FBW-Bewertung: Girl on the Train (2016)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Das Mädchen im Zug fährt jeden Tag an einem Haus vorbei, in dem für sie das perfekte Leben gelebt wird. Durch das Zugfenster sieht sie der schönen, blonden Bewohnerin dabei zu, wie sie sich in dieser vermeintlichen Idylle bewegt und wie sie auf dem Balkon von ihrem Mann liebkost wird. Diese beiden Frauen und eine Dritte haben ein kompliziertes Verhältnis zueinander, und die beträchtliche Spannung in diesem Film entsteht dadurch, dass erst langsam klar wird, was sie miteinander verbindet. Die Titelheldin ist eine zutiefst unglückliche, scheinbar gebrochene Alkoholikerin und im Laufe des Filmwird deutlich, wie brutal sie in eine tiefe Lebenskrise geraten ist. Emily Blunt spielt sie mit einer trotzigen Verletzlichkeit, die die Figur rätselhaft und interessant macht. Erzählt wird kompliziert, mit vielen Zeitsprüngen und Perspektivwechseln, doch damit spiegelt der Film nur, wie verworren und trügerisch die Geschehnisse sich entfalten. Nicht alles, was die Protagonistin sieht und an was sie sich zu erinnern scheint, ist auch wirklich geschehen, und als sie eines Nachts voller Blut und verwundet aufwacht und zugleich einer der Frauen verschwindet, weiß sie nicht, ob sie sich einerGewalttat schuldig gemacht hat. Langsam entwickelt sich der Film zu einem Thriller und im letzten Drittel wird immer packender nach den Konventionen des Genres erzählt. Doch auch dann wird nicht alles überdeutlich erklärt und Regisseur Tate Taylor spielt souverän mit bedrohlichen Stimmungen, Ungewissheiten und Ängsten. Es wird zwar ein Mord begangen, aber das zentrale Verbrechen des Films ist emotionaler Missbrauch und der Film macht deutlich, wie perfide die Psyche der Protagonistinnen manipuliert und beschädigt wird. Der Jury gefiel besonders, wie komplex die Frauenfiguren gestaltetsind und dass sie alle drei vielschichtig von sehr stimmig besetzten Schauspielerinnen verkörpert werden. Der Eisenbahnzug ist die zentrale Metapher des Films. In der ersten Einstellung wirkt er wie ein Gefängnis für die junge Frau, in der letzten fährt er sie auf anderen Gleisen in ein freieresLeben.Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)