Bridge of Spies - Der Unterhändler (2015)
Bridge of Spies
US-Thriller von Steven Spielberg mit Tom Hanks und Mark Rylance.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 6 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Die Berliner Mauer zementierte die deutsche Teilung, die Glienicker Brücke war ihre pragmatische Lücke. Als "Agentenbrücke" (englisch: "Bridge of Spies") ist sie ins kulturelle Gedächtnis eingegangen. Dabei tauschten die beiden politischen Blöcke auf dem Bauwerk, das die Havel zwischen Potsdam und Wannsee überspannt, nur drei Mal ihre Spione aus. Regisseur Steven Spielberg hat die Ereignisse um die erste Übergabe im Februar 1962 recht frei für die große Leinwand adaptiert und beginnt mit deren Vorgeschichte.
Als das FBI den russischen Spion Rudolf Abel (Mark Rylance) 1957 in Brooklyn verhaftet, soll der Versicherungsanwalt James Donovan (Tom Hanks) dessen Verteidigung übernehmen. Donovans Mandat entpuppt sich schnell als leere Geste. Für die amerikanische Öffentlichkeit und den Richter steht das Urteil bereits fest. Die Verantwortlichen haben jedoch nicht mit Donovans Hartnäckigkeit gerechnet. In weiser Voraussicht mildert der forsche Jurist die angestrebte Todes- in eine Haftstrafe ab. In Donovans Augen ist Abel lebendig mehr wert.
Drei Jahre später schießen die Russen den US-Piloten Francis Gary Powers (Austin Stowell) während eines Spionageflugs ab, und Donovans Voraussicht zahlt sich aus. Da die USA mit der UdSSR nicht offiziell verhandeln, schicken sie den Anwalt als Unterhändler nach Berlin. Dort soll er Abel gegen Powers austauschen. Doch Donovan will mehr. Vor Ort erfährt er, dass die DDR den amerikanischen Studenten Frederic Pryor (Will Rogers) unter Spionageverdacht festhält, und lässt sich auf einen riskanten Poker ein. Donovan nimmt eigenmächtig Verhandlungen mit den Ostdeutschen (Sebastian Koch, Burghart Klaußner) auf, um für Abel nun auch Pryor einzutauschen.
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Filmkritik
Wie so oft bei Steven Spielberg steht auch in "Bridge of Spies" ein Mann im Mittelpunkt, der erst auf Reisen zu sich selbst findet. James Donovans (Tom Hanks) Reise führt ins geteilte Berlin. Die Anspannung ist dem Juristen anzumerken. Nervös ballt er die Fäuste. Seinen Mandanten, den enttarnten russischen Spion Rudolf Abel (Mark Rylance), den der Anwalt auf der Glienicker Brücke austauschen soll, erinnert diese Geste an einen "standhaften Mann", den er einst kannte. Abels Anekdote über diesen Unbeugsamen gibt Spielbergs Film und seinem Protagonisten die Richtung vor. Fortan setzt sich James Donovan gegen alle Widerstände zur Wehr.
Was hätten Joel und Ethan Coen ("Fargo", "The Big Lebowski") wohl aus diesem Stoff gemacht? Die Brüder waren am Drehbuch beteiligt, und in einigen Szenen blitzt ihr abstruser Humor merklich auf – etwa wenn James Donovan auf einem Ministeriumsflur in Ostberlin wartet, auf dem Angestellte die Hauspost mit dem Drahtesel von einem Büro zum anderen radeln, oder wenn er sich Schmierenkomödianten gegenüber sieht, die Rudolf Abels Familie mimen. Diese Szenen scheinen dem Coen-Universum direkt entsprungen. Hier gleicht der Kalte Krieg für Augenblicke mehr der lustvollen Verwirrung eines "Eins, zwei, drei" (1961) – jenem Billy Wilder-Film, der in "Bridge of Spies" gerade in den Berliner Kinos angelaufen ist – als der düsteren Paranoia eines "Der Spion, der aus der Kälte kam" (1965).
Trotz der absurd anmutenden Behördengänge und Verhandlungen beschränkt sich diese befreiende Komik bei Spielberg auf ein Minimum. Der Filmemacher erzählt viel lieber seine altbewährte Geschichte eines (infantilen) Helden, der an einer Herausforderung und an seinen (Familien-)Werten wächst. Europäischen Augen erschien das schon immer reichlich konservativ. Spielberg selbst versteht sich wie auch sein jüngstes Werk hingegen als liberal. In seinem Engagement für Rudolf Abel geht es James Donovan um die Verteidigung der Bürgerrechte, die selbst deren Feinden zustehen. Nur weil er einen Kommunisten vertritt, sympathisiert Donovan im Umkehrschluss nicht gleich mit dessen Überzeugungen. Diesen kleinen, aber feinen Unterschied kann das Umfeld des Anwalts nicht begreifen. In einer hysterischen Gesellschaft, die allerorten die kommunistische Bedrohung heraufbeschwört, ist für einen differenzierten Blick kein Platz. Wenn Polizisten und Juristen Donovan raten, unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit das Recht zu beugen, dann zieht Steven Spielberg eine direkte Linie von der McCarthy-Ära zum Patriot Act und dessen Krieg gegen den Terror samt seiner rechtsfreien Räume.
Die Folgen bekommt der Unbeugsame auch bei Spielberg schnell zu spüren. Erst rücken die Sitznachbarn in der U-Bahn, dann Familienmitglieder von Donovan ab. Angesichts dessen wäre es für den Anwalt ein Leichtes klein beizugeben. Doch Donovan bleibt unbeirrt, weil Spielberg seinen Film als Plädoyer für Freiheit und Menschlichkeit verstanden wissen will. Diese gibt sein Protagonist auch im Kampf gegen ein unmenschliches System, das seine Bürger einsperrt, nicht auf. Eine Haltung, die zum Zeitpunkt des deutschen Kinostarts auch die jüngsten Terroranschläge in Paris kommentiert.
Obwohl Steven Spielberg dieses Plädoyer recht plakativ, teils etwas zu pathetisch hält, krankt sein Film an ganz anderen Stellen. Narrativ hat der große Geschichtenerzähler seinen Zenit längst überschritten. Seit dem Katz-und-Maus-Spiel "Catch Me If You Can" (2002) ist dem Regisseur kein Film mehr gelungen, der seinen Spannungsbogen hält. Es mag mitunter an der Länge liegen. Auch "Bridge of Spies" überschreitet die zwei Stunden deutlich. So brillant diese Spionagegeschichte auch fotografiert und montiert sein mag – sieht man einmal davon ab, dass Spielbergs Stammkameramann Janusz Kaminski den Einsatz von Gegenlicht dieses Mal bis zur Schmerzgrenze ausreizt –, erzählerisch hängt der Film an zu vielen Stellen durch. Nach einer nervenaufreibenden Exposition, fällt die Spannung just dann ab, als der Schauplatz über den Großen Teich wechselt.
Hier stehen Existenzen auf dem Spiel. Und doch gelingt es Spielberg nur mäßig – an einer Stelle, als Donovan ganz beiläufig Todesschüsse an der Berliner Mauer beobachtet, gar recht ungelenk –, die Dringlichkeit von dessen Mission zu vermitteln. Vielleicht liegt es ja daran, dass der Anwalt, kaum in Berlin angekommen, allzu souverän durch "Bridge of Spies" gleitet. Trotz zahlreicher Haken und Ösen, läuft alles glatt. Verfängt sich der Protagonist dennoch einmal, hat der Zuschauer nie das Gefühl, dass der Poker nicht aufginge. Diesem Spionagethriller fehlt schlicht der Thrill.
Fazit: Steven Spielberg bleibt ein herausragender Handwerker, offenbart aber erneut erzählerische Schwächen. "Bridge of Spies" ist ein inhaltlich anspruchsvoller, visuell ansprechender, aber auch ausgesprochen langatmiger und dadurch streckenweise langweiliger Spionagefilm. Nach einem furiosen Start gelingt es dem Regisseur nicht, das Publikum in der zweiten Hälfte an den Sitz zu fesseln.
Was hätten Joel und Ethan Coen ("Fargo", "The Big Lebowski") wohl aus diesem Stoff gemacht? Die Brüder waren am Drehbuch beteiligt, und in einigen Szenen blitzt ihr abstruser Humor merklich auf – etwa wenn James Donovan auf einem Ministeriumsflur in Ostberlin wartet, auf dem Angestellte die Hauspost mit dem Drahtesel von einem Büro zum anderen radeln, oder wenn er sich Schmierenkomödianten gegenüber sieht, die Rudolf Abels Familie mimen. Diese Szenen scheinen dem Coen-Universum direkt entsprungen. Hier gleicht der Kalte Krieg für Augenblicke mehr der lustvollen Verwirrung eines "Eins, zwei, drei" (1961) – jenem Billy Wilder-Film, der in "Bridge of Spies" gerade in den Berliner Kinos angelaufen ist – als der düsteren Paranoia eines "Der Spion, der aus der Kälte kam" (1965).
Trotz der absurd anmutenden Behördengänge und Verhandlungen beschränkt sich diese befreiende Komik bei Spielberg auf ein Minimum. Der Filmemacher erzählt viel lieber seine altbewährte Geschichte eines (infantilen) Helden, der an einer Herausforderung und an seinen (Familien-)Werten wächst. Europäischen Augen erschien das schon immer reichlich konservativ. Spielberg selbst versteht sich wie auch sein jüngstes Werk hingegen als liberal. In seinem Engagement für Rudolf Abel geht es James Donovan um die Verteidigung der Bürgerrechte, die selbst deren Feinden zustehen. Nur weil er einen Kommunisten vertritt, sympathisiert Donovan im Umkehrschluss nicht gleich mit dessen Überzeugungen. Diesen kleinen, aber feinen Unterschied kann das Umfeld des Anwalts nicht begreifen. In einer hysterischen Gesellschaft, die allerorten die kommunistische Bedrohung heraufbeschwört, ist für einen differenzierten Blick kein Platz. Wenn Polizisten und Juristen Donovan raten, unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit das Recht zu beugen, dann zieht Steven Spielberg eine direkte Linie von der McCarthy-Ära zum Patriot Act und dessen Krieg gegen den Terror samt seiner rechtsfreien Räume.
Die Folgen bekommt der Unbeugsame auch bei Spielberg schnell zu spüren. Erst rücken die Sitznachbarn in der U-Bahn, dann Familienmitglieder von Donovan ab. Angesichts dessen wäre es für den Anwalt ein Leichtes klein beizugeben. Doch Donovan bleibt unbeirrt, weil Spielberg seinen Film als Plädoyer für Freiheit und Menschlichkeit verstanden wissen will. Diese gibt sein Protagonist auch im Kampf gegen ein unmenschliches System, das seine Bürger einsperrt, nicht auf. Eine Haltung, die zum Zeitpunkt des deutschen Kinostarts auch die jüngsten Terroranschläge in Paris kommentiert.
Obwohl Steven Spielberg dieses Plädoyer recht plakativ, teils etwas zu pathetisch hält, krankt sein Film an ganz anderen Stellen. Narrativ hat der große Geschichtenerzähler seinen Zenit längst überschritten. Seit dem Katz-und-Maus-Spiel "Catch Me If You Can" (2002) ist dem Regisseur kein Film mehr gelungen, der seinen Spannungsbogen hält. Es mag mitunter an der Länge liegen. Auch "Bridge of Spies" überschreitet die zwei Stunden deutlich. So brillant diese Spionagegeschichte auch fotografiert und montiert sein mag – sieht man einmal davon ab, dass Spielbergs Stammkameramann Janusz Kaminski den Einsatz von Gegenlicht dieses Mal bis zur Schmerzgrenze ausreizt –, erzählerisch hängt der Film an zu vielen Stellen durch. Nach einer nervenaufreibenden Exposition, fällt die Spannung just dann ab, als der Schauplatz über den Großen Teich wechselt.
Hier stehen Existenzen auf dem Spiel. Und doch gelingt es Spielberg nur mäßig – an einer Stelle, als Donovan ganz beiläufig Todesschüsse an der Berliner Mauer beobachtet, gar recht ungelenk –, die Dringlichkeit von dessen Mission zu vermitteln. Vielleicht liegt es ja daran, dass der Anwalt, kaum in Berlin angekommen, allzu souverän durch "Bridge of Spies" gleitet. Trotz zahlreicher Haken und Ösen, läuft alles glatt. Verfängt sich der Protagonist dennoch einmal, hat der Zuschauer nie das Gefühl, dass der Poker nicht aufginge. Diesem Spionagethriller fehlt schlicht der Thrill.
Fazit: Steven Spielberg bleibt ein herausragender Handwerker, offenbart aber erneut erzählerische Schwächen. "Bridge of Spies" ist ein inhaltlich anspruchsvoller, visuell ansprechender, aber auch ausgesprochen langatmiger und dadurch streckenweise langweiliger Spionagefilm. Nach einem furiosen Start gelingt es dem Regisseur nicht, das Publikum in der zweiten Hälfte an den Sitz zu fesseln.
Falk Straub
FBW-Bewertung zu "Bridge of Spies - Der Unterhändler"Jurybegründung anzeigen
Dass Steven Spielberg und Tom Hanks prächtig miteinander harmonieren, haben die beiden schon in mehreren Filmen wie CATCH ME IF YOU CAN und TERMINAL unter Beweis gestellt. Nun folgt mit BRIDGE OF SPIES ? DER UNTERHÄNDLER eine weitere Zusammenarbeit, [...mehr]TrailerAlle "Bridge of Spies - Der Unterhändler"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Bridge of Spies - Der Unterhändler"
Land: USAWeitere Titel: St. James Place
Jahr: 2015
Genre: Thriller, Historie
Originaltitel: Bridge of Spies
Länge: 142 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 26.11.2015
Regie: Steven Spielberg
Darsteller: Mark Rylance als Rudolf Abel, Domenick Lombardozzi als Agent Blasco, Victor Verhaeghe als Agent Gamber, Mark Fichera als FBI Agent #1, Brian Hutchison als FBI Agent #2
Kamera: Janusz Kaminski
Verleih: 20th Century Fox
Awards - Oscar 2016Weitere Infos
- Bester Nebendarsteller - Mark Rylance
- Bester Film
- Bestes Originaldrehbuch - Joel Coen, Matt Charman, Ethan Coen
- Beste Tongestaltung
Andy Nelson, Gary Rydstrom und Drew Kunin - Beste Musik - Thomas Newman
- Beste Ausstattung - Adam Stockhausen, Bernard Alane
und Bernhard Heinrich
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