Die Schatten der Wüste (2018)
Kalveli: Shadows of the Desert
Dokumentarfilm auf den Spuren eines indischen Wanderarbeiters, der in Dubai aus ungeklärter Ursache starb.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Der in Deutschland lebende Filmemacher Jayakrishnan Subramanian besucht seine Heimat, die indische Provinz Tamil Nadu. Seine Kusine Sundari hat ihren Mann Baskaran verloren, der seit Jahren in Dubai als Bauarbeiter lebte und kurz davor stand, heimzukehren. Die Sterbeurkunde erklärt die Todesursache mit Selbstmord. Sundari aber glaubt nicht, dass sich ihr Mann umgebracht haben könnte. Als junge Witwe ist sie im Dorf nun auf der untersten sozialen Stufe angelangt und kann ihren beiden Kindern keine gute Schulbildung mehr bezahlen. Sie muss auf den Feldern arbeiten und bekommt zu spüren, dass sie den Angehörigen ihres Mannes zur Last fällt.
Jay, wie der Filmemacher im Film genannt wird, will herausfinden, was mit Baskaran geschah. Er forscht im Dorf nach, spricht mit seinen Arbeitskollegen und Freunden, später reist er sogar nach Dubai. Nach und nach kristallisiert sich in den Gesprächen heraus, dass die Arbeitsmigranten in Dubai und anderen Städten am Persischen Golf nicht selten ein Leben als moderne Sklaven fristen. Schon für die Reisedokumente verschulden sie sich und können lange kein Geld in die Heimat schicken. Der Arbeitnehmer nimmt ihnen die Pässe ab. Geht er pleite oder kündigen sie, stehen sie als Illegale da, die inhaftiert werden können und nicht wissen, wie sie in die Heimat zurückkehren sollen.
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Filmkritik
Der zweite gemeinsame Dokumentar-Langfilm von Jayakrishnan Subramanian und Franziska Schönenberger ("Amma und Appa") widmet sich dem Schicksal eines indischen Arbeitsmigranten, der in Dubai ums Leben kam. Es handelt sich um den Mann von Subramanians Kusine, die nun als Witwe in ihrem Dorf in der Provinz Tamil Nadu sozial im Abseits steht und nicht weiß, wie sie ihren beiden Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen soll. Kusine Sundari ist überzeugt, dass ihr Mann Baskaran nicht Selbstmord beging, sondern von Kollegen oder von der Polizei ermordet wurde. Er soll Streit am Arbeitsplatz gehabt haben und dann festgenommen worden sein.
Subramanian fügt den Ermittlungen einen reichen Voice-Over-Kommentar bei, der lokale indische Traditionen erklärt und auch das, was er sich selbst zusammenreimen muss. Im Laufe der vielen Nachforschungen tauchen verschiedene Erklärungen auf, was mit Baskaran geschehen sein könnte. Manche Arbeiter sagen, wenn einer Geld habe, müsse er es gut vor neidischen Kollegen verstecken. Manche von Subramanians Gesprächspartnern haben einen Angehörigen oder Freund, der in den Golfstaaten umkam – allein zwischen 2005 und 2015 sollen mehr als 30.000 Inder in den Golfstaaten gestorben sein. Vielleicht hatte Baskaran Schulden, vielleicht ertrug er die Scham nicht, ohne Geld zurückzukehren. In Animationen skizziert Subramanian verschiedene denkbare Varianten der letzten Tage Baskarans. Das System der Ausbeutung und Rechtlosigkeit, in dem sich die indischen Migranten, angelockt vom Versprechen auf Reichtum, oft heillos verstricken, scheint auf erschütternde Weise auf.
Genauso bewegend aber mutet das Schicksal Sundaris an, die ihre Kinder in einer ablehnenden Umgebung aufziehen und auf einmal für sich selbst einstehen muss. Einer Witwe am Morgen zu begegnen, bedeutet für die Dorfbewohner Unglück – die düsteren Blicke der anderen entgehen Sundari nicht. Subramanian und Schönenberger tauchen in Indien in die kulturellen Traditionen ein, denen sich Mann und Frau beugen müssen und lassen sogar ein wenig alttamilische Liebespoesie in den Film einfließen. Das Ergebnis ist eine berührende, in der globalen Welt sehr aktuelle Geschichte von Tragik und Pflichtbewusstsein, von menschlicher Fehlbarkeit, systemischer Ungerechtigkeit, aber auch von Familiensinn und Zusammenhalt.
Fazit: Das Regiepaar Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian versucht in diesem Dokumentarfilm herauszufinden, wie ein indischer Angehöriger des Filmemachers in Dubai ums Leben kam. Die Recherchen beleuchten nicht nur die schwierige bis rechtlose Situation der indischen Arbeitsmigranten in den Golfstaaten, sondern auch die soziale Ächtung, die Witwen vor allem in ländlichen Gegenden Indiens widerfährt. Der bewegende Dokumentarfilm befasst sich auf sensible, nachdenkliche Weise auch mit den kulturellen Traditionen der indischen Tamilen, die großen Einfluss auf das Familienleben und die soziale Rolle der einzelnen Menschen haben.
Subramanian fügt den Ermittlungen einen reichen Voice-Over-Kommentar bei, der lokale indische Traditionen erklärt und auch das, was er sich selbst zusammenreimen muss. Im Laufe der vielen Nachforschungen tauchen verschiedene Erklärungen auf, was mit Baskaran geschehen sein könnte. Manche Arbeiter sagen, wenn einer Geld habe, müsse er es gut vor neidischen Kollegen verstecken. Manche von Subramanians Gesprächspartnern haben einen Angehörigen oder Freund, der in den Golfstaaten umkam – allein zwischen 2005 und 2015 sollen mehr als 30.000 Inder in den Golfstaaten gestorben sein. Vielleicht hatte Baskaran Schulden, vielleicht ertrug er die Scham nicht, ohne Geld zurückzukehren. In Animationen skizziert Subramanian verschiedene denkbare Varianten der letzten Tage Baskarans. Das System der Ausbeutung und Rechtlosigkeit, in dem sich die indischen Migranten, angelockt vom Versprechen auf Reichtum, oft heillos verstricken, scheint auf erschütternde Weise auf.
Genauso bewegend aber mutet das Schicksal Sundaris an, die ihre Kinder in einer ablehnenden Umgebung aufziehen und auf einmal für sich selbst einstehen muss. Einer Witwe am Morgen zu begegnen, bedeutet für die Dorfbewohner Unglück – die düsteren Blicke der anderen entgehen Sundari nicht. Subramanian und Schönenberger tauchen in Indien in die kulturellen Traditionen ein, denen sich Mann und Frau beugen müssen und lassen sogar ein wenig alttamilische Liebespoesie in den Film einfließen. Das Ergebnis ist eine berührende, in der globalen Welt sehr aktuelle Geschichte von Tragik und Pflichtbewusstsein, von menschlicher Fehlbarkeit, systemischer Ungerechtigkeit, aber auch von Familiensinn und Zusammenhalt.
Fazit: Das Regiepaar Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian versucht in diesem Dokumentarfilm herauszufinden, wie ein indischer Angehöriger des Filmemachers in Dubai ums Leben kam. Die Recherchen beleuchten nicht nur die schwierige bis rechtlose Situation der indischen Arbeitsmigranten in den Golfstaaten, sondern auch die soziale Ächtung, die Witwen vor allem in ländlichen Gegenden Indiens widerfährt. Der bewegende Dokumentarfilm befasst sich auf sensible, nachdenkliche Weise auch mit den kulturellen Traditionen der indischen Tamilen, die großen Einfluss auf das Familienleben und die soziale Rolle der einzelnen Menschen haben.
Bianka Piringer
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Besetzung & Crew von "Die Schatten der Wüste"
Land: Indien, DeutschlandJahr: 2018
Genre: Dokumentation
Originaltitel: Kalveli: Shadows of the Desert
Länge: 86 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 10.01.2019
Regie: Franziska Schönenberger, Jayakrishnan Subramanian
Darsteller: Hemachandran Baskaran, Hemalatha Baskaran, Baskaran Dhanabal, Sundari Durairaj
Kamera: Christopher Aoun
Verleih: as2edition