FBW-Bewertung: Jack (2014)
Prädikat besonders wertvoll
Jurybegründung: Jack ist ein Junge von vielleicht 10 Jahren, der mit seiner jungen Mutter Sanna und seinem kleinen Bruder Manuel irgendwo in Berlin lebt. Sanna will noch etwas vom Leben haben, sie will feiern, lieben? und sich am liebsten nicht um ihre Kinder sorgen, die sie gerne mal vergisst und vernachlässigt, ohne es aber aus böser Absicht heraus zu tun. Es passt nur einfach nicht zusammen ? das Leben, das sie sich erträumt hat und die beiden Kinder von verschiedenen Männern, die abgehauen sind. Alleingelassen wurde sie mit der Verantwortung, die sie nicht tragen will und kann. Und so wird Jack viel abverlangt ? mehr als ein Junge in seinem Alter leisten kann. So sehr er sich auch bemüht: Die Familie, die vielleicht niemals eine war, droht auseinanderzubrechen. Und für Jack und Manuel beginnt eine Odyssee, bei der die beiden ganz auf sich alleine gestellt sind.Schon die ersten Bilder machen klar, dass sich Edward Berger und seine Co-Autorin Nele Mueller-Stöfen (die in dem Film auch eine wichtige Rolle als Heimerzieherin spielt) bedingungslos auf ihren herausragenden kleinenHauptdarsteller einlassen. Die Kamera folgt jeder Bewegung von Jack, begibt sich auf seine Höhe, seine Perspektive hinab und zeigt die Welt einer sommerlichen Großstadt aus dem Blickwinkel eines Kindes, das viel zu früh erwachsen werden musste. Es ist die Sichtweise eines Kindes, die man selten bis nie im deutschen Kino so sieht: Ungeschönt, desillusioniert und dennoch durch die bedingungslose Nähe und Zärtlichkeit für Jack ungeheuer faszinierend. Wie gebannt folgt man dem Weg des Jungen, bangt und hofft mit ihm, wird immer wieder aufs Neue enttäuscht, ohne dabei Sanna moralisch zu verurteilen. Eine Balance, die kaum ein Film mit solch einem schwierigen Thema jemals derart gekonnt leistet. Auch dramaturgisch leistet der Film ganze Arbeit, vertraut voll und ganz auf das kontrollierte Spiel des kleinen Ivo Pietzcker, lässt seine emotionalen Spitzen und Wendepunkte ganz nebenbei entstehen und gewinnt gerade durch diese Zurückhaltung, was Zuspitzungen anbelangt, auf der ganzen Linie. Ein Meisterwerk!
Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)