I, Tonya (2017)
Biopic: Die Eiskunstläuferin Tonya Harding gerät in Verdacht, in Verbindung zu einem Attentat auf ihre Konkurrentin Nancy Kerrigan zu stehen.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Portland, Oregon in den 1970er Jahren: Die kleine Tonya Harding (Maizie Smith) gehört mit ihrer Mutter LaVona (Allison Janney) und ihrem Vater Al (Jason Davis) zur Unterschicht. Sie hat ein Talent zum Eislaufen und wird von LaVona dazu angetrieben, der Trainerin Diane Rawlinson (Julianne Nicholson) ihr Können zu demonstrieren. Ein paar Jahre später nimmt Tonya (nun verkörpert von Mckenna Grace) bereits an Wettbewerben teil – und muss mit ansehen, wie ihr Vater die Familie verlässt.
Im Alter von 15 Jahren lernt Tonya (jetzt: Margot Robbie) den etwas älteren Jeff Gillooly (Sebastian Stan) kennen. Alsbald ziehen die beiden zusammen und heiraten. Jeff erweist sich jedoch als gewalttätig: Immer wieder schlägt er Tonya – wie es zuvor auch schon ihre Mutter tat. Tonyas Sportkarriere läuft derweil äußerst erfolgreich; 1991 wird sie US-Meisterin. Als sich Tonya auf die Olympischen Winterspiele 1994 vorbereitet, erhält sie eine anonyme Todesdrohung. Jeff beauftragt daraufhin seinen Kumpel Shawn Eckhardt (Paul Walter Hauser) damit, auch Tonyas Konkurrentin Nancy Kerrigan (Caitlin Carver) eine Drohung zukommen zu lassen. Dieser verübt am 6. Januar 1994 ein Attentat auf Nancy, indem er die junge Frau mit einer Eisenstange am Knie verletzt.
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Filmkritik
Die 1970 geborene Tonya Harding zählt zweifelsohne zu den schillerndsten Charakteren der Sportwelt. Bekannt wurde sie im Kosmos des Eiskunstlaufs durch ihr technisches Können – etwa durch die äußerst seltene Beherrschung des dreifachen Axel-Sprungs; weltweit berühmt-berüchtigt wurde sie indes durch den medial ausgeschlachteten Skandal um das Attentat auf Nancy Kerrigan im Jahre 1994. Der Verdacht, dass sie von dem Plan, ihre beliebte Konkurrentin schwer zu verletzen, gewusst hat, kostete Harding die Karriere; sie wurde lebenslang gesperrt und war fortan als "Eishexe" verschrien.
In "I, Tonya" widmet sich Regisseur Craig Gillespie ("Lars und die Frauen") der Lebensgeschichte Hardings – und setzt das schwarzhumorige Drehbuch von Steven Rogers ("P.S. Ich liebe Dich") als grotesk anmutende Komödie mit tragischen Untertönen in Szene. Dabei lässt er Harding sowie deren Ex-Mann Jeff Gillooly, der den Attentäter beauftragte, und Hardings Mutter in gegenwärtigen Interview-Situationen direkt in die Kamera sprechen, um das damals Geschehene Revue passieren zu lassen. Die extrem subjektiven Äußerungen, die oft in krassem Widerspruch zum Gezeigten stehen, stammen wiederum aus echten Befragungen, die Rogers im Vorfeld mit den Beteiligten durchführte. Der Film wird dadurch zu einer Mockumentary, in welcher Lustiges und Bitteres erstaunlich dicht beieinanderliegen. Jede Figur hat ihre eigene Wahrheit – und das Skript sowie die Inszenierung geben klugerweise gar nicht vor, die eine Wahrheit zu kennen.
Vieles in "I, Tonya" ist ganz großartig. So werden zum Beispiel die Eiskunstlauf-Passagen von Gillespie wie Actionsequenzen umgesetzt – völlig anders, als man dies von eher dröge wirkenden Fernsehübertragungen kennt. Problematisch sind hingegen die Momente, in denen häusliche Gewalt (in Hardings Familienhaus sowie später in der Ehe) eingefangen wird: Hier kommen der Humor und das rasante Tempo nicht immer adäquat daher.
Margot Robbie ("The Wolf of Wall Street", "Suicide Squad") ist in der Hauptrolle eine echte Sensation. Dass Harding, die sich selbst als "Redneck" bezeichnet, sowohl auf dem Eis in ihren selbstgenähten Kostümen als auch abseits der Eisbahn mit Dauerwelle und trashigen Outfits die von Eiskunstläuferinnen erwartete Grazie fehlt, vermag die Australierin nachvollziehbar zu vermitteln, ohne ihre Figur zur Karikatur verkommen zu lassen. Auch Sebastian Stan (bekannt als Winter Soldier aus dem Marvel-Universum) kann als Jeff überzeugen – während die zu Recht mit dem Oscar als beste Nebendarstellerin ausgezeichnete Allison Janney ("Juno", "Mom") als kettenrauchende Rabenmutter eine wahrlich unvergessliche Show abliefert.
Fazit: Ein erfrischend-unkonventionelles Biopic im Mockumentary-Gewand, dessen (Irr-)Witz größtenteils zu funktionieren vermag. Die Schauspiel-Leistungen – insbesondere von Margot Robbie und Allison Janney – sind superb.
In "I, Tonya" widmet sich Regisseur Craig Gillespie ("Lars und die Frauen") der Lebensgeschichte Hardings – und setzt das schwarzhumorige Drehbuch von Steven Rogers ("P.S. Ich liebe Dich") als grotesk anmutende Komödie mit tragischen Untertönen in Szene. Dabei lässt er Harding sowie deren Ex-Mann Jeff Gillooly, der den Attentäter beauftragte, und Hardings Mutter in gegenwärtigen Interview-Situationen direkt in die Kamera sprechen, um das damals Geschehene Revue passieren zu lassen. Die extrem subjektiven Äußerungen, die oft in krassem Widerspruch zum Gezeigten stehen, stammen wiederum aus echten Befragungen, die Rogers im Vorfeld mit den Beteiligten durchführte. Der Film wird dadurch zu einer Mockumentary, in welcher Lustiges und Bitteres erstaunlich dicht beieinanderliegen. Jede Figur hat ihre eigene Wahrheit – und das Skript sowie die Inszenierung geben klugerweise gar nicht vor, die eine Wahrheit zu kennen.
Vieles in "I, Tonya" ist ganz großartig. So werden zum Beispiel die Eiskunstlauf-Passagen von Gillespie wie Actionsequenzen umgesetzt – völlig anders, als man dies von eher dröge wirkenden Fernsehübertragungen kennt. Problematisch sind hingegen die Momente, in denen häusliche Gewalt (in Hardings Familienhaus sowie später in der Ehe) eingefangen wird: Hier kommen der Humor und das rasante Tempo nicht immer adäquat daher.
Margot Robbie ("The Wolf of Wall Street", "Suicide Squad") ist in der Hauptrolle eine echte Sensation. Dass Harding, die sich selbst als "Redneck" bezeichnet, sowohl auf dem Eis in ihren selbstgenähten Kostümen als auch abseits der Eisbahn mit Dauerwelle und trashigen Outfits die von Eiskunstläuferinnen erwartete Grazie fehlt, vermag die Australierin nachvollziehbar zu vermitteln, ohne ihre Figur zur Karikatur verkommen zu lassen. Auch Sebastian Stan (bekannt als Winter Soldier aus dem Marvel-Universum) kann als Jeff überzeugen – während die zu Recht mit dem Oscar als beste Nebendarstellerin ausgezeichnete Allison Janney ("Juno", "Mom") als kettenrauchende Rabenmutter eine wahrlich unvergessliche Show abliefert.
Fazit: Ein erfrischend-unkonventionelles Biopic im Mockumentary-Gewand, dessen (Irr-)Witz größtenteils zu funktionieren vermag. Die Schauspiel-Leistungen – insbesondere von Margot Robbie und Allison Janney – sind superb.
Andreas Köhnemann
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Besetzung & Crew von "I, Tonya"
Land: USAJahr: 2017
Genre: Drama, Biopic
Kinostart: 22.03.2018
Regie: Craig Gillespie
Darsteller: Margot Robbie als Tonya Harding, Bobby Cannavale als Hard Copy Producer, Sebastian Stan als Jeff Gillooly, Mckenna Grace als Young Tonya Harding, Allison Janney als LaVona Golden
Kamera: Nicolas Karakatsanis
Verleih: DCM GmbH
Awards - Oscar 2018Weitere Infos
- Beste Nebendarstellerin - Allison Janney
- Beste Hauptdarstellerin - Margot Robbie
- Bester Schnitt - Tatiana S. Riegel
ZusatzinformationAlles anzeigen
Der Beginn der RivalitätAls erste Amerikanerin vollzog Tonya Harding innerhalb eines Wettbewerbs gleich zwei sogenannte Dreifach-Axel – einer der anspruchsvollsten Sprünge im [...mehr] Eiskunstlauf. 1991 staunten auch die Zuschauer in Minneapolis nicht schlecht, als sie erstmals ein solches Kunststück im Damenwettkampf bei einer US-Meisterschaft sahen. Perfekt gelandet von – natürlich – Tonya Harding. Bei der folgenden Weltmeisterschaft hatte zwar noch Kristi Yamaguchi die Nase vorn. Doch nach Yamaguchis Rücktritt mit dem Olympiasieg 1992 galten Harding und Kerrigan als deren Kronprinzessinnen.
Harding hatte dabei das größere sportliche Talent, ihre Dreifachsprünge waren einfach unerreicht. Doch trotz ihrer Sprunggewalt fehlte Harding in den Augen der Kampfrichter und Teilen des Publikums etwas. In einer Sportart, die ihre Sportlerinnen gerne als "Prinzessinnen auf dem Eis" inszeniert, wirkte Harding immer etwas fremd. Sie war nicht die Prinzessin. Sie trank, rauchte, fluchte und lief auf dem Eis in selbstgenähten Kostümen zu Heavy Metal. Athletisch und kraftvoll, aber ohne den gewünschten Glamour. Harding wuchs mit ihrer alleinstehenden Mutter LaVona auf, die sie misshandelte und schlug. Sie brach die Highschool ab und arbeitete sich aus der Unterschicht Portlands in die schillernde Eislaufwelt empor, auch angetrieben von Schikanen und Demütigungen ihrer Mutter. Mit 18 Jahren zog sie mit ihrem späteren Mann Jeff Gillooly zusammen. Hier gingen die Misshandlungen weiter und heftige Streitereien riefen oft die Polizei auf den Plan.
Für den Glamour dagegen sorgte derzeit Vorzeige-Eisballerina Nancy Kerrigan. Sie überzeugte Preisrichter und Fans mit Eleganz und Ausdrucksstärke, eher als mit technischen Elementen. Kerrigan strahlte in Kostümen der Designerin Vera Wang, einer Ex-Eisläuferin, Klasse aus und wusste mit ihren Performances zu berühren. Auch Kerrigan stammte nicht aus wohlhabenden Verhältnissen. Mit sechs Jahren begann sie mit dem Eiskunstlauf, durch Nebenjobs ermöglichte ihr ihre Familie das teure Training. Doch im Vergleich zu Harding, verhalfen ihr ihre ersten Erfolge zu einträglichen Werbeverträgen. Bei der WM 2992 holt sie schon Silber, Harding landete nur auf Platz sechs.
Letzte Ausfahrt Lillehammer
Harding und ihr Umfeld realisierten, dass ihr Kerrigan zunehmend den Rang ablief. Während Kerrigan bei den US-Meisterschaften 1993 gewann, verlor Harding dank des undankbaren vierten Platzes sogar ihren internationalen Startplatz. Damit war sie nicht nur für die Weltmeisterschaft disqualifiziert, auch die Olympiade in Lillehammer schien in weite Ferne gerückt. Dabei sah die inzwischen 23-Jährige in einem Olympiasieg ihre letzte Chance auf ein besseres Leben. Der einzige Weg nach Lillehammer war ein Sieg bei den US-Meisterschaften 1994, die zugleich als Olympia-Qualifikation dienten. Doch angesichts der Topfavoritin Kerrigan und der Tatsache, dass sie seit 1991 keinen dreifachen Axel mehr gestanden hatte, standen die Karten für Harding eher schlecht.
Also schmiedete Hardings Ex-Ehemann Jeff Gillooly – die Ehe wurde 1993 geschieden, aber sie trafen sich weiterhin – einen perfiden Plan. Zusammen mit seinem Freund Shawn Eckardt heuerte er für 6.500 Dollar zwei Kleinkriminelle an, um Kerrigan auszuschalten. Shane Stant und Derrick Smith lauerten Kerrigan am 6. Januar 1994, einen Tag vor dem Start der US-Meisterschaften in Detroit, auf und attackierten sie mit einem gezielten Schlag auf das rechte Knie. Kerrigan erlitt eine schwere Prellung und musste die Meisterschaft, die auch ihr die Olympia-Qualifikation bringen sollte, absagen. "Warum? Warum ich?", schrie Kerrigan mit schmerzverzerrtem Gesicht in den Bildern, die um die Welt gingen. Zwei Tage darauf gewann Tonya Harding zum zweiten Mal die US-Meisterschaft und war als eine von zwei Läuferinnen für Olympia qualifiziert.
Zugleich polarisierte die Story um den "Vorfall" die Öffentlichkeit und wurde zu einem Wegbereiter für die Ära der 24-Stunden-Nachrichten im US-Kabelfernsehen – eine Ära, in der Kameras plötzlich überall waren und zahlreiche Sendeplätze mit Dauer-Skandalen gefüllt werden wollten. "Tonyas Story war der erste große Medienskandal in der Ära der Nonstop-Berichterstattung, noch bevor der Prozess um O.J. Simpson die Medienlandschaft für immer verändert hat”, sagt I, TONYA-Hauptdarstellerin Margot Robbie. Ab Bekanntwerden der Attacke wurden Tonya Harding und ihr Umfeld beinahe rund um die Uhr von Kameras verfolgt. Der Quotenhit bot schon damals die Freund/Feind-Muster und die stereotypen Charakterisierungen, die das spätere Reality-TV ausmachen sollten. Die damalige CBS-Reporterin Chonnie Chung erzählt in der Doku "The Price of Gold": "CBS wusste: Je mehr wir darüber berichten, desto besser würden die Quoten während den Olympischen Spielen werden." Damit sollte der Sender Recht behalten: Der Auftritt der beiden bei den Olympischen Spielen 1994 ist mit über 100 Millionen TV-Zuschauern bis heute eines der Sportereignisse mit den höchsten Einschaltquoten.
Acht Tage nach dem Attentat nahm die Polizei drei Männer fest, fünf Tage danach auch Gillooly. Dessen Schuld ließ sich schnell beweisen. Jedoch nicht, was Harding davon wusste. Im Verhör durch das FBI stritt die Athletin jede Mitwisserschaft ab. Gillooly dagegen behauptete, Harding habe den Plan vor dem Angriff gekannt und gebilligt. Nur elf Tage nach dem Anschlag war Kerrigan zurück auf dem Eis und wurde vom Nationalen olympischen Komitee für Lillehammer nominiert. Harding dagegen sollte aus dem Kader geworfen werden. Doch die gab nicht klein bei und reichte angesichts des schwebenden Verfahrens eine-20-Millionen-Dollar-Klage ein. Mit Erfolg, die medial inzwischen "Eishexe" getaufte Harding durfte doch bei Olympia antreten.
Das große Finale
So kam es am 25. Februar 29194 zum vielbeachteten "Krieg der Eisprinzessinnen". Bereits das erste Training ein paar Tage zuvor fand vor 400 Medienvertretern statt. Und das Finale bot die alle ersehnte Dramatik. Während Nancy Kerrigan eine der beiden besten Vorführungen ihres Lebens absolvierte, verlor Tonya Harding die Nerven. Kerrigan lag nach dem Kurzprogramm noch vorn, wurde aber in der Kürentscheidung mit nur 0,2 Punkten Rückstand auf die Ukrainerin Oksana Baiul auf Platz zwei gesetzt. Harding wurde vom Publikum gnadenlos ausgepfiffen und brach ihre Kür nach 45 Sekunden aufgrund einer gebrochenen Kufe ab. Sie durfte noch einmal beginnen, doch ihr Traum von Olympiagold endete auf Platz acht.
Während sich die Medien mit den Schlagzeilen überboten, wurden Hardings Verwicklungen in das Attentat Mitte März 1994 vor Gericht verhandelt. Im Rahmen einer Vereinbarung bekannte sie sich schuldig und wurde wegen Behinderung der Ermittlungen zu drei Jahren Haft auf Bewährung, zur Zahlung von 160.000 US-Dollar sowie 500 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Zudem durfte sie nicht an der WM 1994 teilnehmen und wurde auf Lebenszeit für Eislaufwettbewerbe gesperrt, auch als Trainerin.
Kerrigan beendete ihre Eislaufkarriere und blieb Americas Darling. Als eine der populärsten Frauen des Landes landete sie auf dem Titel des Time Magazines. Harding hingegen suchte fortan vergebens ihren Platz im Leben. Ob beim Film, beim Profiboxen, Autorennen oder Catchen – ihre skurrilen Versuche einer zweiten Laufbahn blieben ohne Erfolg. Erst im Januar dieses Jahres räumte sie in einem Interview ein, von den Attentatsplänen gehört zu haben: "Ich wusste, dass da etwas lief.". Sie habe mitbekommen, wie die späteren Angreifer sagten: "Vielleicht sollten wir jemanden rausschicken, damit sicher ist, dass sie ins Team kommt." Eingeweiht gewesen sei sie nicht. Über die Rollen, die sie und Kerrigan vor 24 Jahren in der Öffentlichkeit spielten, findet sie gewohnt derbe Worte: "Sie ist eine Prinzessin und ich bin ein Haufen Scheiße."
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