FBW-Bewertung: Storm und der verbotene Brief (2017)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Kann ein Film für Kinder und Jugendliche, der im 16. Jahrhundert spielt, in dem Martin Luther einen Kurzauftritt hat und der von den Glaubenskämpfen zwischen seinen Sympathisanten und der katholischen Kirche handelt, funktionieren? Es ist eine der Überraschungen von STORM UND DER VERBOTENE BRIEF, wie spannend der Regisseur Dennis Bots hier erzählt, und wie geschickt er seine beiden jungen Protagonisten mit Stärken, Befindlichkeiten und Problemen ausstattet, mit denen das Zielpublikum sich sofort identifizieren kann. Der Titelheld ist ein 12-Jähriger, der bereits im Betrieb seines Vaters mitarbeitet. Aber dem Drucker ist nichts von dem, was sein Sohn macht, gut genug. Und das Waisenmädchen Marieke, das Storm zur Hilfe kommt und gefährliche Abenteuer mit ihm gemeinsam besteht, ist eine steinschleudernde Kämpferin mit viel Girlpower. In der Druckerin von Storms Vater soll ein in die Stadt Antwerpen eingeschmuggelter Brief von Martin Luther gedruckt werden, doch die Schergen des Inquisitoren stürmen die Druckerei und nehmen den Vater gefangen. Storm kann mit der Druckplatte des Briefes fliehen und versucht zusammen mit Marieke den Brief unters Volk zu bringen, um so seinen Vater zu befreien. Doch die Verfolger sind ihnen ständig nah an den Fersen und so gibt es einige spannend inszenierte Verfolgungsjagden durch die Gassen und die Katakomben der mittelalterlichen Stadt. Als Kontrast zu diesen Abenteuerszenen nimmt Bolt sich Zeit dafür, zu zeigen, wie in jener Zeit Bücher gedruckt werden und welche Macht das gedruckte Wort damals haben konnte. Er zeigt, wie die Menschen lebten, was sie aßen und wie sie sich kleideten. Er zeigt den Schmutz und das Elend der Armen auf den Straßen und macht deutlich, worin der Gegensatz zwischen dem alten katholischen Dogma und Luthers neuen Ideen bestand. Dazu bringt er außerdem den Konflikt in Storms Familie ein, denn während sein Vater ein fortschrittlicher Denker ist, glaubt die Mutter als fromme Christin daran, dass man sich mit einem Ablass von Sünden freikaufen kann. All das wird hier kindgerecht, aber nie zu vereinfachend vermittelt. Die Filmemacher vertrauen darauf, dass Kinder und Jugendliche mitdenken werden und dem Film neugierig in diese für sie neue und fremde Welt folgen werden. Und bei dieser Vermittlung macht er alles richtig. Die Dialoge sind nicht zu modern, aber auch nicht zu antiquiert. Viel Sorgfalt und Liebe zum Detail sind in die Ausstattung geflossen (nur bei ein paar computergenerierten Totalen bemerkt man das geringe Budget) und die Kostüme sind nicht (wie oft bei historischen Filmen) zu neu und zu sauber, sondern wirken, als hätten die Figuren sie tatsächlich schon eine Zeitlang getragen. DieMacher von STORM UND DER VERBOTENE BRIEF wussten genau, in welchem Umfang sie ihr junges Publikum fordern können, wie sie bei ihm Interesse für ein schwieriges Thema wecken und so gelang es ihnen, eine aufregende Geschichte über diese aufregende Zeit zu erzählen.Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)