Zwei Herren im Anzug (2018)
Josef Bierbichlers Verfilmung seines Romans "Mittelreich" über die Geschichte einer oberbayerischen Familie.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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In seinem Gasthaus am See hat der Wirt Pankraz (Josef Bierbichler) den Leichenschmaus zur Beerdigung seiner Frau Theres (Martina Gedeck) ausgerichtet. Die Gäste gehen, nur der 35-jährige Sohn Semi (Simon Donatz) sitzt noch am Tisch. Er trägt so schwer an seinen Erinnerungen an die Zeit im katholischen Internat, dass er mit dem Leben nichts mehr anfangen kann. Zögerlich kommen Pankraz und sein Sohn an diesem Tag des Jahres 1984 ins Gespräch. Der Vater erzählt aus seinem Leben.
Pankraz ist noch ein kleiner Junge, als sein Bruder Toni begeistert in den Ersten Weltkrieg zieht. Nach seiner Rückkehr wird Toni (Florian Karlheim) zum Judenhasser und verliert den Verstand. Als junger Mann muss Pankraz (Simon Donatz) den Gasthof des Vaters (Josef Bierbichler) übernehmen und seine Hoffnung auf eine Karriere als Opernsänger begraben. Er zieht in den Zweiten Weltkrieg, kehrt zurück. Im Gasthof quartieren sich Vertriebene ein. Pankraz' Schwestern machen seiner Frau Theres das Leben schwer. Zum Sohn Semi hat Pankraz überhaupt keine Beziehung, während Theres sehr an ihm hängt. Da entscheidet Pankraz, dass Semi aufs katholische Internat gehen soll. Später nimmt er dem erwachsenen Sohn übel, dass er sich nicht mehr in der Kirche blicken lässt.
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Filmkritik
Die im ländlichen Oberbayern angesiedelte Familiensaga, die der Regisseur Josef Bierbichler nach Motiven seines Romans "Mittelreich" erzählt, erstreckt sich über 70 Jahre. Die beiden Weltkriege, die Ankunft der Vertriebenen, die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland drücken auch dem dörflichen Mikrokosmos ihren Stempel auf. Die von Tradition geprägte Gemeinschaft und besonders die Verantwortung für den geerbten Gasthof bestimmen den Alltag des Gastwirts Pankraz und seiner Frau Theres. Im Alter blickt Pankraz auf sein Leben zurück und versucht, sich einen Reim auf das Durcheinander von wichtigen und unwichtigen, klaren und trüben Erinnerungen zu machen. Naturgemäß hat er andere Dinge im Visier als sein Sohn, der ihm schmerzlich bewusst macht, wo er versagt hat.
Ähnlich wie der Roman ist auch der Film ein opulentes, barockes Werk. Besonders eindringlich schildert er die Wirren der Nachkriegszeit. Im Gasthof wohnen Vertriebene, beim Hausfasching begegnen sich amerikanische Soldaten, die Dorfleute und eine Frau, die sich als Hitler verkleidet hat. Kann das gut gehen? Draußen zieht ein Sturm auf, die Band spielt schräge Töne und Pankraz bekommt es mit der Angst zu tun. Er geht hinaus an den See und schmettert eine Wagner-Arie, später schreit er um Hilfe, auf einer Eisscholle im See treibend. Der Roman kann natürlich besser die Beziehungen im dörflichen Kosmos und ihre Veränderung aufzeigen. Der Film betont dafür das Subjektive, die emotionale Ebene und den magischen Realismus, der gelegentlich hereinbricht, um Dinge auf den Punkt zu bringen und Pankraz' Gefühl der Verwunderung zu spiegeln.
Diese Verwunderung erfasst auch die Zuschauer, weil Josef Bierbichler nicht nur Pankraz spielt, sondern auch dessen Vater. Pankraz ist, als seine Frau ihren Sohn bekommt, praktisch schon so alt wie 30 Jahre später. Auch andere Besetzungsentscheidungen wirken eigenwillig oder gar wie ein Mittel der Verfremdung. Bierbichler dominiert das Geschehen vor der Kamera als etwas steifer Patriarch. Die bayerische Band "Kofelgschroa", die manchmal auch ins Bild rückt, stützt mit ihrer Musik den Anspruch des Films, peppig, schräg und wahrhaftig zu sein, auf das Schönste. Immer wieder schraubt sich dieses Familienepos in eine zuweilen auch überdreht wirkende Subjektivität empor, um sich lebhaft mit dem Geschehen und der Heimat auseinanderzusetzen.
Fazit: Josef Bierbichlers Epos einer oberbayerischen Familie basiert auf seinem Roman "Mittelreich" und spannt einen Bogen über 70 Jahre deutscher Geschichte im Spiegel eines dörflichen Mikrokosmos. Die subjektiven, zuweilen sehr fantasievoll gefärbten Erinnerungen eines alten Gastwirts setzen sich auf spannende, manchmal erhellende, manchmal sperrige Weise mit der Realität auseinander. Erst rückblickend lassen sich Dinge, die nicht ins Bild passten, besser verstehen, zum Beispiel das Drama des eigenen Sohnes. Diese Familiensaga beeindruckt mit ihrer barocken Fülle und originellen Ausdruckskraft.
Ähnlich wie der Roman ist auch der Film ein opulentes, barockes Werk. Besonders eindringlich schildert er die Wirren der Nachkriegszeit. Im Gasthof wohnen Vertriebene, beim Hausfasching begegnen sich amerikanische Soldaten, die Dorfleute und eine Frau, die sich als Hitler verkleidet hat. Kann das gut gehen? Draußen zieht ein Sturm auf, die Band spielt schräge Töne und Pankraz bekommt es mit der Angst zu tun. Er geht hinaus an den See und schmettert eine Wagner-Arie, später schreit er um Hilfe, auf einer Eisscholle im See treibend. Der Roman kann natürlich besser die Beziehungen im dörflichen Kosmos und ihre Veränderung aufzeigen. Der Film betont dafür das Subjektive, die emotionale Ebene und den magischen Realismus, der gelegentlich hereinbricht, um Dinge auf den Punkt zu bringen und Pankraz' Gefühl der Verwunderung zu spiegeln.
Diese Verwunderung erfasst auch die Zuschauer, weil Josef Bierbichler nicht nur Pankraz spielt, sondern auch dessen Vater. Pankraz ist, als seine Frau ihren Sohn bekommt, praktisch schon so alt wie 30 Jahre später. Auch andere Besetzungsentscheidungen wirken eigenwillig oder gar wie ein Mittel der Verfremdung. Bierbichler dominiert das Geschehen vor der Kamera als etwas steifer Patriarch. Die bayerische Band "Kofelgschroa", die manchmal auch ins Bild rückt, stützt mit ihrer Musik den Anspruch des Films, peppig, schräg und wahrhaftig zu sein, auf das Schönste. Immer wieder schraubt sich dieses Familienepos in eine zuweilen auch überdreht wirkende Subjektivität empor, um sich lebhaft mit dem Geschehen und der Heimat auseinanderzusetzen.
Fazit: Josef Bierbichlers Epos einer oberbayerischen Familie basiert auf seinem Roman "Mittelreich" und spannt einen Bogen über 70 Jahre deutscher Geschichte im Spiegel eines dörflichen Mikrokosmos. Die subjektiven, zuweilen sehr fantasievoll gefärbten Erinnerungen eines alten Gastwirts setzen sich auf spannende, manchmal erhellende, manchmal sperrige Weise mit der Realität auseinander. Erst rückblickend lassen sich Dinge, die nicht ins Bild passten, besser verstehen, zum Beispiel das Drama des eigenen Sohnes. Diese Familiensaga beeindruckt mit ihrer barocken Fülle und originellen Ausdruckskraft.
Bianka Piringer
FBW-Bewertung zu "Zwei Herren im Anzug"Jurybegründung anzeigen
Die Kamera fährt über den großen bayerischen See auf einen Bootssteg zu, an dessen Ende das schmucke Gasthaus der Familie des Seewirts steht. An einem Spätsommertag im Jahr 1984 wurde die alte Seewirtin beerdigt, die Trauergäste sind gegangen und in [...mehr]TrailerAlle "Zwei Herren im Anzug"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Zwei Herren im Anzug"
Land: DeutschlandWeitere Titel: Mittelreich
Jahr: 2018
Genre: Drama
Länge: 139 Minuten
Kinostart: 22.03.2018
Regie: Josef Bierbichler
Darsteller: Josef Bierbichler als Pankraz / Seewirt, Martina Gedeck als Theres, Simon Donatz als Pankraz jung / Semi erwachsen, Irm Hermann als Philomena, Sarah Camp als Hertha
Kamera: Tom Fährmann
Verleih: X Verleih
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