Das Schwein von Gaza (2011)
When Pigs Have Wings
Französische Satire: Der wenig erfolgreiche Fischer Jaffar lebt im Gaza-Streifen. Eines Tages findet der Unglücksrabe ein Schwein in seinem Netz. Nun hat er ein gewaltiges Problem, denn die jüdische und die palästinensische Bevölkerung Gazas sind sich zumindest in dieser einen Sache einig: Schweine sind unrein und mehr als unerwünscht. Also muss Jaffar das Tier los werden. Aber wie?Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Jaffar (Sasson Gabay) ist Fischer in Gaza und hat es wirklich nicht leicht, denn Fische gehen ihm selten ins Netz und wenn dann nur winzig kleine. Von den anderen Fischern wird er verlacht, auf dem Markt erntet er ebenfalls nur Spott und wenn er wieder mal mit leeren Händen heim kehrt, kauft ihm seine kluge Frau nicht eine einzige Ausrede ab. Zu allem Überfluss haben auf dem Dach seines Hauses auch noch zwei israelische Soldaten
ihre Wachposten bezogen. Und bald nimmt Jaffars Unglück ein noch viel größeres Ausmaß an, denn plötzlich findet er in seinem Netz ein großes, quiekendes Hängebauchschwein.
In der letzten stürmischen Nacht von einem fernöstlichen Frachter gefallen, versetzt das Tier den ahnungslosen Jaffar in Panik. Was soll er mit dem unreinen Vieh anfangen? Es will sich partout nicht von Bord locken lassen und auch der deutsche UN-Beamten Schauerland (Ulrich Tukur) hat kein Interesse an einem lebendigen Schwein. Sein Versuch, das Tier an Israelis zu verkaufen schlägt schon deswegen fehl, weil ein Fischer, der unreines Fleisch statt Fisch verkaufen will, gar nicht erst am Grenzposten vorbei gelassen wird. Schließlich besorgt ihm ein Freund eine Kalaschnikow, um das Schwein um die Ecke zu bringen - aber Jaffar bringt es nicht über sich, das unschuldige Tier zu erschießen. Schließlich geht er einen skurrilen aber nicht ganz ungefährlichen Handel ein, der seine klägliche Existenz verbessern soll...
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Filmkritik
In einem sind sich Palästinenser und Israelis einig: Schweine sind unrein und gehören verboten. Die perfide Grundidee der Satire "Das Schwein von Gaza" setzt nun genau an diesem Punkt an: Lasst einfach ein Schwein auf den Gaza-Streifen fallen!
Politisch akute Themen durch satirische Aufarbeitungen den Stecker der Brisanz zu ziehen, ist immer ein heikles Geschäft, gelingt Regisseur Estibal aber zu Beginn seines Films auf ganzer Linie. Geschickt schafft er es, das trostlose und vom Pech verfolgte Leben des Fischers Jafaar zu porträtieren und dessen Leben mit seiner Frau mit all ihren Problemen immer in den Vordergrund zu stellen. Dabei verliert Estibal das eigentliche Thema – den Kampf um den Gaza-Streifen – nie aus den Augen, behält es sich aber vor, die politische Seite des Films klar unterzuordnen und nur mit kleinen Seitenhieben zu illustrieren.
Im Mittelpunkt steht immer Jafaar, eingebettet in den brutalen Kampf im Nahen-Osten. So stechen besonders die zynischen Szenen hervor, die den Fischer täglich umgeben und den Reiz des Films und der Drehbuchidee ausmachen. Ob die Patrouille-Soldaten auf dem Dach oder die UN-Botschafter, die bei kleinsten Ungereimtheiten austicken: Sie sorgen für rabenschwarze Lacher im Publikum, bestimmen aber nicht das Geschehen. Denn es ist die Hauptfigur, die eine makabere Odyssee durchlaufen muss - umgeben von politischer Satire.
Durch kleine Nicklichkeiten, nebensächliche Fingerzeige oder humorvolle Schlagabtausche fehlt es dem Film vor allem zu Beginn nicht an - mitunter wüstem und brachialem - Humor. Beispielhaft ist der sonnige Morgen, in dem Jafaar den Vorhang seines Schlafzimmers zur Seite zieht und statt eines Fensters ein Einschussloch sichtbar macht.
Diese Szene macht die Essenz des Films zu Beginn deutlich: Das triste Leben des Fischers vor dem Hintergrund des Konflikts. Eine brisante Mischung, die durch das Erscheinen des Schweins weiter an Fahrt gewinnt. Denn auch wenn niemand – außer Gott wahrscheinlich – weiß, wie dieses Schwein in das Fischernetz geraten konnte, so stellt es das Leben des Fischers auf den Kopf und die politische Lage ad absurdum.
Auch wenn Estibal seinen kalten Zynismus nun runterschraubt und vor allem harmlose Witzchen über und mit dem Schwein installiert, bleibt der Film durchaus spannend, weil Sasson Gabai, der den von Gott bestraften Fischer spielt, seine Figur mit so viel Unsicherheit und Überlebenswillen, Wärme und Glücklosigkeit spielt, dass man ihn einfach gern haben muss. Ein Taugenichts, wie er im Buche steht.
Je mehr sich die Geschehnisse um Jafaar zuspitzen, desto mehr erhalten politische Thematiken Einzug in den Film. Der Fokus liegt zwar weiterhin auf seinem Hauptcharakter, weil sich aber die Anspielungen auf den Konflikt in trivialen Gags verlieren und kaum noch originell wirken, verliert "Das Schwein von Gaza" an Fahrt. So bleibt zwar Darsteller Gabai weiterhin omnipräsent - sein Bekennervideo zum Beispiel verbindet noch einmal gekonnt den trockenen Humor des Regisseurs mit einer schier makaberen Situation. Doch das bestehende Potenzial wird nicht mehr annährend so gut ausgereizt, wie zu Beginn des Films. So wirken viele Pointen unausgegoren, nicht zu Ende gedacht oder einfach nur platt. Besonders wenn der Film sein Finale einläutet, legt Estibal kein Zahn mehr zu, um der ganzen Satire die Krone aufzusetzen, sondern schwenkt in Richtung märchenhafte Friedensbotschaft. Die eigentliche Intention des Films geht damit verloren, eine neue, unpassende, kommt dazu und zerstört die humorvolle Stimmung. "Das Schwein von Gaza" muss dem Zuschauer überhaupt keine predigende Moral servieren, um ihn über die Sinnlosigkeit des religiösen Konflikts zu belehren. Seine bisherigen Pointen, seine Handlungsidee und sein Plotverlauf taten dies schon zu Genüge.
Fazit: Absurd in der Grundidee und doch so aussagekräftig in der satirischen Botschaft. Besonders zu Beginn reizt "Das Schwein von Gaza" sein Potenzial vollends aus, um es am Ende gegen eine zu gekünstelte Friedensbotschaft einzutauschen.
Politisch akute Themen durch satirische Aufarbeitungen den Stecker der Brisanz zu ziehen, ist immer ein heikles Geschäft, gelingt Regisseur Estibal aber zu Beginn seines Films auf ganzer Linie. Geschickt schafft er es, das trostlose und vom Pech verfolgte Leben des Fischers Jafaar zu porträtieren und dessen Leben mit seiner Frau mit all ihren Problemen immer in den Vordergrund zu stellen. Dabei verliert Estibal das eigentliche Thema – den Kampf um den Gaza-Streifen – nie aus den Augen, behält es sich aber vor, die politische Seite des Films klar unterzuordnen und nur mit kleinen Seitenhieben zu illustrieren.
Im Mittelpunkt steht immer Jafaar, eingebettet in den brutalen Kampf im Nahen-Osten. So stechen besonders die zynischen Szenen hervor, die den Fischer täglich umgeben und den Reiz des Films und der Drehbuchidee ausmachen. Ob die Patrouille-Soldaten auf dem Dach oder die UN-Botschafter, die bei kleinsten Ungereimtheiten austicken: Sie sorgen für rabenschwarze Lacher im Publikum, bestimmen aber nicht das Geschehen. Denn es ist die Hauptfigur, die eine makabere Odyssee durchlaufen muss - umgeben von politischer Satire.
Durch kleine Nicklichkeiten, nebensächliche Fingerzeige oder humorvolle Schlagabtausche fehlt es dem Film vor allem zu Beginn nicht an - mitunter wüstem und brachialem - Humor. Beispielhaft ist der sonnige Morgen, in dem Jafaar den Vorhang seines Schlafzimmers zur Seite zieht und statt eines Fensters ein Einschussloch sichtbar macht.
Diese Szene macht die Essenz des Films zu Beginn deutlich: Das triste Leben des Fischers vor dem Hintergrund des Konflikts. Eine brisante Mischung, die durch das Erscheinen des Schweins weiter an Fahrt gewinnt. Denn auch wenn niemand – außer Gott wahrscheinlich – weiß, wie dieses Schwein in das Fischernetz geraten konnte, so stellt es das Leben des Fischers auf den Kopf und die politische Lage ad absurdum.
Auch wenn Estibal seinen kalten Zynismus nun runterschraubt und vor allem harmlose Witzchen über und mit dem Schwein installiert, bleibt der Film durchaus spannend, weil Sasson Gabai, der den von Gott bestraften Fischer spielt, seine Figur mit so viel Unsicherheit und Überlebenswillen, Wärme und Glücklosigkeit spielt, dass man ihn einfach gern haben muss. Ein Taugenichts, wie er im Buche steht.
Je mehr sich die Geschehnisse um Jafaar zuspitzen, desto mehr erhalten politische Thematiken Einzug in den Film. Der Fokus liegt zwar weiterhin auf seinem Hauptcharakter, weil sich aber die Anspielungen auf den Konflikt in trivialen Gags verlieren und kaum noch originell wirken, verliert "Das Schwein von Gaza" an Fahrt. So bleibt zwar Darsteller Gabai weiterhin omnipräsent - sein Bekennervideo zum Beispiel verbindet noch einmal gekonnt den trockenen Humor des Regisseurs mit einer schier makaberen Situation. Doch das bestehende Potenzial wird nicht mehr annährend so gut ausgereizt, wie zu Beginn des Films. So wirken viele Pointen unausgegoren, nicht zu Ende gedacht oder einfach nur platt. Besonders wenn der Film sein Finale einläutet, legt Estibal kein Zahn mehr zu, um der ganzen Satire die Krone aufzusetzen, sondern schwenkt in Richtung märchenhafte Friedensbotschaft. Die eigentliche Intention des Films geht damit verloren, eine neue, unpassende, kommt dazu und zerstört die humorvolle Stimmung. "Das Schwein von Gaza" muss dem Zuschauer überhaupt keine predigende Moral servieren, um ihn über die Sinnlosigkeit des religiösen Konflikts zu belehren. Seine bisherigen Pointen, seine Handlungsidee und sein Plotverlauf taten dies schon zu Genüge.
Fazit: Absurd in der Grundidee und doch so aussagekräftig in der satirischen Botschaft. Besonders zu Beginn reizt "Das Schwein von Gaza" sein Potenzial vollends aus, um es am Ende gegen eine zu gekünstelte Friedensbotschaft einzutauschen.
Lucas Curstädt
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Besetzung & Crew von "Das Schwein von Gaza"
Land: FrankreichWeitere Titel: Cuando los Chanchos Vuelen; Le cochon de Gaza
Jahr: 2011
Genre: Satire
Originaltitel: When Pigs Have Wings
Länge: 98 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 02.08.2012
Regie: Sylvain Estibal
Darsteller: Gassan Abbas, Manuel Cauchi, Khalifa Natour, Lotfi Abdelli, Sasson Gabai
Kamera: Romain Winding
Verleih: Alamode Film, Die FILMAgentinnen