Der Dolmetscher (2018)
The Interpreter
Drama: Der alte Sohn eines SS-Täters und der alte Sohn eines im Krieg ermordeten Ehepaars begeben sich auf eine Reise in die Vergangenheit.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Der slowakische Rentner Ali Ungár (Jiří Menzel) fährt nach Wien, um den früheren SS-Offizier Kurt Graubner zu konfrontieren. Dieser raubte ihm einst die Eltern und machte ihn zum Vollwaisen. Doch in Wien öffnet ihm Georg (Peter Simonischek), der ebenfalls schon betagte Sohn Graubners, die Tür. Der Vater sei verstorben, sagt er. Ali möchte gern länger mit Georg sprechen, doch dieser blockt ab. Ein paar Tage später findet sich Georg, der früher als Lehrer arbeitete, in der Slowakei ein: Er will mit Ali als Dolmetscher auf den Spuren seines Vaters durchs Land reisen, um mehr über seine Taten zu erfahren.
Unterwegs ist der lebenslustige, unernste Georg dem Dolmetscher viel zu spaßorientiert. Es kommt beinahe zum Bruch, doch die Reise geht weiter. An einem Ort auf dem Lande, in dem während des Krieges ein Massaker an jüdischen Bewohnern geschah, finden die beiden noch Zeitzeugen. Georg und Ali beginnen, miteinander zu sprechen, sie vertrauen sich allmählich private Dinge an, mit denen sie sehr lange allein blieben.
Bildergalerie zum Film "Der Dolmetscher"
Hier streamen
Filmkritik
Der slowakische Regisseur Martin Šulík schickt zwei ungleiche alte Männer auf eine Autoreise durch die Slowakei. Sie werden gespielt von zwei hochkarätigen Darstellern, dem Österreicher Peter Simonischek ("Toni Erdmann") und dem Tschechen Jiří Menzel, der auch als oscargekrönter Regisseur bekannt ist. Das Road- und Buddymovie der beiden Senioren entwickelt eine mit sanfter Melancholie gepaarte Leichtigkeit, die in Kontrast zum ernsten Grund ihrer Reise steht. Es geht nämlich für beide um eine persönliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Der slowakische Dolmetscher Ali Ungár will den Österreicher Georg Graubner mit der Wahrheit über seinen Vater, einen ehemaligen SS-Offizier, konfrontieren, indem er ihn an die Orte seiner Verbrechen führt. Der SS-Mann war auch verantwortlich für den Tod von Alis Eltern.
Die Leichtigkeit des Roadmovies hat in zweierlei Hinsicht ihre Berechtigung. Erstens gehört sie zum Genre und ist für die Entwicklung der Chemie zwischen beiden Reisenden wichtig. Der immer ernste, nur am Zweck der Autofahrt interessierte Dolmetscher wird vom Spaßvogel Georg unterwegs provoziert und aus der Reserve gelockt. Menzel stattet den Slowaken mit buchhalterischem Eifer aus, mit einer schneidigen Korrektheit, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Im Dialog mit dem streckenweise an sein Spiel in der Komödie "Toni Erdmann" erinnernden Simonischek entsteht eine spürbare, reizvolle Spannung. Diese hervorragenden Darsteller verleihen der Geschichte emotionale Authentizität und Tiefe.
Zweitens liegt die Leichtigkeit daran, dass sich diese zwei Menschen sehr spät in ihrem Leben, mit großem zeitlichen Abstand zum Zweiten Weltkrieg, auf die Suche nach den Ereignissen in ihrer Kindheit begeben. Auch die Jahrzehnte nach dieser Kindheit haben den Weg der beiden geprägt und doch finden sich in ihnen ebenfalls Spuren früheren Ursprungs. Die Gespräche der beiden Männer werden aufrichtiger, persönlicher.
Der Film schneidet auch das Thema der slowakischen Beteiligung an der Verfolgung und Erschießung jüdischer Bewohner an. Vieles bleibt in diesem Roadmovie, das eine doppelte Vergangenheitsbewältigung anstrebt, nur angerissen. Aber die Darsteller und die reizvolle Landschaft der Slowakei sorgen dafür, dass man die eigenen Gedanken neugierig mit auf die Reise schickt.
Fazit: Der tschechische Schauspieler Jiří Menzel und sein österreichischer Kollege Peter Simonischek geben diesem Roadtrip zweier Senioren auf den Spuren der NS-Vergangenheit einen fesselnden Reiz. Sie spielen zwei antagonistische Figuren, denn der slowakische ehemalige Dolmetscher ist der Sohn zweier Holocaust-Opfer und der Wiener Rentner der Sohn eines für die Kriegsverbrechen in der Slowakei verantwortlichen SS-Offiziers. Der Regisseur Martin Šulík thematisiert auch die slowakische Beteiligung an der Judenverfolgung. Trotz der Wucht seiner Themen vergisst der Film die Leichtigkeit des Reisens nicht, die für eine authentische Gegenwartsebene sorgt und die Sympathie der beiden Charaktere verstärkt.
Die Leichtigkeit des Roadmovies hat in zweierlei Hinsicht ihre Berechtigung. Erstens gehört sie zum Genre und ist für die Entwicklung der Chemie zwischen beiden Reisenden wichtig. Der immer ernste, nur am Zweck der Autofahrt interessierte Dolmetscher wird vom Spaßvogel Georg unterwegs provoziert und aus der Reserve gelockt. Menzel stattet den Slowaken mit buchhalterischem Eifer aus, mit einer schneidigen Korrektheit, die kein Blatt vor den Mund nimmt. Im Dialog mit dem streckenweise an sein Spiel in der Komödie "Toni Erdmann" erinnernden Simonischek entsteht eine spürbare, reizvolle Spannung. Diese hervorragenden Darsteller verleihen der Geschichte emotionale Authentizität und Tiefe.
Zweitens liegt die Leichtigkeit daran, dass sich diese zwei Menschen sehr spät in ihrem Leben, mit großem zeitlichen Abstand zum Zweiten Weltkrieg, auf die Suche nach den Ereignissen in ihrer Kindheit begeben. Auch die Jahrzehnte nach dieser Kindheit haben den Weg der beiden geprägt und doch finden sich in ihnen ebenfalls Spuren früheren Ursprungs. Die Gespräche der beiden Männer werden aufrichtiger, persönlicher.
Der Film schneidet auch das Thema der slowakischen Beteiligung an der Verfolgung und Erschießung jüdischer Bewohner an. Vieles bleibt in diesem Roadmovie, das eine doppelte Vergangenheitsbewältigung anstrebt, nur angerissen. Aber die Darsteller und die reizvolle Landschaft der Slowakei sorgen dafür, dass man die eigenen Gedanken neugierig mit auf die Reise schickt.
Fazit: Der tschechische Schauspieler Jiří Menzel und sein österreichischer Kollege Peter Simonischek geben diesem Roadtrip zweier Senioren auf den Spuren der NS-Vergangenheit einen fesselnden Reiz. Sie spielen zwei antagonistische Figuren, denn der slowakische ehemalige Dolmetscher ist der Sohn zweier Holocaust-Opfer und der Wiener Rentner der Sohn eines für die Kriegsverbrechen in der Slowakei verantwortlichen SS-Offiziers. Der Regisseur Martin Šulík thematisiert auch die slowakische Beteiligung an der Judenverfolgung. Trotz der Wucht seiner Themen vergisst der Film die Leichtigkeit des Reisens nicht, die für eine authentische Gegenwartsebene sorgt und die Sympathie der beiden Charaktere verstärkt.
Bianka Piringer
TrailerAlle "Der Dolmetscher"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Der Dolmetscher"
Land: Slowakei, Tschechien, ÖsterreichWeitere Titel: Tlmočník
Jahr: 2018
Genre: Drama
Originaltitel: The Interpreter
Länge: 113 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 22.11.2018
Regie: Martin Sulik
Darsteller: Jiri Menzel als Ali Ungár, Peter Simonischek als Georg Graubner, Zuzana Maurery als Edita, Attila Mokos als Kysel Junior, Anna Rakovska als Truda
Kamera: Martin Strba
Verleih: Film Kino Text
Verknüpfungen zu "Der Dolmetscher"Alle anzeigen
Trailer