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FBW-Bewertung: Heidi (2015)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die Geschichte von Johanna Spyri ist? nicht zuletzt durch die vielfältigen Verfilmungen von Zeichentrick bis Realfilm ? ins kollektive Bewusstsein jedes deutschsprachigen Kinobesuchers eingebrannt. Jeder kennt Heidi, das Waisenmädchen aus den Schweizer Bergen, das von Tante Dete bei ihrem kauzigen Großvater, dem Almöhi, ?ausgesetzt? wird. Erst langsam erwirbt sie das Zutrauen des wortkargen Eigenbrötlers, bis sie mit ihrem Charme die ganze Almbevölkerung bis zum Geißenpeter im Nu für sich erobert. In die Idylle platzt abermals Dete, die Heidi ins ferne Frankfurt bringen möchte, wo sie in der Villa Sesemann an der Seite der im Rollstuhl sitzenden Klara die angemessene Bildung erfahren soll. Doch Heidi fremdelt mit der kühlen, bewegungsarmen Welt des Kindermädchens Fräulein Rottenmeier. Sie beschließt zu fliehen, zurück in die Schweizer Berge.

Jeder kennt diese Geschichte. Entsprechend hoch ist die Erwartungshaltung, wie diese neuerliche Verfilmung umgesetzt werden würde. Dabei gelingt es dem Schweizer Regisseur Alain Gsponer, dessen Vater selbst Ziegenhirte in seiner Jugend war, die Bergwelt in allen faszinierenden Facetten zum Leben zu erwecken. Ungemein detailreich erscheint die Ausstattung und das Production Design, allen voran in der ärmlichen Hütte desAlmöhis mit Holzmöbeln und als Kontrast dann in der Villa Sesemann mit seinen prachtvollen Gängen und Innenräumen. Auch der Einsatz von Licht und Blicken aus den Fenstern (mal verschmutzt, mal klinisch rein) führt dazu, dass sich der Zuschauer vollends auf die ihm vorgeführten Welten einlassen und darin versinken kann. Man freut sich und leidet mit der herzerfrischend aufspielenden Anuk Steffen, deren Besetzung als Heidi ein echter Glücksfall für den Stoff und die zeitgemäß-moderne Darstellung der Heidi ist. Brillant an ihrer Seite spielt Bruno Ganz als grantiger Almöhi mit unklarer Vergangenheit, in dessen Mimik und strahlenden Augen sich ganze Gefühlswelten aufzutun scheinen. Überhaupt überzeugt das hochkarätig besetzte Ensemble (hervorzuheben ist außerdem Katharina Schüttler als strenge, marottenreiche Fräulein Rottenmeier). Lobend ist dem Film außerdem anzurechnen, dass Frankfurt hier nicht als ?Hölle? für Heidi inszeniert wird ? auch hier kümmert man sich liebevoll um die kleine ?Adelheid?, wie Heidis richtiger Name lautet. Nur eben mit den für sie falschen Mitteln.

Diese Neuverfilmung von HEIDI zeigt gleichsam die prächtige Almwelt mit herrlichen Naturaufnahmen wie die sozialen Realitäten in der zu Zeiten der Industrialisierung weitenteils verarmten Schweiz Ende des 19. Jahrhunderts. Das Symbol des Adlers, erst in Freiheit und später als Schnitzfigur des Almöhis, verbindet alle Elemente und formt den Film zu einer stimmigen Einheit. HEIDI ist ein Film für die ganze Familie, in dem für Kinder wie für Erwachsene viel geboten wird und über den man sich erfreuen kann. Ein wenig irritierend für die Jury wirkte jedoch die (aufwändig komponierte und eingespielte) Musik von Niki Reiser, die sich wie einKlangteppich vor allem über die Naturaufnahmen legt und nicht auf die Kraft der Bilder zu vertrauen scheint, was dem sehr positiven Gesamteindruck des Filmes aber letztlich keinen Abbruch tut.



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