FBW-Bewertung: Das schönste Mädchen der Welt (2018)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Die klassischen Geschichten kann man jeder Generation neu erzählen - wenn man einen zeitgemäßen Zugang findet. Und das ist Aron Lehmann hier mit der Romanze zwischen Cyrano De Bergerac und Roxanne gut gelungen. Im Grunde war Cyrano, zumindest so wie Edmond Rostand ihn 1897 in seinem Versdrama zeigt, einer der ersten Rapper, denn er lieferte sich gereimteWortgefechte mit seinen Widersachern. Da ist es naheliegend, dass Cyril, der Held von DAS SCHÖNSTE MÄDCHEN DER WELT Cyril ein Meister des Battle-Rap ist. Und in der Außenseiterin Roxy, die neu in seine Schulklasse kommt, findet er gleich eine Seelenverwandte. Doch wegen seiner großen Nase, fürdie er sich schämt und wegen der er in der Klasse verspottet wird, traut er sich nicht, ihr seine Liebe zu gestehen. Die Dramaturgie des Filmes folgt weitgehend der Vorlage: Ein einfältiger Schönling verliebt sich ebenfalls in Roxanne und für diesen formuliert Cyril dann die Briefe bzw. ganz aktuell WhatsApp-Messages, mit denen er die schöne junge Bücherleserin für sich gewinnen kann. Der altgediente Plot wird hier gekonnt in eine Coming-of-Age Geschichte eingebettet, die während einer Klassenfahrt nach Berlin spielt. Dass die Geschichte vom französischen Kadetten, der in den Krieg zieht, an eine deutsche Schule verpflanzt wird, ist da nur konsequent, denn die Schüler und Schülerinnen gewinnen und verlieren ihre Schlachten heute im Klassenzimmer. Der Film trifft glaubwürdig den Ton, der unter den Jugendlichen herrscht. Sehr angenehm ist auch, dass hier die Lehrer und Eltern nicht, wie sehr oft, als Karikaturen gezeichnet werden, die noch nie eine Email verschickt haben und auch sonst den Jugendlichen hoffnungslos unterlegen sind. Dieser andere Ansatz wird schon bei der Besetzung deutlich: Heike Makatsch kann sich gut gegen die pubertierende Schülerhorde durchsetzen (zur Not mit der Rückkopplung eines Mikrophons) und Anke Engelke ist die Mutter, der man auch zutraut, solch einen klugen, talentierten und liebenswerten Sohn wie Cyril erzogen zu haben.Auch die Klassenfahrt wird hier als Motiv ernstgenommen: Der Film ist an Originalschauplätzen wie Museen und Clubs sowie einer Jugendherberge in Berlin gedreht worden, und vermittelt ein Gefühl dafür, was die Schüler und Lehrer während dieser Reise erleben. Da stört es dann auch nicht weiter, wenn die beiden Protagonisten in einem der Museen im Stil eines Musicals zu tanzen beginnen. Überzeugend sind schließlich auch die jungen Darsteller, wobei Aaron Hilmer besonders hervorzuheben ist, denn seine (auch sehr gut geschriebenen) Diss-Attacken wirken authentisch und können neben den Reimen seiner Konkurrenten, die zum Teil tatsächlich aus der Rap-Szene kommen, durchaus bestehen.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)