Endless Poetry (2018)
Poesía Sin Fin
Poetische Reise in die Vergangenheit: zweiter Teil von Alejandro Jodorowskys autobiografischer Filmtrilogie.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 1 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Chile in den 1940er und 1950er Jahren: Der jugendliche Alejandro (Jeremias Herskovits) zieht mit seinen Eltern Jaime (Brontis Jodorowsky) und Sara (Pamela Flores) vom Land in die Hauptstadt. Gegen den Willen seines autoritären Vaters will er kein Arzt, sondern ein Poet werden. Einzig sein Cousin hält zu ihm und führt ihn über zwei Schwestern in die Künstlerszene ein. Als 20-Jähriger (Adan Jodorowsky) lernt er dort Größen wie Nicanor Parra (Felipe Ríos) und Stella Díaz Varín (ebenfalls Pamela Flores) kennen, mit der er eine Affäre beginnt. Er versucht sich als Marionettenspieler, Clown und schließlich als Poet, nachdem er den Dichter Enrique Lihn (Leandro Taub) kennenlernt und gemeinsam mit ihm den etablierten Literaturbetrieb stürmt. Als General Carlos Ibáñez del Campo (Bastián Bodenhöfer) erneut zum Präsidenten gewählt wird, muss sich Alejandro entscheiden, ob er bleibt oder sein Heimatland verlässt.
Bildergalerie zum Film "Endless Poetry"
Hier streamen
Filmkritik
Alejandro Jodorowsky ist vieles: Schauspieler, Pantomime, Clown, Marionettenspieler, Dramaturg, Regisseur, Comicautor, Tarotmeister, Zen-Buddhist und Erfinder der Psychomagie. Seinen Filmen haftet neben all ihrer surrealistischen Kraft auch immer etwas krude Esoterisches an. Zur Kultfigur avancierte der 1929 geborene Chilene nicht zuletzt deshalb, weil er nach "El Topo" (1970) und "Montana Sacra" (1973) an der Verfilmung von Frank Herberts "Dune" grandios scheiterte und nach seinem viel beachteten Comeback "Santa Sangre" (1989) erneut Jahrzehnte von der filmischen Bildfläche verschwand.
Vor fünf Jahren startete Jodorowsky mit "La Danza de la Realidad" (2013) ein weiteres und vielfach umjubeltes Comeback. Das poetisch verspielte Drama markierte den Auftakt einer autobiografischen Trilogie. Sie ist eine Film gewordene Familienaufstellung und fungiert ganz im Sinne der Psychomagie als nachträglicher Heilungsprozess des schwierigen Verhältnisses zu seinem autoritären Vater. "Poesía sin fin", der in Deutschland als "Endless Poetry" in die Kinos kommt, bildet den Mittelteil der Trilogie. Erzählerisch deckt er den Übergang zum Erwachsenwerden bis zu Jodorowskys Emigration nach Europa ab.
Künstlerisch ist "Endless Poetry" ein Rückschritt. Mancher Kritiker beschrieb den Film als Jodorwskys bislang "zugänglichstes" Werk, eines seiner durchschnittlicheren träfe es wohl eher. Zwar hat das Multitalent auch dieses Mal wieder grandiose Einfälle, seine Filmmutter Sara (Pamela Flores) beispielsweise singt, anstatt zu sprechen, und mit seinem Dichterfreund Enrique Lihn (Leandro Taub) schreitet der 20-jährige Alejandro (Adan Jodorowsky) einmal in einer geraden Linie durch die Stadt, über Autodächer hinweg und durch Wohnungen hindurch. Doch viele der von ihm entworfenen Traumbilder kranken an ihrer Umsetzung. Die Szenen im Künstlercafé "Iris" oder in Alejandros Atelier muten wie schlecht ausgeleuchtetes Theater an. Das liegt auch daran, dass Jodorowskys zu distanzierte Einstellungen wählt, sich über die Montage nicht näher ans Geschehen heranarbeitet und dadurch die Wirkung seiner beeindruckenden Einfälle nie zur vollen Entfaltung bringt.
Jodorowskys Reise in die eigene Vergangenheit ist auch dieses Mal eine Mischung aus Surrealismus, Poetischem Realismus und Magischem Realismus mit jeder Menge Küchentischpsychologie. Wieder einmal spielen seine, nun bereits erwachsenen Söhne Brontis und Adan mit, einmal Jodorowskys Vater, einmal ihn selbst. Seine Mutter und seine Geliebte hat der Filmemacher mit derselben Darstellerin besetzt. Die Figurenkonstellation macht die Trilogie wohl auch für seine Söhne zu einer Familientherapie.
Wohin "Endless Poetry" hätte steuern können, machen die letzten zwanzig Minuten deutlich. Dann verwandelt Jodorowsky Santiago de Chile in einen bunten Karneval aus einem umjubelten Diktator, aus Teufeln, Skeletten und einem von den Massen getragenen Engel. Das ist immer noch faszinierend anzuschauen und um Längen besser als Jodorowsky von den Fans gern unterschlagene Misserfolge "Tusk" (1980) und "The Rainbow Thief" (1990). An sein starkes Frühwerk reicht "Endless Poetry" aber nicht heran.
Fazit: "Endless Poetry" ist ein mal poetischer, mal surrealistisch-magischer Blick in die Vergangenheit. Auch im Mittelteil seiner autobiografischen Trilogie hat Enfant terrible Alejandro Jodorowsky beeindruckende Einfälle. Dieses Mal krankt seine Inszenierung aber an einer zu distanzierten, teils zu theatralen Umsetzung, die seinen traumhaften Bildern die Kraft raubt.
Vor fünf Jahren startete Jodorowsky mit "La Danza de la Realidad" (2013) ein weiteres und vielfach umjubeltes Comeback. Das poetisch verspielte Drama markierte den Auftakt einer autobiografischen Trilogie. Sie ist eine Film gewordene Familienaufstellung und fungiert ganz im Sinne der Psychomagie als nachträglicher Heilungsprozess des schwierigen Verhältnisses zu seinem autoritären Vater. "Poesía sin fin", der in Deutschland als "Endless Poetry" in die Kinos kommt, bildet den Mittelteil der Trilogie. Erzählerisch deckt er den Übergang zum Erwachsenwerden bis zu Jodorowskys Emigration nach Europa ab.
Künstlerisch ist "Endless Poetry" ein Rückschritt. Mancher Kritiker beschrieb den Film als Jodorwskys bislang "zugänglichstes" Werk, eines seiner durchschnittlicheren träfe es wohl eher. Zwar hat das Multitalent auch dieses Mal wieder grandiose Einfälle, seine Filmmutter Sara (Pamela Flores) beispielsweise singt, anstatt zu sprechen, und mit seinem Dichterfreund Enrique Lihn (Leandro Taub) schreitet der 20-jährige Alejandro (Adan Jodorowsky) einmal in einer geraden Linie durch die Stadt, über Autodächer hinweg und durch Wohnungen hindurch. Doch viele der von ihm entworfenen Traumbilder kranken an ihrer Umsetzung. Die Szenen im Künstlercafé "Iris" oder in Alejandros Atelier muten wie schlecht ausgeleuchtetes Theater an. Das liegt auch daran, dass Jodorowskys zu distanzierte Einstellungen wählt, sich über die Montage nicht näher ans Geschehen heranarbeitet und dadurch die Wirkung seiner beeindruckenden Einfälle nie zur vollen Entfaltung bringt.
Jodorowskys Reise in die eigene Vergangenheit ist auch dieses Mal eine Mischung aus Surrealismus, Poetischem Realismus und Magischem Realismus mit jeder Menge Küchentischpsychologie. Wieder einmal spielen seine, nun bereits erwachsenen Söhne Brontis und Adan mit, einmal Jodorowskys Vater, einmal ihn selbst. Seine Mutter und seine Geliebte hat der Filmemacher mit derselben Darstellerin besetzt. Die Figurenkonstellation macht die Trilogie wohl auch für seine Söhne zu einer Familientherapie.
Wohin "Endless Poetry" hätte steuern können, machen die letzten zwanzig Minuten deutlich. Dann verwandelt Jodorowsky Santiago de Chile in einen bunten Karneval aus einem umjubelten Diktator, aus Teufeln, Skeletten und einem von den Massen getragenen Engel. Das ist immer noch faszinierend anzuschauen und um Längen besser als Jodorowsky von den Fans gern unterschlagene Misserfolge "Tusk" (1980) und "The Rainbow Thief" (1990). An sein starkes Frühwerk reicht "Endless Poetry" aber nicht heran.
Fazit: "Endless Poetry" ist ein mal poetischer, mal surrealistisch-magischer Blick in die Vergangenheit. Auch im Mittelteil seiner autobiografischen Trilogie hat Enfant terrible Alejandro Jodorowsky beeindruckende Einfälle. Dieses Mal krankt seine Inszenierung aber an einer zu distanzierten, teils zu theatralen Umsetzung, die seinen traumhaften Bildern die Kraft raubt.
Falk Straub
TrailerAlle "Endless Poetry"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Endless Poetry"
Land: Chile, Großbritannien, FrankreichJahr: 2018
Genre: Drama, Biopic
Originaltitel: Poesía Sin Fin
Länge: 128 Minuten
Kinostart: 19.07.2018
Regie: Alejandro Jodorowsky
Darsteller: Adan Jodorowsky als Alejandro, Brontis Jodorowsky als Jaime, Leandro Taub als Enrique Lihn, Pamela Flores, Alejandro Jodorowsky als Alejandro
Kamera: Christopher Doyle
Verleih: Wolf Kino