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FBW-Bewertung: Goliath96 (2018)

Prädikat wertvoll

Jurybegründung: Marcus Richardts Film widmet sich einem Phänomen, welches die Japaner ?Hikikomori? nennen. Immer mehr Jugendliche oder junge Erwachsene reagieren auf den gesellschaftlichen Druck mit totalem Rückzug und verlassen nicht einmal mehr das heimische Zimmer, was vor allem für deren Angehörige eine enorme Belastung darstellt. Bereits Isabel Prahls Film 1000 ARTEN REGEN ZU BESCHREIBEN hat sich diesem Phänomen gewidmet, doch Marcus Richardt wählt mit GOLIATH96 einen anderen erzählerischen Ansatz.

Dabei gelingt es dem Film gut, die ganze Grundsituation aufzubauen und dem Zuschauer nach und nach das ganze Drama einer alleinstehenden Frau zu vermitteln, der nach ihrem Mann, der die Familie ohne ein Wort verließ, auch noch der eigene Sohn abhandengekommen ist. Zwei Jahre, so erfährt man später, dauert der Rückzug von David bereits an und die Auswirkungen auf das Leben seiner Mutter sind enorm: Als ihr gekündigt wird, kann sie aufgrund des damit verbundenen Ortswechsels keine neue Stelle in einer anderen Stadt annehmen, so dass aus der psychologischen Belastung zunehmend auch eine existenzielle wird. Erst die zufällige Entdeckung der Mutter, dass ihr Sohn in einem Forum für Drachenbau aktiv ist, öffnet ihr einen Zugang zu dessen Lebenswelt - die allerdings bleibt nicht ohne Folgen. Denn ohnezu wissen, wer sich in Wirklichkeit dahinter verbirgt, verliebt sich David alias Goliath96 in Cinderella97.

Die Enge der (Nicht)Beziehung zwischen Mutter und Sohn fängt die Kamera mit Gespür für klaustrophobische Räume und gedeckt-düstere Farben ein und fasst so die Grundstimmung des Films in stimmige Bilder.

Ein wenig schwieriger gestalten sich vor allem die Chat-Sequenzen zwischen Mutter und Sohn, die Teilen der Jury als nicht so gut gelungen erscheint und aus ihrer Sicht manchmal ein wenig banal anmuteten. Zudem erschienen manche Wendungen und Entwicklungen der Jury zu deutlich und gewollt, um vor allem auf psychologischer Ebeneüberzeugen zu können.

Dank des engagierten Spiels der beiden Hauptdarsteller*innen Katja Riemann und Nils Rovira-Munoz konnten diese Kritikpunkte nach Meinung der Jury aber ausgeglichen werden, so dass GOLIATH96 gerade ein Publikum, das noch nichtsüber das Phänomen der ?Hikikomori? weiß, für dieses enorm belastende Verhalten sensibilisieren und interessieren könnte.



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