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FBW-Bewertung: Zwischen Welten (2014)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Mit ZWISCHEN WELTEN ist es der Regisseurin Feo Aladag gelungen, ein schwieriges Thema mit eindrucksvollen Bildern und herausragenden Darstellern zu einem wirkungsvollen Kinoerlebnis zu machen. Die Freundschaft zwischen dem deutschen Soldaten Jesper und seinem afghanischenÜbersetzer Tarik steht im Mittelpunkt dieses Kriegsdramas, das damit auch ein hochaktuelles Thema aufgreift: die Bedrohung der für den ?Feind" tätigen afghanischen Ortskräfte durch die Taliban und den kühlen, bürokratischen Umgang der deutschen Ministerien mit dem Wunsch vieler afghanischerAngestellter, nach Deutschland ausreisen zu dürfen. Das Prüfverfahren ist zermürbend, Bundeswehr, Auswärtiges Amt und Innenministerium sind beteiligt. Obwohl sein Bruder bereits bei einem Einsatz in Afghanistan ums Leben kam, meldet sich Jesper (Ronald Zehrfeld) freiwillig für ein Kommando in der Krisenregion. Seine Einheit soll einen afghanischen Warlord unterstützen, der ein Dorf gegen die Taliban verteidigt. Der afghanische Übersetzer Tarik (Mohsin Ahmady) wird wegen seiner Arbeit für die Deutschen von den Fundamentalisten mit dem Tod bedroht: Seine Schwester muss um ihr Leben fürchten! Dadurch wird Jesper immer wieder, im Rahmen seines Einsatzes, vor schwierige Fragen und Entscheidungen gestellt: Darf man eine todgeweihte Kuh erlösen? Muss man bei Finsternis und unter Beschuss eine Leiche bergen, damit sie rechtzeitig bestattet werden kann? Soll man das Leben einer Zivilistin retten, obwohl dabei die Truppe in Gefahr geraten wird? Der Film zeigt in solchen Momenten eindrucksvoll den Spagat zwischen Befehl und Entscheidung auf.
Auch wenn Jesper und Tarik sehr unterschiedlich sind, teilen sie doch, das gleiche Schicksal: Sie sind einer wenig greifbaren Welt weitestgehend schutzlos ausgeliefert; einer Welt, in der man nicht leicht zwischen richtig und falsch, zwischen Wahrheit und Lüge und zwischen Gut und Böse unterscheiden kann und dennoch immer wieder zu schnellem, folgeschwerem Handeln gezwungen wird. Im Krieg gibt es keine Musterlösungen. Nur die Verantwortung vor dem eigenen Gewissen zählt! Gedreht an Originalschauplätzen in Kunduz und Mazar-i-Sharif gelingt es Feo Alada?, die sich bereits mit ihrem Debütfilm DIE FREMDE einem politischen brisanten Thema sehr erfolgreich angenommen hatte, dem Zuschauer die komplexe Lage in dem Krisengebiet spannend und bewegend nahe zu bringen. ZWISCHEN WELTEN ist ein konsequent erzähltes authentisches Drama voller Zwischentöne, beeindruckend verkörpert von den Schauspielern in Haupt- und Nebenrollen. Kamerafrau Judith Kaufmann (VIER MINUTEN) hat für die Geschichte starke und klare Bilder gefunden, diezusätzlich noch von der Musik von Jan A.P. Kaczmarek eindrucksvoll unterstrichen werden. Dass dem Film jahrelange Recherchearbeiten vorausgingen ist deutlich spürbar. Eine weitere Qualität dieses bemerkenswerten und wichtigen Films.



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