "Heaven Shall Burn" und "Secrets of the Moon" gedreht hat, hat viel von der Clip-Ästhetik auf sein Kinodebüt übertragen. Sinnliche Zeitlupenaufnahmen wechseln mit hastigen Verfolgungsjagden und dichten Weitwinkeleinstellungen, die den Protagonisten unglaublich nahekommen. "Raus" ist dynamisches, mitreißendes junges Kino. Eine ungestüme Mischung, die ihre Makel offen zur Schau stellt und trotzdem oder gerade deshalb begeistert.
Fazit: "Raus" ist mutiges deutsches Genrekino, das zwar nicht restlos überzeugt, aber durch tolle Nachwuchsdarsteller, ein kluges Drehbuch und mal sinnliche, mal dynamische Aufnahmen mitreißt. Ein wilder, nicht immer ganz stimmiger Mix, der sich trotz oder gerade wegen seiner Unstimmigkeiten stärker einprägt als viele glattgebügelte Produktionen.
Hirsch und sein Kodrehbuchautor Thomas Böltken tappen nicht in die Wohlfühlfalle. "Raus" ist kein verkitschtes Filmmärchen, irgendwo zwischen "Landlust", "Manufactum" und Bioladen. Schlauen Ratgebersprüchen, die das Leben gestresster Großstädter angeblich so viel lebenswerter machen, erteilen sie bereits in ihrer verdichteten Exposition eine schallende Ohrfeige. So einnehmend Matti Schmidt-Schaller Hauptfigur Glocke spielt, dieser Typ ist ein Lügner und gewiss nicht für jedermann als Identifikationsfigur geeignet. Auch die übrigen Charaktere haben ihre Päckchen zu tragen. Nach dem Aufbruch ins Ungewisse zeigt das Autorenduo schließlich, was "Zurück zur Natur" wirklich bedeutet.
Dabei überrascht das Drehbuch immer wieder mit einfallsreichen Wendungen, (gruppen-)dynamischen Entwicklungen und glaubhaften Figuren, die einem beim Zusehen schnell ans Herz wachsen. Erst gegen Ende, als die Handlung eine etwas zu grausame, an William Goldings Roman "Herr der Fliegen" (1954) erinnernde Volte schlägt, geht die Glaubwürdigkeit verloren. Das hervorragend aufspielende und von Hirsch toll angeleitete Nachwuchsensemble wetzt aber auch dieser erzählerische Scharte mühelos aus.
"Raus" ist ein mutiger Genremix: ein bisschen Aussteigerdrama, ein wenig Coming-of-Age-Abenteuer und jede Menge Roadmovie. Hirsch, der Kurzfilme und Musikvideos für Bands wie "Heaven Shall Burn" und "Secrets of the Moon" gedreht hat, hat viel von der Clip-Ästhetik auf sein Kinodebüt übertragen. Sinnliche Zeitlupenaufnahmen wechseln mit hastigen Verfolgungsjagden und dichten Weitwinkeleinstellungen, die den Protagonisten unglaublich nahekommen. "Raus" ist dynamisches, mitreißendes junges Kino. Eine ungestüme Mischung, die ihre Makel offen zur Schau stellt und trotzdem oder gerade deshalb begeistert.
Fazit: "Raus" ist mutiges deutsches Genrekino, das zwar nicht restlos überzeugt, aber durch tolle Nachwuchsdarsteller, ein kluges Drehbuch und mal sinnliche, mal dynamische Aufnahmen mitreißt. Ein wilder, nicht immer ganz stimmiger Mix, der sich trotz oder gerade wegen seiner Unstimmigkeiten stärker einprägt als viele glattgebügelte Produktionen.
Falk Straub
TrailerAlle "Raus"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Raus"
Land: DeutschlandWeitere Titel: Die Hütte
Jahr: 2018
Genre: Drama
Länge: 101 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 17.01.2019
Regie: Philipp Hirsch
Darsteller: Matti Schmidt-Schaller als Glocke, Milena Tscharntke als Judith, Tom Gronau als Elias, Matilda Merkel als Steffi, Enno Trebs als Paule
Kamera: Ralf Noack
Verleih: farbfilm verleih
Verknüpfungen zu "Raus"Alle anzeigen
Trailer