Deutschstunde (2019)
Kino-Adaption des 1968 erschienen Buches von Siegfried Lenz, das zu den wichtigsten Nachkriegsromanen Deutschlands zählt.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 27 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Deutschland während der Nachkriegsjahre: Siggi Jepsen (Tom Gronau) sitzt in einer Anstalt für schwer erziehbare Jugendliche ein. Sein Lehrer will, dass er einen Aufsatz zum Thema "Pflicht" verfasst, allerdings fällt Siggi nichts ein. Das Papier bleibt weiß, Siggi wird bestraft – und landet tags darauf in einer Einzelzelle. Allein mit sich und seinen Gefühlen, überkommen ihn die Erinnerungen an seine Kindheit während des Krieges. Rückblende: Siggi (jetzt: Levi Eisenblätter) wächst in einem abseits gelegenen Dorf in Schleswig-Holstein auf und leidet unter seinem strengen, als Dorfpolizist arbeitenden Vater Jens Ole Jepsen (Ulrich Noethen). Eines Tages überbringt das linientreue Familienoberhaupt seinem Jugendfreund Ludwig Nansen (Tobias Moretti) die Nachricht, dass ihm die Partei Berufsverbot erteilt hat. Über die Einhaltung des Arbeitsverbotes soll Siggi wachen, der zu dem Maler eine Freundschaft aufbaut. Der Junge entscheidet sich dazu, Nansen zu helfen und einige seiner Werke zu verstecken – mit fatalen Folgen für alle Beteiligten.
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Filmkritik
In seinem 1968 erschienenen Roman befasste sich Siegfried Lenz mit einem der zentralen Themen der deutschen Nachkriegsliteratur: Der Vermengung von Schuld und Pflicht, von bewusster Verfehlung und Verantwortung während der Zeit NS-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs. Für die Figur des Malers Nansen diente Lenz der expressionistische Künstler Emil Nolde als Vorbild. Obwohl seine Werke als entartet eingestuft wurden, war Nolde überzeugter Judenhasser, Hitler-Bewunderer und Rassist. Ein expressionistischer Maler, der während der Nazi-Diktatur aufbegehrt und sich für den inneren Widerstand entscheidet. Ihm gegenüber steht ein pflichtversessener Dorfpolizist, der als linientreuer NS-Sympathisant das Berufsverbot gegen den Künstler durchsetzt. Und Mittendrin: ein Junge, der in einen aufreibenden Interessenskonflikt gerät.
Ein halbes Jahrhundert nach der Veröffentlichung des Lenz-Meisterwerks wagt sich Regisseur Christian Schwochow an die filmische Bearbeitung des Stoffs. Und schafft ein nachdrückliches, tiefgehendes Werk, das sich von vielen Filmen mit gleicher (Grund-)Thematik (Familie, Zweiter Weltkrieg, Mitläufertum, auf unterschiedliche politische Überzeugungen zurückgehender Interessenskonflikt) klar unterscheidet.
Das erkennt man schon daran, dass Themen wie die Judenvernichtung und andere deutsche Gräueltaten, Hitlers Angriffskrieg oder die NS-Propagandamaschinerie im Film keine Erwähnung finden. Für Schwochow und seine Erzählung ist dies alles irrrelevant. Das führt dazu, dass der Film weit weniger politisch und anklagend erscheint als es bei anderen Filmen mit ähnlichem Inhalt der Fall ist. Denn den Regisseur interessiert vor allem eine (moralische) Frage: jene nach persönlicher Schuld und individueller Verantwortung.
Dafür lotete er die fragile Beziehung zwischen dem rebellischen Künstler und dem mutigen Jungen, der sowohl von Gronau als auch von Eisenblätter mit Willens- und beachtlicher Ausdruckskraft verkörpert wird, akkurat aus. Schwochow verzichtet dafür auf allzu trockene, störende Hintergrundinfos, historische Fakten, Einordnungen sowie unnötige Rahmenhandlungen. Hinzu kommen authentische Kulissen, detailgetreue Requisiten sowie mit dem Nordseedorf ein atmosphärischer, visuell beeindruckender Handlungsort, der den Zuschauer glaubhaft in die Zeit zurückversetzt.
Fazit: Unpolitische Vergangenheitsbewältigung: Christian Schwochows Adaption von Siegfried Lenz‘"Deutschstunde" ist ein konzentriert erzähltes, nur in Ansätzen politisches Drama mit großartigen Darstellern und einem dringlichen Aufruf zu eigenverantwortlichem Handeln, das den persönlichen Idealen verpflichtet ist.
Ein halbes Jahrhundert nach der Veröffentlichung des Lenz-Meisterwerks wagt sich Regisseur Christian Schwochow an die filmische Bearbeitung des Stoffs. Und schafft ein nachdrückliches, tiefgehendes Werk, das sich von vielen Filmen mit gleicher (Grund-)Thematik (Familie, Zweiter Weltkrieg, Mitläufertum, auf unterschiedliche politische Überzeugungen zurückgehender Interessenskonflikt) klar unterscheidet.
Das erkennt man schon daran, dass Themen wie die Judenvernichtung und andere deutsche Gräueltaten, Hitlers Angriffskrieg oder die NS-Propagandamaschinerie im Film keine Erwähnung finden. Für Schwochow und seine Erzählung ist dies alles irrrelevant. Das führt dazu, dass der Film weit weniger politisch und anklagend erscheint als es bei anderen Filmen mit ähnlichem Inhalt der Fall ist. Denn den Regisseur interessiert vor allem eine (moralische) Frage: jene nach persönlicher Schuld und individueller Verantwortung.
Dafür lotete er die fragile Beziehung zwischen dem rebellischen Künstler und dem mutigen Jungen, der sowohl von Gronau als auch von Eisenblätter mit Willens- und beachtlicher Ausdruckskraft verkörpert wird, akkurat aus. Schwochow verzichtet dafür auf allzu trockene, störende Hintergrundinfos, historische Fakten, Einordnungen sowie unnötige Rahmenhandlungen. Hinzu kommen authentische Kulissen, detailgetreue Requisiten sowie mit dem Nordseedorf ein atmosphärischer, visuell beeindruckender Handlungsort, der den Zuschauer glaubhaft in die Zeit zurückversetzt.
Fazit: Unpolitische Vergangenheitsbewältigung: Christian Schwochows Adaption von Siegfried Lenz‘"Deutschstunde" ist ein konzentriert erzähltes, nur in Ansätzen politisches Drama mit großartigen Darstellern und einem dringlichen Aufruf zu eigenverantwortlichem Handeln, das den persönlichen Idealen verpflichtet ist.
Björn Schneider
FBW-Bewertung zu "Deutschstunde"Jurybegründung anzeigen
Deutschland kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. In einer Jugendstrafanstalt sollen die Insassen einen Aufsatz schreiben zum Thema?Die Freuden der Pflicht?. Der junge Siggi Jepsen bringt kein Wort zu Papier. Zur Strafe wird er in eine Zelle gesteckt, wo [...mehr]TrailerAlle "Deutschstunde"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Deutschstunde"
Land: DeutschlandJahr: 2019
Genre: Drama
Länge: 125 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 03.10.2019
Regie: Christian Schwochow
Darsteller: Louis Hofmann als Klaas Jepsen, Tobias Moretti, Sonja Richter als Gudrun Jepsen, Ulrich Noethen, Johanna Wokalek
Kamera: Frank Lamm
Verleih: Wild Bunch
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