Das Kongo Tribunal (2017)
Dokumentarfilm über das gleichnamige Großprojekt, das anhand einer symbolischen Gerichtsverhandlung die Hintergründe des Bürgerkriegs im Kongo beleuchten will.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Die Demokratische Republik Kongo ist ein ebenso riesiges wie reiches Land. Auf einer Fläche von der sechseinhalbfachen Größe Deutschlands findet sich nicht nur fruchtbares Ackerland, sondern auch begehrte Bodenschätze. Doch der Staat in Zentralafrika kommt seit 20 Jahren nicht zur Ruhe. Vor allem im Ostkongo kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Die Opferzahlen gehen in die Millionen.
Der Schweizer Dramatiker, Buchautor, Regisseur und Aktivist Milo Rau hat im ostkongolesischen Bukavu, der Hauptstadt der vom Krieg betroffenen Provinz Süd-Kivu, sowie in Berlin ein symbolisches Volkstribunal abgehalten und mit jeweils sieben Kameras aufgezeichnet. Unter Vorsitz des belgischen Anwalts Jean-Louis Gilissen zitiert Untersuchungsleiter Sylvestre Bisimwa zentrale Akteure vor die aus einheimischen und internationalen Experten besetzte Jury.
Ziel des Tribunals ist es, die Rolle lokaler und nationaler Politiker, die der Bauern, Bergleute und multinationalen Konzerne, die der Polizei, Armee, Milizen und der Friedenstruppen der Vereinten Nationen am Beispiel dreier exemplarischer Fälle herauszuarbeiten. Die Aufnahmen vom Prozess ergänzt Milo Rau durch Material von Recherchereisen zu den Schauplätzen des Konflikts.
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Filmkritik
Nichts Geringeres als "vérité et justice", als Wahrheit und Gerechtigkeit hat sich Regisseur Milo Rau auf die Fahnen geschrieben, wie auf einem Banner über der Bühne des improvisierten Gerichtssaals im ostkongolesischen Bukavu zu lesen ist. Gerechtigkeit kann sein soziales Großprojekt "Das Kongo Tribunal", das man auch als Kunstaktion begreifen kann, nicht schaffen, zumindest nicht im juristischen Sinn. Denn das Urteil des symbolischen Verfahrens besitzt selbstredend keinerlei Rechtskraft. Die Gerechtigkeit besteht vielmehr darin, den von allen Seiten häufig ignorierten Opfern eine Stimme zu geben. Der Wahrheit wiederum kommt Milo Rau erstaunlich nahe, weil mancher Politiker ganz unerwartet Unerhörtes preisgibt.
Von einem rundum gelungenen Dokumentarfilm ist "Das Kongo Tribunal" ein gutes Stück entfernt. Der Regisseur holt sein Publikum nicht ab. Durch den unvermittelten Einstieg in den Berliner Teil des Tribunals, das erst nach und nach erklärt wird, riskiert Rau früh, das Interesse seiner Zuschauer zu verlieren. Zwar verleiht er seinem Film durch thematische Kapitelüberschriften Struktur, durch den assoziativ anmutenden Wechsel zwischen den Verhandlungsorten bricht er diese aber wieder auf. Ob es sich beim Tribunal in Berlin lediglich um eine Wiederholung oder um eine Fortführung des Verfahrens in Bukavu handelt, bleibt bis zum Ende unklar. Als Initiator des Tribunals ist Rau zudem stets Teil der Inszenierung, wodurch die Grenzen zunehmend verwischen.
Das entschlossene Vorwagen auf unbekanntes Terrain ist hingegen die große Stärke des Films. Milo Rau vermittelt nicht nur Bilder und Stimmen aus Gebieten, die in der öffentlichen Wahrnehmung der Industrienationen so gut wie keine Rolle (mehr) spielen, er bittet auch Politiker und Konzernvertreter zu einem waghalsigen Experiment mit offenem Ausgang. Wenn etwa ein Mitglied einer bewaffneten Rebellengruppe unumwunden zugibt, dass nicht nur sie, sondern auch die Regierungstruppen Frauen vergewaltigten, dürften auch einige im Kinosaal so unruhig auf ihren Sitzen rutschen wie das im Film anwesende Publikum. Und wenn der später entlassene Innenminister der Provinz sich erst in Ausflüchten verheddert und die Frage nach der politischen Verantwortung anschließend selbstherrlich mit der Gegenfrage wegwischt, wer den Staat denn zur Rechenschaft ziehen wolle, dann glückt Raus Film, was Journalisten und internationalen Politikern so häufig nicht vergönnt ist.
Fazit: Milo Raus "Das Kongo Tribunal" ist ein ambitionierter, mutiger und relevanter Beitrag zu einem weltpolitischen Thema, das von großen Teilen der Welt großzügig ignoriert wird. Der Dokumentarfilm fördert wichtige Erkenntnisse zutage, riskiert durch seine Struktur aber auch immer, sein Publikum zu verlieren.
Von einem rundum gelungenen Dokumentarfilm ist "Das Kongo Tribunal" ein gutes Stück entfernt. Der Regisseur holt sein Publikum nicht ab. Durch den unvermittelten Einstieg in den Berliner Teil des Tribunals, das erst nach und nach erklärt wird, riskiert Rau früh, das Interesse seiner Zuschauer zu verlieren. Zwar verleiht er seinem Film durch thematische Kapitelüberschriften Struktur, durch den assoziativ anmutenden Wechsel zwischen den Verhandlungsorten bricht er diese aber wieder auf. Ob es sich beim Tribunal in Berlin lediglich um eine Wiederholung oder um eine Fortführung des Verfahrens in Bukavu handelt, bleibt bis zum Ende unklar. Als Initiator des Tribunals ist Rau zudem stets Teil der Inszenierung, wodurch die Grenzen zunehmend verwischen.
Das entschlossene Vorwagen auf unbekanntes Terrain ist hingegen die große Stärke des Films. Milo Rau vermittelt nicht nur Bilder und Stimmen aus Gebieten, die in der öffentlichen Wahrnehmung der Industrienationen so gut wie keine Rolle (mehr) spielen, er bittet auch Politiker und Konzernvertreter zu einem waghalsigen Experiment mit offenem Ausgang. Wenn etwa ein Mitglied einer bewaffneten Rebellengruppe unumwunden zugibt, dass nicht nur sie, sondern auch die Regierungstruppen Frauen vergewaltigten, dürften auch einige im Kinosaal so unruhig auf ihren Sitzen rutschen wie das im Film anwesende Publikum. Und wenn der später entlassene Innenminister der Provinz sich erst in Ausflüchten verheddert und die Frage nach der politischen Verantwortung anschließend selbstherrlich mit der Gegenfrage wegwischt, wer den Staat denn zur Rechenschaft ziehen wolle, dann glückt Raus Film, was Journalisten und internationalen Politikern so häufig nicht vergönnt ist.
Fazit: Milo Raus "Das Kongo Tribunal" ist ein ambitionierter, mutiger und relevanter Beitrag zu einem weltpolitischen Thema, das von großen Teilen der Welt großzügig ignoriert wird. Der Dokumentarfilm fördert wichtige Erkenntnisse zutage, riskiert durch seine Struktur aber auch immer, sein Publikum zu verlieren.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Das Kongo Tribunal"
Land: Deutschland, SchweizJahr: 2017
Genre: Dokumentation
Länge: 100 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 16.11.2017
Regie: Milo Rau
Verleih: Real Fiction
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