FBW-Bewertung: Der Staat gegen Fritz Bauer (2015)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Lars Kraumes Film bewegt sich zwischen Politthriller und Zeitdokument der deutschen Nachkriegszeit. Die Ereignisse um den Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und sein Engagement für die Ergreifung Adolf Eichmanns durch den israelischen Geheimdienst Mossad im Jahre 1960 ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Bundesrepublik alles andere als entnazifiziert war. In seinem Bemühen, Naziverbrecher vor Gericht zu stellen, bewegte er sich außerhalb seines Dienstzimmers auf Feindesland, wie er selbst einmal gesagt haben soll. Diese Geschichte erzählt der Film historisch ziemlich genau. Eine wichtige Veränderung besteht in der Einführung einer fiktiven Figur, Staatsanwalt Karl Angermann. Es handelt sich um den einzigen Mann, dem Bauer trauen kann. Um dieses Vertrauen aufeiner weiteren Ebene zu motivieren, ist die Figur, wie Fritz Bauer selbst, homosexuell. Damit wird die Vermutung einer tatsächlichen Homosexualität des historischen Fritz Bauer aufgegriffen und ein weiteres Spannungselement etabliert, denn die sexuellen Neigungen dürfen nicht an die Öffentlichkeit dringen. Dem kann indes eine weitere hochinteressante Bedeutung zugewiesen werden. Denn auf einer politischen Interpretationsebene ließe sich diese Zusammenführung der Geheimhaltung einer damals stigmatisierten geschlechtlichen Identität mit der Geheimhaltung der Verfolgung eines Naziverbrechers als Parallelisierung von Judenhass und Homophobie lesen.DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER ist ein gut inszenierter und spannender sowie solide ausgestatteter Filmüber ein Kapitel deutscher Geschichte, das bisher kaum erzählt wurde. Am Überzeugendsten sind die darstellerischen Leistungen, allen voran Burghart Klaußner als Fritz Bauer, der viele Elemente des realen Fritz Bauer übernimmt (etwa dessen Sprachgestus) und diese mit eigenen Interpretationen kombiniert, so dass ein sehr dreidimensionaler Charakter in Erscheinung tritt. Auch in den anderen Rollen ist der Film hervorragend besetzt.
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)