FBW-Bewertung: In the Middle of the River (2018)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Dieser Film stößt das Publikum abrupt in sein Milieu und seine Geschichte hinein. In einer fast zehn Minuten langen, ungeschnittenen Einstellung, aufgenommen mit einer nervös den Protagonisten folgenden Handkamera, erleben wir den Protagonisten Gabriel bei einem Wutanfall, der aufgrund einer fast schon selbstzerstörerischen Gewalt beängstigend ist. Dass Gabriel Soldat im Irak war und dadurch schwer traumatisiert ist, und dass ihn der Tod seiner Schwester so aus der Bahn wirft, wird erst später in den Dialogen deutlich, aber dass er schwer gestört und eine Gefahr für sich und für andere ist, merkt man von den ersten Momenten des Films an. Damian John Harper gelingt es, die Intensität dieses Beginns auch für den Rest des Films aufrecht zu erhalten. Harper ist studierter Ethnologe, und als Regisseur weiß er deshalb genau, wohin er mit der Kamera schauen muss, um das Leben seiner Protagonisten, die in New Mexico in prekären Verhältnissen leben, authentisch auf der Leinwand darzustellen. Um diesen semi-dokumentarischen Stil auch in der Inszenierung zu betonen, arbeitet er mit Laienschauspielern, die zwar manchmal spürbar mit ihren Dialogsätzen zu kämpfen haben, dafür aber körperlich völlig identisch mit ihrer Rollen zu sein scheinen. Auch die Geschichten, die Harper erzählt, und in denen es um Gewalt in der Familie, Vergewaltigung, Perspektivlosigkeit, Alkoholismus, Drogenkriminalität und einen allgegenwärtigen Rassismus geht, sind eine Verdichtung seiner Forschungen. Harper zeigt ein deprimierendes Bild vom Zustand des Landes und wenn einmal der Slogan von Donald Trump, ?Make America great again? geschrien wird, wirkt dies wie eine ironische Bankrotterklärung. Aus diesen Zuständen scheint es keinen Weg der Besserung zu geben, und Harper macht dies gerade dadurch spürbar, dass er, der sonst so ungeschönt realistisch erzählt, am Schluss zu fabulieren beginnt und alles in ein utopisches Happy End münden lässt, das für jeden Zuschauer als Wunschfantasie erkennbar ist.Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)