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FBW-Bewertung: Urmila für die Freiheit (2016)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.

In Nepal leben heute noch Menschen in Sklaverei. Kinder aus armen Familien werden reichen Familien als Haushaltssklaven verkauft. So wurde Urmila Chaudhary im Alter von sechs Jahren als eine sogenannte Kamalari nach Kathmandu verschleppt. Ihre Eltern bekamen jedes Jahr 50 Euro, während das Mädchen bis zu 15 Stunden am Tag arbeiten musste. In einem Spielfilm über ihr Schicksal würde diese Leidenszeit möglichst intensiv und berührend inszeniert und der dramatische Höhepunkt wäre ihre Befreiung. Ihre folgende Entwicklung zu einer Aktivistin, die den Protest gegen die Kindersklaverei in Nepal organisiert, würde dann in einem kurzen Epilog abgehandelt. Es ist bemerkenswert, wie radikal anders der Ansatz von Susan Gluth bei ihrer Dokumentation über Urmila ist. Sie malt keine Schreckensbilder von den brutalen Bedingungen der Kindersklaverei und versucht nicht, ihreTitelheldin von dieser Zeit erzählen zu lassen. Auch die Umstände ihrer Befreiung werden nicht geschildert ? dieser Film beginnt im Grunde da, wo eine konventioneller erzählte Lebensgeschichte von Urmila aufhören würde. Stattdessen ist die Dokumentarfilmerin der jungen Frau über einen langen Zeitraum mit der Kamera gefolgt. Und dabei hat sich offensichtlich ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Urmila und dem Filmteam entwickelt, sodass sehr intime Aufnahmen vom Leben der jungen Frau möglich wurden, die aber nie voyeuristisch wirken, sondern Zeugnis von der Sympathie ablegen, mitder Gluth ihre Titelheldin begleitet. Diese ist auf einer Ebene ein normales junges Mädchen, das noch auf der Suche nach seiner Identität ist, große Träume von einer Karriere als Rechtsanwältin hat, sich aber Sorgen darüber machen muss, ob sie die Versetzung in das nächste Schuljahr schafft.Auf einer anderen Ebene ist sie eine öffentliche Figur, die Presskonferenzen gibt, nach New York und Oslo reist und dort Reden hält, sowie bei einem Treffen vom Prime Minister Nepals fordert, dass dieser sich für das Ende der Sklaverei in seinem Land einsetzt. Zuhause putzt sie dann wieder Kochtöpfe. Von einem wohlmeinenden Erwachsenen aus dem Westen wird sie gewarnt, dass sie beides, Karriere und politischen Kampf, unmöglich bewältigen kann, und tatsächlich wirkt sie manchmal ratlos sowie überfordert und schließlich kommt es zu einem körperlichen Zusammenbruch, von dem sie sich dannaber wieder erholt. Gluth zeigt, wie schwer es für Urmila ist, ihren eigenen Weg zu finden und wie groß in ihrem Leben der Kontrast zwischen Tradition und dem modernen Leben ist. Dabei beeindruckt immer wieder, wie rückhaltlos sie sich für die Kampagne gegen die Sklaverei in ihrem Land engagiert. So führt sie etwa auf Plätzen in den Dörfern kleine Rollenspiele auf, in denen gezeigt wird, wie brutal die Sklavenhalter mit den jungen Mädchen, die ihnen völlig ausgeliefert sind umgehen. Man sieht das Entsetzen in den Augen der jungen Zuschauerinnen und bekommt so einen Eindruck davon, wiewirkungsvoll diese Aufklärungsaktionen zu sein scheinen. Bei einer Befreiungsaktion beobachtet sie die Passagiere in einem Busbahnhof und schreitet zusammen mit ihren Mitstreiterinnen recht forsch und selbstbewusst ein, als eine ältere Frau mit einem noch sehr jungen Mädchen sich verdächtig macht. Gluth ist mit ihrer Kamera immer unmittelbar dabei und ist während der langen Vorbereitungs- und Drehzeit so heimisch in Urmilas Milieu geworden, dass ihr Blick nie, wie der einer westlichen Beobachterin wirkt. So ist ihr auch eine erschütternde Szene zwischen Urmila und ihrem Vater gelungen,bei der klar wird, dass sie ihren Frieden mit ihm geschlossen hat, aber er immer noch im alten Denken gefangen ist und sie dazu auffordert, ihn finanziell zu unterstützen. Der Schwenk danach zu ihren traurigen Augen ist ein Moment der Wahrheit, wie ihn nur wirklich gute DokumentarfilmerInnen einzufangen vermögen.




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