Ich und Du (2012)
Io e te
Italienisches Drama: Lorenzo, 14, steht mit seinen Mitschülern nicht auf bestem Fuß. Auf dem Weg zum Skikurs macht er kehrt und versteckt sich im weitläufigen Keller. Doch in der Nacht wecken ihn Schritte: Seine ältere Halbschwester Olivia, vor Jahren abgehauen, sucht nach ihren SachenKritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Der 14-jährige Lorenzo (Jacopo Olmo Antinori) ist ein Außenseiter ohne Freunde. Seine Mutter glaubt, dass er mit seiner Klasse eine Woche ins Skilager fahren will. Von diesem Fortschritt erzählt sie seinem Vater stolz am Telefon. Lorenzo verabschiedet sich mit Rucksack, Snowboard und Helm und kehrt heimlich zurück ins Haus: Im Keller schließt er eine voll möblierte ehemalige Wohnung auf, um dort die Woche zu verbringen – Essen hat er sich schon besorgt.
Aber das idyllische Versteck wird entdeckt: Lorenzos ältere Halbschwester Olivia (Tea Falco), die längst ihr eigenes Leben führt, kommt überraschend vorbei, weil sie ihre Sachen sucht. Dann will die Heroinabhängige dort einen kalten Entzug machen. Lorenzo bleibt nichts anderes übrig, als sie aufzunehmen. Mit seiner Ruhe aber ist es jetzt vorbei.
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Filmkritik
Zwei einsame junge Menschen teilen sich in einer italienischen Großstadt ein Versteck auf Zeit. Der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci kehrt mit diesem verträumten Kammerspiel nach einer zehnjährigen, krankheitsbedingten Schaffenspause zum Film zurück. Auch "Ich und Du" handelt von einer Rückkehr ins Leben, einer Selbstbefreiung. Die Halbgeschwister Lorenzo und Olivia überwinden gemeinsam ihre innere Isolation und entdecken die eigenen Kräfte.
Lorenzo sucht das Versteck im Keller, um sich für ein paar Tage dem Druck seiner Eltern zu entziehen. Sie wünschen sich einen angepassten, gut integrierten Sohn, der sich nicht verkriecht. Und nun macht er genau das, von der Sehnsucht getrieben, das Leben allein zu erforschen. Wie er es sich im Keller häuslich einrichtet, hat etwas Provisorisches, Unverbindliches. Mal sehen, was Spaß macht, welche Vorstellung hier eine Form findet. Eine ganze Wohnungseinrichtung steht ihm zur Verfügung, weil früher einmal eine alte Frau hier lebte. Eine aufgestellte Matratze legt er sich zum Schlafen auf den Boden, die Couch benutzt er zum stundenlangen Musikhören, im Küchenschrank findet er Besteck. Die Woche in der Einsamkeit ist eine Art Initiation.
Ganz anders als Lorenzo, wirkt die Künstlerin Olivia aktiv und ausdrucksstark. Aber auch hinter ihrer aggressiven Sprunghaftigkeit verbirgt sich die Erfahrung jahrelangen Alleinseins. Der Entzug, den sie radikal beginnt, ist nicht ihr erster, und womöglich auch nicht ihr letzter, denn ihre Freunde scheinen ihr ebenso wenig Halt zu geben wie einst ihr Vater nach der Trennung von der Mutter. Der Film lässt es offen, ob die Woche mit Lorenzo sie genügend festigt. Erst dadurch wird die Hoffnung, aber auch die ständige Unsicherheit spürbar, die Olivia immer wieder fühlen muss. Das nur durch wenige Außenaufnahmen unterbrochene Kammerspiel dieser beiden verwandten Antagonisten spitzt sich nicht allzu dramatisch zu, sondern bleibt immer auch eines der stummen Gedanken. So wirkt die schmutzige Kellerwohnung mit ihrem Gerümpel nicht einengend, sondern wie ein Raum, in dem sich die Fantasie ausbreiten kann.
Auf der visuellen Ebene arbeitet Bertolucci nach dem gleichen Prinzip. Die Bilder sollen nicht alles offenbaren, der Keller wie eine unentdeckte Schatzkammer wirken. Bertolucci drehte auf Zelluloid, weil er die "unkontrollierbare Schärfe" des digitalen Films unerträglich fand, wie es im Presseheft heißt. "Ich und Du", der auf dem gleichnamigen Roman von Niccolò Ammaniti basiert, macht sich selbst klein, indem er so vage und fließend bleibt. Aber Bertoluccis psychologische Neugier und seine Fähigkeit, sie atmosphärisch umzusetzen, geben auch diesem Film das gewisse Etwas.
Fazit: Zwei einsame Halbgeschwister gehen in einem Keller für eine Woche in Klausur: Psychologisch reizvolles Kammerspiel von Bernardo Bertolucci, das der Fantasie Räume öffnet, aber vage bleibt.
Lorenzo sucht das Versteck im Keller, um sich für ein paar Tage dem Druck seiner Eltern zu entziehen. Sie wünschen sich einen angepassten, gut integrierten Sohn, der sich nicht verkriecht. Und nun macht er genau das, von der Sehnsucht getrieben, das Leben allein zu erforschen. Wie er es sich im Keller häuslich einrichtet, hat etwas Provisorisches, Unverbindliches. Mal sehen, was Spaß macht, welche Vorstellung hier eine Form findet. Eine ganze Wohnungseinrichtung steht ihm zur Verfügung, weil früher einmal eine alte Frau hier lebte. Eine aufgestellte Matratze legt er sich zum Schlafen auf den Boden, die Couch benutzt er zum stundenlangen Musikhören, im Küchenschrank findet er Besteck. Die Woche in der Einsamkeit ist eine Art Initiation.
Ganz anders als Lorenzo, wirkt die Künstlerin Olivia aktiv und ausdrucksstark. Aber auch hinter ihrer aggressiven Sprunghaftigkeit verbirgt sich die Erfahrung jahrelangen Alleinseins. Der Entzug, den sie radikal beginnt, ist nicht ihr erster, und womöglich auch nicht ihr letzter, denn ihre Freunde scheinen ihr ebenso wenig Halt zu geben wie einst ihr Vater nach der Trennung von der Mutter. Der Film lässt es offen, ob die Woche mit Lorenzo sie genügend festigt. Erst dadurch wird die Hoffnung, aber auch die ständige Unsicherheit spürbar, die Olivia immer wieder fühlen muss. Das nur durch wenige Außenaufnahmen unterbrochene Kammerspiel dieser beiden verwandten Antagonisten spitzt sich nicht allzu dramatisch zu, sondern bleibt immer auch eines der stummen Gedanken. So wirkt die schmutzige Kellerwohnung mit ihrem Gerümpel nicht einengend, sondern wie ein Raum, in dem sich die Fantasie ausbreiten kann.
Auf der visuellen Ebene arbeitet Bertolucci nach dem gleichen Prinzip. Die Bilder sollen nicht alles offenbaren, der Keller wie eine unentdeckte Schatzkammer wirken. Bertolucci drehte auf Zelluloid, weil er die "unkontrollierbare Schärfe" des digitalen Films unerträglich fand, wie es im Presseheft heißt. "Ich und Du", der auf dem gleichnamigen Roman von Niccolò Ammaniti basiert, macht sich selbst klein, indem er so vage und fließend bleibt. Aber Bertoluccis psychologische Neugier und seine Fähigkeit, sie atmosphärisch umzusetzen, geben auch diesem Film das gewisse Etwas.
Fazit: Zwei einsame Halbgeschwister gehen in einem Keller für eine Woche in Klausur: Psychologisch reizvolles Kammerspiel von Bernardo Bertolucci, das der Fantasie Räume öffnet, aber vage bleibt.
Bianka Piringer
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Besetzung & Crew von "Ich und Du"
Land: ItalienWeitere Titel: Me and You
Jahr: 2012
Genre: Drama
Originaltitel: Io e te
Länge: 103 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 21.11.2013
Regie: Bernardo Bertolucci
Darsteller: Sonia Bergamasco, Tea Falco, Rodolfo Corsato, John Paul Rossi, Pippo Delbono
Kamera: Fabio Cianchetti
Verleih: Kool Filmdistribution, Die FILMAgentinnen
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