Jojo Rabbit (2019)
Lachen über Adolf: US-Kriegssatire, in der ein Hitlerjunge den Führer höchstselbst zum imaginären Freund hat.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 5 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Johannes "Jojo" Betzler (Roman Griffin Davis) ist ein Außenseiter. Im Trainingscamp der Hitlerjugend, das der desillusionierte Hauptmann Klenzendorf (Sam Rockwell) gemeinsam mit seinen Untergebenen Finkel (Alfie Allen) und Rahm (Rebel Wilson) in den letzten Kriegstagen leitet, haftet dem Zehnjährigen schnell der Ruf als Hasenfuß und passend dazu der Spitzname "Jojo Rabbit" an. Einzig auf seine Mutter Rosie (Scarlett Johansson) und seinen zweitbesten Freund Yorki (Archie Yates) ist Verlass. Jojos bester Freund ist indes ein imaginärer, Adolf Hitler (Taika Waititi), der Führer höchstpersönlich.
Weil Jojo aus dem Camp mit einer Verletzung heimkehrt, kann er nicht wie Yorki an die Front. Stattdessen erledigt er Botengänge für Klenzendorf oder hütet das Haus, in dem er eine ungeheuerliche Entdeckung macht. Seine Mutter versteckt eine ehemalige Mitschülerin seiner verstorbenen Schwester, die Jüdin Elsa (Thomasin McKenzie), hinter einer falschen Wand. Hin und hergerissen zwischen den idiotischen Ratschlägen seines imaginären Freundes und seinen Gefühlen für Elsa muss sich Jojo für eine Seite entscheiden.
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Filmkritik
An Komödien über den Nationalsozialismus scheiden sich die Geister. Darf gelacht werden, wo es eigentlich nichts zu lachen gibt? Jerry Lewis entschied sich dagegen und hielt seinen Film "The Day the Clown Cried" (1972) zeitlebens unter Verschluss. Während eine Tragikomödie wie Roberto Benignis "Das Leben ist schön" (1997) preisgekrönt, aber bei der Kritik höchst umstritten und eine Satire wie Dani Levys "Mein Führer" (2007) kapital gescheitert ist, zählen Charlie Chaplins "Der große Diktator" (1940) und Ernst Lubitschs "Sein oder Nichtsein" (1942) fraglos zu den bedeutendsten Werken der Filmgeschichte.
Nun wagt sich also auch Taika Waititi an dieses heikle Thema – und spielt Adolf Hitler gleich selbst. Auf den ersten Blick wirkt das befremdlich. Immerhin hat der Neuseeländer, der zuletzt Comic-Held Thor ein quietschbuntes Update verpasste, seinem Publikum bislang ausschließlich leichte Kost serviert. In Filmen wie "Boy" (2010), "5 Zimmer Küche Sarg" (2014) oder "Wo die wilden Menschen jagen" (2016) bewies Waititi allerdings sein großes Talent fürs Zwischenmenschliche und einen feinfühligen Umgang mit Nachwuchsdarstellern. Das gelingt ihm abermals grandios. "Jojo Rabbit" ist voll liebevoller Momente. Kleine humane Inseln in einem Meer aus Unmenschlichkeit. Als Sohn eines Maori und einer Jüdin versteht er seine Rolle vor der Kamera zudem als Kampfansage an alle Rassisten.
Schon 2012 hatte Waititi das Drehbuch für "Jojo Rabbit" fertig, das in der Branche seither heiß gehandelt wurde. Es basiert auf dem Roman "Caging Skies" der neuseeländisch-belgischen Schriftstellerin Christine Leunens. Waititi hat die Vorlage in eine kunterbunte Gagparade voller Wortwitz, Slapstick, Körper- und Situationskomik überführt. Die an Wahn und Zwangsneurosen grenzende Obrigkeitshörigkeit der Faschisten löst er in einer irren Szene auf, in der die handelnden Figuren innerhalb einer Minute 31-mal den Arm zum Hitlergruß recken. Und die Rassentheorie führt er in den Gesprächen und Gedankengängen seiner Hauptfigur ad absurdum. Durch die Augen eines Kindes sticht die Perfidität der Täter umso stärker ins Auge. Aber auch die Verführbarkeit der Jugend wird mit beiläufiger Leichtigkeit offengelegt.
Roman Griffin Davis liefert als am System zweifelnder Hitler-Junge eine beachtliche Leistung ab; ebenso Thomasin McKenzie, obwohl sie viele ihrer Passagen etwas zu exaltiert haucht. Stephen Merchant hat als Gestapo-Mann den einprägsamsten Kurzauftritt. Und Sam Rockwell spielt seinen Hauptmann mit umwerfendem Zaudern. Das Herz dieses Films ist jedoch Scarlett Johansson, die mit der perfekten Mischung aus "Mutter Courage", Mutterwitz und Mutterliebe brilliert – besonders in jener Szene, in der sie ihrem Sohn im spielerischen Wechsel nicht nur die fürsorgende Mutter, sondern auch den vermissten Vater gibt. In Momenten wie diesen beweist Waititi, dass er mehr als nur ein lustiger Zeitgenosse voll schrulliger Einfälle ist. Seine Inszenierung ist subtil und klug. Wenig später reicht ihm der Blick auf ein Detail, um das Grauen begreifbar zu machen.
Bei der internationalen Kritik stieß "Jojo Rabbit" auf ähnlich gemischte Reaktion wie seinerzeit "Das Leben ist schön". Bei den Zuschauern kommt er gut an. Beim Filmfestival in Toronto gab es den Publikumspreis. Und die Oscar-Academy bedachte die Kriegssatire mit sechs Nominierungen. Zu einem echten Klassiker wie "Der große Diktator" und "Sein oder Nichtsein" wird dieser Film trotzdem nicht werden. Dafür erinnert die Handlung stets einen Tick zu sehr an eine Sketch-Parade denn an eine geschlossene Geschichte. Und dafür wechselt die Tonlage im letzten Akt zweimal viel zu abrupt.
Fazit: Ein gutes Stück vom Klassikerstatus entfernt und nicht rundum gelungen, bietet Taika Waititis Weltkriegssatire dennoch ausreichend Anlass für Gelächter und zum Nachdenken. In seinen stärksten Momenten zieht "Jojo Rabbit" rassistische und faschistische Menschenbilder genüsslich durch den Kakao und führt deren Haltlosigkeit vor Augen. Das ganze Ausmaß der Nazi-Gräuel spart der Film allerdings aus. Dennoch ein gelungenes Plädoyer für mehr Menschlichkeit und eine couragierte Kampfansage an Hass und Diskriminierung.
Nun wagt sich also auch Taika Waititi an dieses heikle Thema – und spielt Adolf Hitler gleich selbst. Auf den ersten Blick wirkt das befremdlich. Immerhin hat der Neuseeländer, der zuletzt Comic-Held Thor ein quietschbuntes Update verpasste, seinem Publikum bislang ausschließlich leichte Kost serviert. In Filmen wie "Boy" (2010), "5 Zimmer Küche Sarg" (2014) oder "Wo die wilden Menschen jagen" (2016) bewies Waititi allerdings sein großes Talent fürs Zwischenmenschliche und einen feinfühligen Umgang mit Nachwuchsdarstellern. Das gelingt ihm abermals grandios. "Jojo Rabbit" ist voll liebevoller Momente. Kleine humane Inseln in einem Meer aus Unmenschlichkeit. Als Sohn eines Maori und einer Jüdin versteht er seine Rolle vor der Kamera zudem als Kampfansage an alle Rassisten.
Schon 2012 hatte Waititi das Drehbuch für "Jojo Rabbit" fertig, das in der Branche seither heiß gehandelt wurde. Es basiert auf dem Roman "Caging Skies" der neuseeländisch-belgischen Schriftstellerin Christine Leunens. Waititi hat die Vorlage in eine kunterbunte Gagparade voller Wortwitz, Slapstick, Körper- und Situationskomik überführt. Die an Wahn und Zwangsneurosen grenzende Obrigkeitshörigkeit der Faschisten löst er in einer irren Szene auf, in der die handelnden Figuren innerhalb einer Minute 31-mal den Arm zum Hitlergruß recken. Und die Rassentheorie führt er in den Gesprächen und Gedankengängen seiner Hauptfigur ad absurdum. Durch die Augen eines Kindes sticht die Perfidität der Täter umso stärker ins Auge. Aber auch die Verführbarkeit der Jugend wird mit beiläufiger Leichtigkeit offengelegt.
Roman Griffin Davis liefert als am System zweifelnder Hitler-Junge eine beachtliche Leistung ab; ebenso Thomasin McKenzie, obwohl sie viele ihrer Passagen etwas zu exaltiert haucht. Stephen Merchant hat als Gestapo-Mann den einprägsamsten Kurzauftritt. Und Sam Rockwell spielt seinen Hauptmann mit umwerfendem Zaudern. Das Herz dieses Films ist jedoch Scarlett Johansson, die mit der perfekten Mischung aus "Mutter Courage", Mutterwitz und Mutterliebe brilliert – besonders in jener Szene, in der sie ihrem Sohn im spielerischen Wechsel nicht nur die fürsorgende Mutter, sondern auch den vermissten Vater gibt. In Momenten wie diesen beweist Waititi, dass er mehr als nur ein lustiger Zeitgenosse voll schrulliger Einfälle ist. Seine Inszenierung ist subtil und klug. Wenig später reicht ihm der Blick auf ein Detail, um das Grauen begreifbar zu machen.
Bei der internationalen Kritik stieß "Jojo Rabbit" auf ähnlich gemischte Reaktion wie seinerzeit "Das Leben ist schön". Bei den Zuschauern kommt er gut an. Beim Filmfestival in Toronto gab es den Publikumspreis. Und die Oscar-Academy bedachte die Kriegssatire mit sechs Nominierungen. Zu einem echten Klassiker wie "Der große Diktator" und "Sein oder Nichtsein" wird dieser Film trotzdem nicht werden. Dafür erinnert die Handlung stets einen Tick zu sehr an eine Sketch-Parade denn an eine geschlossene Geschichte. Und dafür wechselt die Tonlage im letzten Akt zweimal viel zu abrupt.
Fazit: Ein gutes Stück vom Klassikerstatus entfernt und nicht rundum gelungen, bietet Taika Waititis Weltkriegssatire dennoch ausreichend Anlass für Gelächter und zum Nachdenken. In seinen stärksten Momenten zieht "Jojo Rabbit" rassistische und faschistische Menschenbilder genüsslich durch den Kakao und führt deren Haltlosigkeit vor Augen. Das ganze Ausmaß der Nazi-Gräuel spart der Film allerdings aus. Dennoch ein gelungenes Plädoyer für mehr Menschlichkeit und eine couragierte Kampfansage an Hass und Diskriminierung.
Falk Straub
FBW-Bewertung zu "Jojo Rabbit"Jurybegründung anzeigen
Der Film von Taika Waititi ist eine Anti-Kriegs-Satire. Und für ein deutsches Publikum ist es sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig zu sehen, wie sich hier ein neuseeländischer Drehbuchautor und Regisseur, basierend auf einer literarischen Vorlage, [...mehr]TrailerAlle "Jojo Rabbit"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Jojo Rabbit"
Land: USAJahr: 2019
Genre: Satire
Länge: 108 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 23.01.2020
Regie: Taika Waititi
Darsteller: Thomasin McKenzie als Elsa, Scarlett Johansson als Rosie, Taika Waititi als Adolf, Sam Rockwell als Captain Klenzendorf, Rebel Wilson als Fraulein Rahm
Kamera: Mihai Malaimare Jr.
Verleih: 20th Century Fox
Awards - Oscar 2020Weitere Infos
- Bestes adaptiertes Drehbuch - Taika Waititi
- Bester Film - Taika Waititi, Carthew Neal
- Beste Nebendarstellerin - Scarlett Johansson
- Bestes Szenenbild - Nora Sopková, Ra Vincent
- Bestes Kostümdesign - Mayes C. Rubeo
- Bester Schnitt - Tom Eagles
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