German Angst (2015)
Deutscher Horror-Episodenfilm: In dieser Berliner Horror-Anthologie treten die drei Regisseure Jörg Buttgereit, Michal Kosakowski, Andreas Marschall an um zu beweisen, dass auch die Deutschen (noch) filmisch Furcht verbreiten können.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 5 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Die Zusammenstellung der drei inhaltlich direkt nicht miteinander verbundenen Filme, beginnt mit Jörg Buttgereits "Final Girl". Es zeigt eine Teenagerin (Lola Gave), die in ihrer Berliner Wohnung über die Befindlichkeit von Meerschweinchen siniert. Ihr Zimmer ist ein plüschiges Mädchen-Reich, der Rest der Wohung starrt vor Dreck. Ein sich aufbauendes Unbehagen kippt in blanken Terror, als das Mädchen mit einer Gartenschere bewaffnet ins Nebenzimmer geht, wo ihr Vater (Axel Holst) nackt an sein Bett gefesselt liegt. Die mittlere Episode "Make a Wish" stammt von Michal Kosakowski. Der Pole Jacek (Matthan Harris) und seine ukrainische Freundin Kasia (Annika Strauss) sind beide taubstumm. Als sie in Berlin eine leerstehende Fabrik erkunden, erzählt Jecek Kasia die Geschichte seines Talismans: Im Jahre 1943 hatte in seiner Heimat ein Mädchen jenen bei einem Überfall von Nazis auf ihr Dorf benutzt, um einen Bauern und einen SS-Offizier die Körper tauschen zu lassen. Als kurz darauf eine Gruppe von Neonazis unter Anführung des Skinheads Gottfried (Daniel Faust) auftaucht und Jacek und Kasia brutal zusammenschlägt, will Kasia den Talisman erneut zur Hilfe einsetzen. Es folgt mit Andreas Marshalls "Alraune" die letzte Episode von "German Angst". Nach der Trennung von seiner Freundin lernt der erfolgreiche Berliner Fotograf Eden (Milton Welsh) über das Internet eine neue Frau kennen und verabredet sich mit ihr in einem Club. Dort trifft er jedoch nicht auf die Frau mit dem Nickname "Schneewitchen", sondern auf die geheimnisvolle und sehr sinnliche Kira (Kristina Kostiv). Eden folgt Kira bis zu dem Privatclub von Petrus (Rüdiger Kohlbrodt). Nur unter der Bedingung sofort ein lebenslanges Mitglied zu werden, erlangt er Einlass. Im Club raucht Eden Alraune und erlebt anschließend die Erfüllung seiner gewagtesten sexuellen Fantasien. Hierbei trägt er eine Augenblende. Obwohl es ihm absolut untersagt wird, riskiert er einen Blick...
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Filmkritik
"German Angst" ist ein mit Hilfe von Croudfounding und privaten Investoren komplett unabhängig produzierter Horrorfilm, der erst beim zweiten Ablauf ungekürzt das FSK-18-Siegel bekam. Auch inhaltlich zeugt die Zusammenstellung von dem unbedingten Willen der Filmemacher in Deutschland einen kompromisslosen Genrefilm zu verwirklichen, der sich nicht dem Diktat der hierzulande üblichen Fernseh-Primetime-Kompatibilität unterwirft. Ebenso wichtig war das Anliegen einen Horrorfilm zu kreieren, der nicht nur erfolgreiche amerikanische Genre-Muster auf deutsche Verhältnisse überträgt, sondern der etwas originär Deutsches zu bieten hat. Der im angelsächsischen Raum gebräuchliche abfällige Begriff "German Angst" für eine spezifisch deutsche Ängstlichkeit, wird hier also ins Positive verkehrt, im Sinne von "auch die Deutschen können so richtig Angst machen!"
Diese beiden eheren Ziele erreichen tatsächlich alle drei Episoden von "German Angst", allerdings mit jeweils unterschiedlichem Erfolg. Jörg Buttgereit ist mit "Final Girl" eine makellose Miniatur gelungen. Im Gegensatz zu seinen wilden Anfängen wie "Nekromantic" (1987) ist "Final Girl" sehr konzentriert und zurückgenommen. Mit einem feinen Sinn für Details, der sich in extremen Close-Ups und einem hyperrealistischen Sounddesign zeigt, holt Buttgereit das Maximale aus einem minimalen Setting heraus. Das Verstörende drängt sich nicht gleich auf, sondern muss längere Zeit durch genaues Zusehen und Zuhören vom Kinogänger selbst entdeckt werden muss. - Das sich langsam herauskristallisierende Thema Kindesmissbrauch ist allerdings kein spezifisch deutsches Phänomen.
Das größte deutsche Trauma des gesamten letzten Jahrhunderts hat hingegen der gebürtige Pole Michal Kosakowski in seinem Beitrag "Make a Wish" thematisiert. Angehörige der SS die in Polen wahllos Tod und Terror verbreiten erinnern uns nicht nur äußerst unangenehm an das Unrechtsregime im Dritten Reich, sondern auch an den Beginn des Zweiten Weltkriegs durch den Einmarsch in Polen. Die in der Gegenwart in Berlin angesiedelte Haupthandlung von "Make a Wish" illustriert zudem auf drastische Weise, dass Rechtsradikale auch in der deutschen Gegenwart eine zu oft unter den Teppich gekehrte Gefahr darstellen. Das wichtige, gesellschaftsrelevante Anliegen garantiert jedoch noch keinen gelungenen Film. Kosakowskis Beitrag wirkt etwas unausgereift und sehr gewollt. Die Charaktere sind flach und die Frau unter den Neo-Nazis missfällt aufgrund ihres konstanten Overactings. "Make a Wish" fällt im Vergleich zu "Final Girl" und "Alraune" ähnlich ab, wie bereits Kosakowskis Dokumentarfilm-Debüt "Zero Killed" im Vergleich zu dem thematisch verwandten "The Act of Killing" abgefallen war.
Mit Andreas Marshalls "Alraune" schließt "German Angst" mit einem Höhepunkt ab. Dem Regisseur zufolge war sein Film die erste Idee zum Projekt. In jedem Fall ist "Alraune" die Sequenz, die der Grundidee von "German Angst" als einziges vollständig gerecht wird. Marshall sagt, dass er mit seinem Film an die Zeit des Deutschen Expressionismus anschließen wollte, also die Zeit, in welcher der Deutsche Film (vor der Machtergreifung durch die Nazis) weltweit Maßstäbe setzte. Tatsächlich gab es zwischen 1918 bis 1952 bereits fünf Filme, die den Namen des geheimnisvollen Nachtschattengewächses zum Titel hatten. Marshall bezieht sich jedoch explizit auf die frühen Horrorfilme aus der Stummfilmzeit.
Das bedeutet jedoch nicht, dass "Alraune" sich wie so mancher andere Film wie beispielsweise "The Artist" im zur Zeit modischen Retro-Look suhlt. Marshall greift lediglich die aus alten deutschsprachigen Horrorfilmen bekannte Thematik auf um einen Film zu kreieren, der eindeutig in der deutigen Gegenwart verortet ist. "Alraune" ist selbst ein durch das magische Gewächs induzierter Traum, voller Lust und Leiden, voller Sexualität und Gewalt. Rüdiger Kohlbrodt erschafft in seiner Rolle als dekadenter Clubbesitzer Petrus einen spezifisch deutschen Typus von Film-Bösewicht, wie man ihn seit Peter Lorre und Udo Kier liebt. Bereits mit seinem Horrorfilm "Tears of Kali" (2004) und seinem Neo-Giallo "Masks" (2012) hatte Andreas Marshall sein inszenatorisches Talent erkennen lassen. Allerdings merkte man beiden Filmen auch stark ihr begrenztes Budget an. In "Alraune" gelingt es dem Regisseur jedoch trotz der erneut begrenzten finanziellen Mittel das Ergebnis absolut nicht danach aussehen zu lassen. - Sollte es demnächst noch mehr so gute deutsche Genrefilme geben, sollte Hollywood sich langsam in acht nehmen vor der "German Angst".
Fazit: "German Angst" ist eine insgesamte sehr gelungene deutsche Horror-Anthologie, bei der immerhin zwei von drei Filmen restlos überzeugen können.
Diese beiden eheren Ziele erreichen tatsächlich alle drei Episoden von "German Angst", allerdings mit jeweils unterschiedlichem Erfolg. Jörg Buttgereit ist mit "Final Girl" eine makellose Miniatur gelungen. Im Gegensatz zu seinen wilden Anfängen wie "Nekromantic" (1987) ist "Final Girl" sehr konzentriert und zurückgenommen. Mit einem feinen Sinn für Details, der sich in extremen Close-Ups und einem hyperrealistischen Sounddesign zeigt, holt Buttgereit das Maximale aus einem minimalen Setting heraus. Das Verstörende drängt sich nicht gleich auf, sondern muss längere Zeit durch genaues Zusehen und Zuhören vom Kinogänger selbst entdeckt werden muss. - Das sich langsam herauskristallisierende Thema Kindesmissbrauch ist allerdings kein spezifisch deutsches Phänomen.
Das größte deutsche Trauma des gesamten letzten Jahrhunderts hat hingegen der gebürtige Pole Michal Kosakowski in seinem Beitrag "Make a Wish" thematisiert. Angehörige der SS die in Polen wahllos Tod und Terror verbreiten erinnern uns nicht nur äußerst unangenehm an das Unrechtsregime im Dritten Reich, sondern auch an den Beginn des Zweiten Weltkriegs durch den Einmarsch in Polen. Die in der Gegenwart in Berlin angesiedelte Haupthandlung von "Make a Wish" illustriert zudem auf drastische Weise, dass Rechtsradikale auch in der deutschen Gegenwart eine zu oft unter den Teppich gekehrte Gefahr darstellen. Das wichtige, gesellschaftsrelevante Anliegen garantiert jedoch noch keinen gelungenen Film. Kosakowskis Beitrag wirkt etwas unausgereift und sehr gewollt. Die Charaktere sind flach und die Frau unter den Neo-Nazis missfällt aufgrund ihres konstanten Overactings. "Make a Wish" fällt im Vergleich zu "Final Girl" und "Alraune" ähnlich ab, wie bereits Kosakowskis Dokumentarfilm-Debüt "Zero Killed" im Vergleich zu dem thematisch verwandten "The Act of Killing" abgefallen war.
Mit Andreas Marshalls "Alraune" schließt "German Angst" mit einem Höhepunkt ab. Dem Regisseur zufolge war sein Film die erste Idee zum Projekt. In jedem Fall ist "Alraune" die Sequenz, die der Grundidee von "German Angst" als einziges vollständig gerecht wird. Marshall sagt, dass er mit seinem Film an die Zeit des Deutschen Expressionismus anschließen wollte, also die Zeit, in welcher der Deutsche Film (vor der Machtergreifung durch die Nazis) weltweit Maßstäbe setzte. Tatsächlich gab es zwischen 1918 bis 1952 bereits fünf Filme, die den Namen des geheimnisvollen Nachtschattengewächses zum Titel hatten. Marshall bezieht sich jedoch explizit auf die frühen Horrorfilme aus der Stummfilmzeit.
Das bedeutet jedoch nicht, dass "Alraune" sich wie so mancher andere Film wie beispielsweise "The Artist" im zur Zeit modischen Retro-Look suhlt. Marshall greift lediglich die aus alten deutschsprachigen Horrorfilmen bekannte Thematik auf um einen Film zu kreieren, der eindeutig in der deutigen Gegenwart verortet ist. "Alraune" ist selbst ein durch das magische Gewächs induzierter Traum, voller Lust und Leiden, voller Sexualität und Gewalt. Rüdiger Kohlbrodt erschafft in seiner Rolle als dekadenter Clubbesitzer Petrus einen spezifisch deutschen Typus von Film-Bösewicht, wie man ihn seit Peter Lorre und Udo Kier liebt. Bereits mit seinem Horrorfilm "Tears of Kali" (2004) und seinem Neo-Giallo "Masks" (2012) hatte Andreas Marshall sein inszenatorisches Talent erkennen lassen. Allerdings merkte man beiden Filmen auch stark ihr begrenztes Budget an. In "Alraune" gelingt es dem Regisseur jedoch trotz der erneut begrenzten finanziellen Mittel das Ergebnis absolut nicht danach aussehen zu lassen. - Sollte es demnächst noch mehr so gute deutsche Genrefilme geben, sollte Hollywood sich langsam in acht nehmen vor der "German Angst".
Fazit: "German Angst" ist eine insgesamte sehr gelungene deutsche Horror-Anthologie, bei der immerhin zwei von drei Filmen restlos überzeugen können.
Gregor Torinus
TrailerAlle "German Angst"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "German Angst"
Land: DeutschlandJahr: 2015
Genre: Horror, Fantasy
Länge: 90 Minuten
Kinostart: 07.05.2015
Regie: Jörg Buttgereit, Michal Kosakowski, Andreas Marschall
Darsteller: Milton Welsh als Eden, Daniel Faust als Gottfried, Annika Strauss als Kasia, David Masterson als Dark Haired Woman, Matthan Harris als Jacek
Kamera: Sven Jakob
Verleih: Pierrot le Fou