Der Aufsteiger (2011)
L'exercice de l'État
Belgisch-Französisches Drama: Nach einem schweren Reisebusunfall wittert Minister Sain-Jean seine Chance in den Politolymp aufzusteigen und reist mit seiner PR-Chefin zum Unfallort um Betroffenheit zu demonstrieren. Sein Plan geht auf und fortan reist er von einer Katastrophe zur nächsten...Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Bertrand Saint-Jean (Olivier Gourmet) ist Verkehrsminister und steht unter Dauerstress: Er hetzt von Presstermin zu Pressetermin, von PR-Auftritt zu PR-Auftritt. Seine Frau bekommt er nur noch selten zu Gesicht. Dennoch hat er es mit seinem jüngsten Projekt – der Privatisierung der Häfen – zum Shootingstar in der Polit- und Medienlandschaft gebracht. Eines Nachts wird er durch das Telefon auf dem Schlaf gerissen, da in den Ardennen ein Reisebus schwer verunglückt ist und es mehrere tote Jugendliche zu beklagen gibt. Sofort macht sich Saint-Jean mit seiner PR-Beraterin (Zabou Breitman) auf den Weg zum Unfallort, um der Presse Rede und Antwort zu stehen und sein Mitgefühl mit dem Opfern und Hinterbliebenen zum Ausdruck zu bringen. Saint-Jean erledigt die Aufgabe hochprofessionell, merkt aber, wie der Stress des politischen Lebens immer mehr an seinen Kräften zehrt. Auch wird ihm allmählich bewusst, dass er zwar 4000 Telefonnummern in seinem Handy gespeichert hat, sich darunter aber nicht eine einzige Nummer eines echten Freundes befindet. Hinzu kommt, dass sein alltägliches Leben und seine politische Arbeit zunehmend von Intrigen, Bauernopfern und Opportunismus bestimmt werden. Als Saint-Jean selbst Opfer eines Verkehrsunfalls wird, verändert sich sein Leben schlagartig.
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Filmkritik
Sieben Jahre lang hat Regisseur und Drehbuchautor Peirre Schoeller an seinem ebenso bissigen wie vielschichtigen Polit-Drama gearbeitet. "Der Aufsteiger" vermittelt ein stimmiges Bild vom (privaten wie beruflichen) Alltag eines nach Macht strebenden, erfolgreichen Politikers und dem allmählichen Zerfall der eigentlichen Ideale und Zielsetzungen. Der Film unterscheidet sich dabei aber deutlich von Polit-Dramen der jüngeren Zeit aus Hollywood ("Margin Call", "Ides of March"), die es sich bei der Einordnung in gute (Vaterlandsliebe, persönliche Ideale und Werte u.a.) und böse Kräfte (Machtstreben, Krieg, Gier u.a.) in der Politik doch sehr leicht machten – trotz gelungener Herangehensweisen an Themen wie Banken- und Finanzkrise oder dem Wahlkampf. "Der Aufsteiger" ist glaubwürdiger, seriöser und letztlich auch schonungsloser als die genannten Filme, bedarf aber auch einer gehörigen Motivation durch den Kinobesucher, sich auf die komplexe Thematik einzulassen.
"Der Aufsteiger" beginnt mit einer seltsamen Traumsequenz, die durchaus auch in einem David Lynch-Film gut aufgehoben gewesen wäre. Schwarz verhüllte Mönche bereiten sich im Elyseé-Palast – der als Sitz des französischen Präsidenten als Sinnbild für das Zentrum von Macht und Politik steht – auf eine ganz spezielle Zeremonie vor: eine nackte Schönheit kriecht auf allen Vieren in den weit geöffneten Schlund eines riesigen Krokodils und verschwindet bald ganz darin. Diese Eröffnungsszene nimmt bereits die Quintessenz des ganzen Films vorweg, die besagt, dass sich "nackte" Politiker, die all ihre Leitbilder und Ziele wie Kleider abgestreift haben, langsam aber unaufhörlich in den Schlund von Macht und Gier begeben. So auch Saint-Jean, der im Film zunächst als fleißiger, ehrbarer Politiker erscheint, der alle Termine und Auftritte (wie z.B. sein Auftreten vor der versammelten Medienmeute nach dem Busunfall) professionell hinter sich bringt und das politische Leben mit all seinen Herausforderungen tadellos und scheinbar mit links meistert.
Olivier Gourmet ist die Idealbesetzung für den Polit-Star Bertrand Saint-Jean. Er hat Charisma und Charme und strahlt eine große Gelassenheit und Ruhe aus, die ihm im stressigen und schnelllebigen Polit-Geschäft immer wieder zugute kommen. Eine weitere wichtige Rolle übernimmt Sylvain Deblé als Langzeitarbeitsloser Martin, der durch eine PR-Maßnahme die Chance erhält, für einige Zeit als Fahrer für den Verkehrsminister zu arbeiten. Die Beziehung zwischen dem hochrangigen Politiker und dem einfachen Bürger steht wiederum sinnbildlich für das Verhältnis und die mitunter schwierige Beziehung zwischen Politik und Bürgertum. Ebenso, wie die Kommunikation zwischen Saint-Jean und Martin nur zögerlich und eher steif und angespannt von statten geht, so kompliziert ist ganz allgemein auch die Beziehung zwischen eben diesen beiden "Kräften" Politik und Volk. "Der Aufsteiger" ist aber auch ein Film, der seine Zuschauer auffordert Mitzudenken und den Versuch zu unternehmen, die unzähligen Metaphern und Sinnbilder (für die Realität) zu erkennen und zu hinterfragen. Insofern eignet sich der Film vor allem für Fans von intelligenten, hintersinnigen Filmen über politische Inhalte, die eher komplex als leicht verständlich und zugänglich angelegt sind.
Fazit: "Der Aufsteiger" versteht sich als ebenso intelligenter wie komplexer Blick in die Hinterzimmer der politischen Entscheider.
"Der Aufsteiger" beginnt mit einer seltsamen Traumsequenz, die durchaus auch in einem David Lynch-Film gut aufgehoben gewesen wäre. Schwarz verhüllte Mönche bereiten sich im Elyseé-Palast – der als Sitz des französischen Präsidenten als Sinnbild für das Zentrum von Macht und Politik steht – auf eine ganz spezielle Zeremonie vor: eine nackte Schönheit kriecht auf allen Vieren in den weit geöffneten Schlund eines riesigen Krokodils und verschwindet bald ganz darin. Diese Eröffnungsszene nimmt bereits die Quintessenz des ganzen Films vorweg, die besagt, dass sich "nackte" Politiker, die all ihre Leitbilder und Ziele wie Kleider abgestreift haben, langsam aber unaufhörlich in den Schlund von Macht und Gier begeben. So auch Saint-Jean, der im Film zunächst als fleißiger, ehrbarer Politiker erscheint, der alle Termine und Auftritte (wie z.B. sein Auftreten vor der versammelten Medienmeute nach dem Busunfall) professionell hinter sich bringt und das politische Leben mit all seinen Herausforderungen tadellos und scheinbar mit links meistert.
Olivier Gourmet ist die Idealbesetzung für den Polit-Star Bertrand Saint-Jean. Er hat Charisma und Charme und strahlt eine große Gelassenheit und Ruhe aus, die ihm im stressigen und schnelllebigen Polit-Geschäft immer wieder zugute kommen. Eine weitere wichtige Rolle übernimmt Sylvain Deblé als Langzeitarbeitsloser Martin, der durch eine PR-Maßnahme die Chance erhält, für einige Zeit als Fahrer für den Verkehrsminister zu arbeiten. Die Beziehung zwischen dem hochrangigen Politiker und dem einfachen Bürger steht wiederum sinnbildlich für das Verhältnis und die mitunter schwierige Beziehung zwischen Politik und Bürgertum. Ebenso, wie die Kommunikation zwischen Saint-Jean und Martin nur zögerlich und eher steif und angespannt von statten geht, so kompliziert ist ganz allgemein auch die Beziehung zwischen eben diesen beiden "Kräften" Politik und Volk. "Der Aufsteiger" ist aber auch ein Film, der seine Zuschauer auffordert Mitzudenken und den Versuch zu unternehmen, die unzähligen Metaphern und Sinnbilder (für die Realität) zu erkennen und zu hinterfragen. Insofern eignet sich der Film vor allem für Fans von intelligenten, hintersinnigen Filmen über politische Inhalte, die eher komplex als leicht verständlich und zugänglich angelegt sind.
Fazit: "Der Aufsteiger" versteht sich als ebenso intelligenter wie komplexer Blick in die Hinterzimmer der politischen Entscheider.
Björn Schneider
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Besetzung & Crew von "Der Aufsteiger"
Land: Frankreich, BelgienJahr: 2011
Genre: Drama
Originaltitel: L'exercice de l'État
Länge: 115 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 22.11.2012
Regie: Pierre Schöller
Darsteller: Gaëtan Vassart, Scali Delpeyrat, Olivier Gourmet, Arly Jover, Zabou Breitman
Kamera: Julien Hirsch
Verleih: Kool Filmdistribution, Die FILMAgentinnen