FBW-Bewertung: Ab ans Meer! (2014)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.Tomás und Haris sind allerbeste Freunde. Und die beiden Jungs haben jeder auf seine Weise mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die sie ganz schön fordern. Da ist zum Beispiel der Umstand, dass Tomás? Vater jeden Dienstag sein Home Office verlässt und einige Stunden weg ist, was seinen Sohn zu der Vermutung veranlasst, dass da eventuell eine Geliebte im Spiel sein könnte - denn wieso sonst würde sein Vater seine ?Ausflüge? sonst so vehement abstreiten. Haris, der aus Kroatien stammt, hat ganz andere Probleme in seiner Familie, sein Vater ist gewalttätig und drangsaliert vor allem die Mutter des Jungen auf rüde Weise - nicht gerade eine geeignete Umgebung für einen Zehnjährigen, der gerade dabei ist, die Welt für sich zu entdecken.
Weil Tomás statt des ersehnten Urlaubs am Meer eine Kamera geschenkt bekommen hat, die er ständig mit sich führt (und weil der Junge davon träumt, später einmal ein ebenso großer Regisseur wie Milos Forman zu werden), sieht der Zuschauer fortan die Welt durch die Augen des Jungen aus ?eské Bud?jovice(Budweis) in der Tschechei. Und das erinnert fast schon an den Realismus der Filme der DOGMA-Bewegung. Denn, so weiß der Film ganz richtig, Kinder sehen so viel mehr, als man glauben mag. Vor allem dann, wenn sie so blitzgescheit, aufmerksam und findig sind wie Tomás, der die Lebenslügen der Erwachsenen, ihr merkwürdiges Verhalten und ihrer Rituale schonungslos offenlegt mit seiner Kamera.
AB ANS MEER! ist kein Film, der es dem Zuschauer (zumal dem jungen, auf den der Film eigentlich abzielt) leicht macht: Visuell bietet er aufgrund des gewollt amateurhaften, hyperrealistischen Looks nur wenig Attraktionen, sondern scheint eher in fast dokumentarischer Weise den Alltag seiner Protagonisten wie ein Chronist zu registrieren. Das irritiert im ersten Moment, entfaltet aber im Lauf des Films eine Sogwirkung, wie sie selten in Werken für die junge Zielgruppe zu finden ist.
Aufgrund der formalen und narrativen Innovationen sowie der inhaltlichen Schwerpunkte die Jiri Madl zu setzen weiß, erteilt die Jury der FBW das Prädikat besonders wertvoll.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)