Alles ist gut (2018)
Alles gut
Preisgekröntes Drama: Langfilmdebüt über eine folgenschwere Nacht, für das Regisseurin Eva Trobisch bei den Filmfestspielen in Locarno und München ausgezeichnet wurde.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 4 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Janne (Aenne Schwarz) und Piet (Andreas Döhler) stecken mitten im Umzugsstress. Ihr kleiner Münchner Verlag ist insolvent. Im renovierungsbedürftigen Haus von Piets Onkel wagen sie in Niederbayern einen Neustart. Doch dann läuft ein Klassentreffen aus dem Ruder. Dort lernt Janne Martin (Hans Löw) kennen, der sie noch am selben Abend vergewaltigt. Statt zur Polizei zu gehen, macht Janne einfach weiter, wie gewohnt. Sie nimmt ein unverhofftes Jobangebot von ihrem alten Bekannten Robert (Tilo Nest) an. An ihrem neuen Arbeitsplatz trifft sie Martin, Roberts Schwager, wieder. Nach außen bleibt Janne cool, doch langsam droht ihr die Souveränität im Berufs- und Privatleben zu entgleiten.
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Filmkritik
Da steht sie also, diese Frau im Baumarkt und sieht sich, über ihren vollen Einkaufswagen gebeugt, auf einem kleinen Bildschirm ein Werbevideo an. Das Produkt sei "besonders kratzfest" heißt es im Spot. Unter diesem Slogan könnte sich auch Janne (Aenne Schwarz) verkaufen, macht sie sich und der Welt doch glauben, dass ihr nichts und niemand etwas anhaben könne. Bei ihr ist immer alles gut, selbst wenn gerade alles schiefläuft.
"Alles ist gut" ist Eva Trobischs Langfilmdebüt, und in der oben beschriebenen Eingangsszene ist eigentlich schon alles enthalten: die Unmittelbarkeit, mit der die Regisseurin und Drehbuchautorin ihr Publikum einen kurzen Blick auf das Leben ihrer Protagonistin werfen lässt, bevor sie dieses Leben ebenso unvermittelt einfach wieder verlässt; Julian Krubasiks unaufgeregte, stets agile Kamera, die in den emotionalen Momenten nah an die Figuren heranrückt; die kleinen Metaphern, die wie der Claim in der Baumarktreklame auch immer Jannes Situation spiegeln. Hinzu kommt Trobischs Skript, das Jannes innere Eskalation durch äußere Einflüsse minutiös steigert.
Diese Janne ist eine intelligente, selbstbewusste und selbstbestimmte Frau; alles andere als ein Opfer. Ihr Leben, hier kommt die nächste Verbildlichung ins Spiel, gleicht einer Baustelle. Nach der Vergewaltigung macht sie zunächst unbeirrt weiter. Doch ihr Unbehagen, ihre Verstimmungen (wie das alte Klavier im neuen Heim in Niederbayern) brechen immer wieder durch. Wie Aenne Schwarz diese winzigen, langsam den gesamten Körper erfassenden Ausbrüche spielt, ist fabelhaft.
Eva Trobisch hat die Arbeit an ihrem Drama vor der #MeToo-Debatte begonnen. Ihre klug und lebensnah geschriebene Hauptfigur zeigt eine von vielen möglichen Reaktionen auf eine Vergewaltigung. Und die hat vielen Zuschauer*innen nicht gefallen, wie Trobisch in verschiedenen Interviews angemerkt hat. Das Publikum sei zwiegespalten. Während die einen Jannes Verhalten kategorisch ablehnen würden, erkennten sich die anderen in ihr wieder.
Diese Ambivalenz ist eine große Stärke. Trobischs Figuren sind voller Widersprüche, vor allem aber sind sie allesamt zutiefst verunsichert, egal wie gefestigt und lebenserfahren sie auf den ersten Blick erscheinen. Auch Täter Martin (Hans Löw) ringt mit seinem Fehlverhalten, wischt es nicht einfach weg. Piet (Andreas Döhler) ist Jannes Verletzungen gegenüber blind, nicht nur ihres Schweigens, sondern seiner Eigenliebe wegen. Von allen handelnden Personen ist er die unsicherste, ein großes Kind, das den beruflichen Pragmatismus seiner Freundin als persönlichen Verrat, als Beleidigung begreift.
Am spannendsten von allen ist freilich Janne. Während sie in eigener Sache untätig bleibt, durch einen Gang zu den Behörden, durch Konversationen über das Geschehene nicht ein zweites Mal zum Opfer werden will, mehr noch: erst gar nicht zum Opfer wird, weil sie die Deutungshoheit behält, greift sie ins Leben ihres Chefs Robert (Tilo Nest) ein. Ihm erteilt sie all die Ratschläge, die sie sich selbst verwehrt. Wie dieses Verhalten zu bewerten ist, überlässt Eva Trobisch ganz ihrem Publikum.
Fazit: "Alles ist gut" ist ein mutiger Film über ein wichtiges Thema zur richtigen Zeit. Regisseurin und Drehbuchautorin Eva Trobisch wirft einen differenzierten, vorurteilsfreien Blick auf ihre ambivalenten Figuren. Die reduzierten formalen Mittel rücken die Darstellerleistungen in den Vordergrund, allen voran die der hervorragend aufspielenden Aenne Schwarz.
"Alles ist gut" ist Eva Trobischs Langfilmdebüt, und in der oben beschriebenen Eingangsszene ist eigentlich schon alles enthalten: die Unmittelbarkeit, mit der die Regisseurin und Drehbuchautorin ihr Publikum einen kurzen Blick auf das Leben ihrer Protagonistin werfen lässt, bevor sie dieses Leben ebenso unvermittelt einfach wieder verlässt; Julian Krubasiks unaufgeregte, stets agile Kamera, die in den emotionalen Momenten nah an die Figuren heranrückt; die kleinen Metaphern, die wie der Claim in der Baumarktreklame auch immer Jannes Situation spiegeln. Hinzu kommt Trobischs Skript, das Jannes innere Eskalation durch äußere Einflüsse minutiös steigert.
Diese Janne ist eine intelligente, selbstbewusste und selbstbestimmte Frau; alles andere als ein Opfer. Ihr Leben, hier kommt die nächste Verbildlichung ins Spiel, gleicht einer Baustelle. Nach der Vergewaltigung macht sie zunächst unbeirrt weiter. Doch ihr Unbehagen, ihre Verstimmungen (wie das alte Klavier im neuen Heim in Niederbayern) brechen immer wieder durch. Wie Aenne Schwarz diese winzigen, langsam den gesamten Körper erfassenden Ausbrüche spielt, ist fabelhaft.
Eva Trobisch hat die Arbeit an ihrem Drama vor der #MeToo-Debatte begonnen. Ihre klug und lebensnah geschriebene Hauptfigur zeigt eine von vielen möglichen Reaktionen auf eine Vergewaltigung. Und die hat vielen Zuschauer*innen nicht gefallen, wie Trobisch in verschiedenen Interviews angemerkt hat. Das Publikum sei zwiegespalten. Während die einen Jannes Verhalten kategorisch ablehnen würden, erkennten sich die anderen in ihr wieder.
Diese Ambivalenz ist eine große Stärke. Trobischs Figuren sind voller Widersprüche, vor allem aber sind sie allesamt zutiefst verunsichert, egal wie gefestigt und lebenserfahren sie auf den ersten Blick erscheinen. Auch Täter Martin (Hans Löw) ringt mit seinem Fehlverhalten, wischt es nicht einfach weg. Piet (Andreas Döhler) ist Jannes Verletzungen gegenüber blind, nicht nur ihres Schweigens, sondern seiner Eigenliebe wegen. Von allen handelnden Personen ist er die unsicherste, ein großes Kind, das den beruflichen Pragmatismus seiner Freundin als persönlichen Verrat, als Beleidigung begreift.
Am spannendsten von allen ist freilich Janne. Während sie in eigener Sache untätig bleibt, durch einen Gang zu den Behörden, durch Konversationen über das Geschehene nicht ein zweites Mal zum Opfer werden will, mehr noch: erst gar nicht zum Opfer wird, weil sie die Deutungshoheit behält, greift sie ins Leben ihres Chefs Robert (Tilo Nest) ein. Ihm erteilt sie all die Ratschläge, die sie sich selbst verwehrt. Wie dieses Verhalten zu bewerten ist, überlässt Eva Trobisch ganz ihrem Publikum.
Fazit: "Alles ist gut" ist ein mutiger Film über ein wichtiges Thema zur richtigen Zeit. Regisseurin und Drehbuchautorin Eva Trobisch wirft einen differenzierten, vorurteilsfreien Blick auf ihre ambivalenten Figuren. Die reduzierten formalen Mittel rücken die Darstellerleistungen in den Vordergrund, allen voran die der hervorragend aufspielenden Aenne Schwarz.
Falk Straub
FBW-Bewertung zu "Alles ist gut"Jurybegründung anzeigen
Alles ist gut, so der Filmtitel. Aber eigentlich ist nichts gut im Leben von Janne und das wird sich auch bis zum Ende des Films nichtändern.Ein eindrucksvolles Gesellschaftsbild bietet uns Autorin und Regisseurin Eva Trobisch. Im Zentrum der [...mehr]TrailerAlle "Alles ist gut"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Alles ist gut"
Land: DeutschlandJahr: 2018
Genre: Drama
Originaltitel: Alles gut
Länge: 93 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 27.09.2018
Regie: Eva Trobisch
Darsteller: Annika Blendl, Doris Buchrucker, Dagny Dewath, Andreas Döhler, Thomas Grässle
Kamera: Julian Krubasik
Verleih: NFP marketing & distribution
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Debutfilm "Alles ist gut" von Eva Trobisch ausgezeichnet
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