Wo willst du hin, Habibi? (2015)
Mischung aus Feel-Good-Movie und Tragikomödie über einen jungen schwulen Türken, der sich in einen deutschen Kleinganoven verliebt.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Ibrahim (Cem Alkan) hat türkische Eltern, aber sein ganzes Leben in Deutschland verbracht. Er ist das, was man einen perfekt integrierten jungen Menschen mit Migrationshintergrund nennt: seinen BWL-Bachelor hat er erfolgreich bestanden, er ist bei allen beliebt und hilft seinen Eltern bei Problemen mit Behörden. Ibo, wie er von allen genannt wird, hütet jedoch ein Geheimnis, von dem bis jetzt nur seine Schwester weiß, da sie ihn heimlich verfolgt hat: der junge Türke ist schwul, womit er sich seinen konservativen Eltern gegenüber nicht outen kann. Eines Tages trifft er auf den Hobby-Wrestler und Kleinganoven Ali (Martin Walde), in den er sich sofort verliebt. Um künftig mehr Zeit mit seinem Angebeteten zu verbringen, meldet sich der Wrestling-Unbegabte Ibo in dem Sportverein ein, in dem auch Ali trainiert. Tatsächlich kommen die beiden unterschiedlichen Männer bald in Kontakt und verbringen mehr und mehr Zeit. Das Problem: Ali ist nicht schwul. Hat ihre Freundschaft eine Zukunft?
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Filmkritik
Homosexualität und emotionale Konfusion bzw. das Hin- und Herschwanken zwischen den Geschlechtern sind häufig zentrale Themen in den Filmen von Regisseur Tor Iben, so auch in seinen bisherigen Werken "The Passenger" (2011) und "Cibrâil" von 2010. Oft geht es auch um Außenseiter der Gesellschaft, in seinem neuesten Film stehen davon gleich zwei im Zentrum: ein homosexueller Türke und ein krimineller Schwerenöter, der nichts anbrennen lässt. Bei "Wo willst du hin, Habibi?" streift Iben zudem die Themen Integration sowie kulturelle und ethnische Grenzen. Aber auch die Frage danach, wer man eigentlich ist und wo min hingehört, wirft er auf und ist daher mehr als nur ein Film über eine unglückliche Liebe oder rein erotisierender Beitrag zum Queer-Cinema. Gedreht in Berlin, wurde der Film zu weiten Teilen als Crowdfunding-Projekt realisiert.
Frisch und zu jeder Zeit sympathisch schlawienern sich die beiden Hauptfiguren durch den Film, wobei auch der trickbetrügende Chaot Ali durchaus mit seinem Luftikus-Charme und frechem Witz punkten kann. Aber auch der vermeintlich so schüchterne und harmlose Ibo ist gewieft, z.B. wenn es darum geht, seinem großen Schwarm näher zu kommen. Darstellerisch harmonieren die beiden gut und ihre Beziehung ist geprägt von allerlei unterhaltsamen, unerwarteten Ereignissen sowie Gefühlsirrungen und –wirrungen. Das größte Problem des Films sind seine mit der Brechstange servierten Zufälligkeiten, die in die Handlung eingebaut sind. Dadurch leidet mitunter die Glaubwürdigkeit der Geschehnisse.
Allein die Szene, wie sich die beiden näher Kennenlernen – Ali wird verprügelt und Ibo fährt gerade (zufällig) an dem Opfer vorbei – ist an den Haaren herbeigezogen und sorgt eher für unfreiwillige Komik. Nicht zuletzt auch wegen dem zweitklassigen Vorgehen der Schläger, die alles andere als angsteinflößend erscheinen. Oder der Moment der allerersten Begegnung der Zwei im Haus von Ibo, als Ali vor der Polizei flüchtet. Darüber hinaus kommt die vom Vater versuchte, psychisch ungemein brutale "Läuterungsaktion" für den schwulen Sohn vergleichsweise schwer glaubhaft daher. Natürlich stehen viele türkische Mitbürger sexuellen "Abweichungen von der Norm" nicht ganz so offen gegenüber und sind weniger tolerant als Westeuropäer, dennoch wird hier eher ein tiefsitzendes Klischee bemüht.
Dass der Film dennoch gut als immer wieder auch leichtes, und gelungen unterhaltendes Feel-Good-Movie mit gefühlvollen Momenten funktioniert, liegt neben der bereits erwähnten großartigen Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern vor allem an zwei Dingen: der Film nimmt sich selbst, seine Figuren und die Themen nicht zu ernst und punktet oft mit kessem Humor und unverfrorenem Witz, der einen nicht selten zum Schmunzeln bringt. Und zum anderen: mit der im Film behandelten Themenvielfalt, die sowohl politische als auch sexuelle und gesellschaftlich-kulturelle Aspekte berücksichtigt, beweist Regisseur Iben sein vielseitiges und intelligentes Gespür für aktuelle Debatten und inhaltliche Trends.
Fazit: Trotz einiger Zufälligkeiten in der Handlung zu viel, eine freche, sympathische und unterhaltsame Tragikomödie, die einen bunten Strauß an gesellschaftlich und politisch relevanten Themen anspricht.
Frisch und zu jeder Zeit sympathisch schlawienern sich die beiden Hauptfiguren durch den Film, wobei auch der trickbetrügende Chaot Ali durchaus mit seinem Luftikus-Charme und frechem Witz punkten kann. Aber auch der vermeintlich so schüchterne und harmlose Ibo ist gewieft, z.B. wenn es darum geht, seinem großen Schwarm näher zu kommen. Darstellerisch harmonieren die beiden gut und ihre Beziehung ist geprägt von allerlei unterhaltsamen, unerwarteten Ereignissen sowie Gefühlsirrungen und –wirrungen. Das größte Problem des Films sind seine mit der Brechstange servierten Zufälligkeiten, die in die Handlung eingebaut sind. Dadurch leidet mitunter die Glaubwürdigkeit der Geschehnisse.
Allein die Szene, wie sich die beiden näher Kennenlernen – Ali wird verprügelt und Ibo fährt gerade (zufällig) an dem Opfer vorbei – ist an den Haaren herbeigezogen und sorgt eher für unfreiwillige Komik. Nicht zuletzt auch wegen dem zweitklassigen Vorgehen der Schläger, die alles andere als angsteinflößend erscheinen. Oder der Moment der allerersten Begegnung der Zwei im Haus von Ibo, als Ali vor der Polizei flüchtet. Darüber hinaus kommt die vom Vater versuchte, psychisch ungemein brutale "Läuterungsaktion" für den schwulen Sohn vergleichsweise schwer glaubhaft daher. Natürlich stehen viele türkische Mitbürger sexuellen "Abweichungen von der Norm" nicht ganz so offen gegenüber und sind weniger tolerant als Westeuropäer, dennoch wird hier eher ein tiefsitzendes Klischee bemüht.
Dass der Film dennoch gut als immer wieder auch leichtes, und gelungen unterhaltendes Feel-Good-Movie mit gefühlvollen Momenten funktioniert, liegt neben der bereits erwähnten großartigen Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern vor allem an zwei Dingen: der Film nimmt sich selbst, seine Figuren und die Themen nicht zu ernst und punktet oft mit kessem Humor und unverfrorenem Witz, der einen nicht selten zum Schmunzeln bringt. Und zum anderen: mit der im Film behandelten Themenvielfalt, die sowohl politische als auch sexuelle und gesellschaftlich-kulturelle Aspekte berücksichtigt, beweist Regisseur Iben sein vielseitiges und intelligentes Gespür für aktuelle Debatten und inhaltliche Trends.
Fazit: Trotz einiger Zufälligkeiten in der Handlung zu viel, eine freche, sympathische und unterhaltsame Tragikomödie, die einen bunten Strauß an gesellschaftlich und politisch relevanten Themen anspricht.
Björn Schneider
TrailerAlle "Wo willst du hin, Habibi?"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Wo willst du hin, Habibi?"
Land: DeutschlandWeitere Titel: Where are you going, Habibi?
Jahr: 2015
Genre: Drama, Komödie
Länge: 80 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 10.03.2016
Regie: Tor Iben
Darsteller: Cem Alkan als Ibo (Ibrahim), Martin Walde als Ali, Tuncay Gary als Ibos Vater, Ilknur Boyraz als Ibos Mutter, Özay Fecht
Kamera: Manuel Ruge
Verleih: Pro Fun Media