Untitled (2017)
Dokumentarisches Vermächtnis: Drei Jahre nach Michael Glawoggers Tod hat dessen Cutterin Monika Willi sein letztes Filmmaterial zusammengefügt.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Der österreichische Filmemacher Michael Glawogger bricht am 3. Dezember 2013 zu seinem bislang radikalsten Unterfangen auf. Gemeinsam mit Kameramann Attila Boa und Tonmann Manuel Siebert will er ein Jahr lang um die Welt ziehen, sich treiben lassen, zwar mit vorgeplanter Route, aber ohne vorgegebenes Konzept einfach drauf los filmen. Es soll das "ultimative Projekt zum Thema Bewegung und Reisen" werden, wie Glawogger es selbst formuliert. Am 22. April 2014 stirbt der Regisseur, der in seiner Karriere auch Spielfilme realisierte und als Drehbuchautor und Kameramann arbeitete, an Malaria.
Schnittmeisterin Monika Willi, die bereits während der Dreharbeiten erstes Material zugeschickt bekam, hat das Unfertige zu einem fertigen Film montiert. In den viereinhalb Monaten bis zu seinem Tod ist Glawogger von Österreich bis Liberia gekommen. Dazwischen zeigen seine Aufnahmen Menschen, Tiere und Orte in Ungarn, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Serbien, Montenegro, Albanien, Italien, Marokko, Mauretanien, Senegal, Guinea-Bissau, Guinea und Sierra Leone.
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Filmkritik
Michael Glawoggers dokumentarisches Schaffen war stets eine Großunternehmung. Für seine Trilogie "Megacities" (1998), "Workingman's Death" (2005) und "Whore's Glory" (2011) bereiste er weite Teile der Welt, wollte nichts Geringeres, als deren Zustand beschreiben. Ein Projekt wie "Untitled", das sich vollkommen von einer thematischen Vorgabe löst, scheint nur die logische Konsequenz dieser Arbeitsweise. Die von Monika Willi nach dem Tod des Filmemachers erstellte Fassung ist ein würdiges Vermächtnis.
Das Ergebnis atmet durch und durch Glawoggers Geist. Wie in seinen vorangegangenen Dokumentarfilmen beobachtet auch "Untitled" das Geschehen (größtenteils) kommentarlos. Es gibt weder Interviewpartner noch Untertitel, wenn Attila Boas Kamera das nächtliche Treiben auf einem afrikanischen Markt durchdringt, auf dem Balkan an Fassaden mal neuer, mal zerschossener Häuser vorüberfährt, Männern beim Ringen im Sand, beim Fußballspiel auf Krücken am Strand oder im Badehaus bei ihren komischen Verrenkungen zusieht. Willis Montage gleitet unvermittelt von einem Ort zum nächsten. Über wiederkehrende Motive stellt sie Bezüge her, arbeitet aber auch Unterschiede heraus. Woher die Menschen stammen und was sie miteinander reden, ist unerheblich. Das Publikum versteht es auch ohne erläuternde Einblendungen.
Hier kommt "Untitled" dem Ideal eines unmittelbaren, nicht durch narrative Überformungen verstellten Blicks auf die Welt sehr nahe – auch wenn ein solcher Blick nie zu erreichen sein wird. Allein auf die Kraft der Bilder und ihre Montage mochte sich Willi letztlich aber nicht verlassen. Schauspielerin Birgit Minichmayr spricht einige von Michael Glawoggers Texten, die dieser während seiner Reise für die Blogs zweier Tageszeitungen verfasst hat. Gepaart mit Wolfgang Mitterers Musik, die der Komponist mit Originalklängen der Aufnahmen zu Soundcollagen verbindet, driftet "Untitled" wiederholt ins bedeutsam Überhöhte ab, wo er besser auf dem Boden geblieben wäre.
Fazit: "Untitled" ist das von Cutterin Monika Willi beeindruckend montierte Vermächtnis des 2014 verstorbenen Michael Glawogger. Ohne vorgegebenes Thema nimmt der Dokumentarfilm seine Zuschauer mit auf eine Reise von Österreich bis nach Liberia. Der Fluss der Bilder ist faszinierend, das Fragmentarische des Projekts bleibt aber stets zu erkennen.
Das Ergebnis atmet durch und durch Glawoggers Geist. Wie in seinen vorangegangenen Dokumentarfilmen beobachtet auch "Untitled" das Geschehen (größtenteils) kommentarlos. Es gibt weder Interviewpartner noch Untertitel, wenn Attila Boas Kamera das nächtliche Treiben auf einem afrikanischen Markt durchdringt, auf dem Balkan an Fassaden mal neuer, mal zerschossener Häuser vorüberfährt, Männern beim Ringen im Sand, beim Fußballspiel auf Krücken am Strand oder im Badehaus bei ihren komischen Verrenkungen zusieht. Willis Montage gleitet unvermittelt von einem Ort zum nächsten. Über wiederkehrende Motive stellt sie Bezüge her, arbeitet aber auch Unterschiede heraus. Woher die Menschen stammen und was sie miteinander reden, ist unerheblich. Das Publikum versteht es auch ohne erläuternde Einblendungen.
Hier kommt "Untitled" dem Ideal eines unmittelbaren, nicht durch narrative Überformungen verstellten Blicks auf die Welt sehr nahe – auch wenn ein solcher Blick nie zu erreichen sein wird. Allein auf die Kraft der Bilder und ihre Montage mochte sich Willi letztlich aber nicht verlassen. Schauspielerin Birgit Minichmayr spricht einige von Michael Glawoggers Texten, die dieser während seiner Reise für die Blogs zweier Tageszeitungen verfasst hat. Gepaart mit Wolfgang Mitterers Musik, die der Komponist mit Originalklängen der Aufnahmen zu Soundcollagen verbindet, driftet "Untitled" wiederholt ins bedeutsam Überhöhte ab, wo er besser auf dem Boden geblieben wäre.
Fazit: "Untitled" ist das von Cutterin Monika Willi beeindruckend montierte Vermächtnis des 2014 verstorbenen Michael Glawogger. Ohne vorgegebenes Thema nimmt der Dokumentarfilm seine Zuschauer mit auf eine Reise von Österreich bis nach Liberia. Der Fluss der Bilder ist faszinierend, das Fragmentarische des Projekts bleibt aber stets zu erkennen.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Untitled"
Land: Österreich, DeutschlandJahr: 2017
Genre: Dokumentation
Kinostart: 26.10.2017
Regie: Michael Glawogger, Monika Willi
Darsteller: Birgit Minichmayr, Fiona Shaw, Robin A Townsend
Kamera: Attila Boa
Verleih: Real Fiction
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