Hannah Arendt (2011)
Deutsches Drama: Im Jahr 1961 geht die in Hannover geborene und nach Amerika emigrierte jüdische Philosophin Hannah Arendt nach Jerusalem, um dort für den "New Yorker" von dem Prozess gegen Adolf Eichmann zu berichten. Ihre Analyse dieser Verhandlung und ihre Überlegungen über die "Banalität des Bösen" stoßen in der Öffentlichkeit auf erheblichen Widerstand...User-Film-Bewertung :Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Hannah Arendt lebt mit ihrem Mann Heinrich (Axel Milberg) Anfang der Sechziger schon seit 20 Jahren im amerikanischen Exil. Ihre New Yorker Wohnung ist Treffpunkt immigrierter jüdischer Intellektueller, die sich um die Aufarbeitung der Shoa bemühen. Die überraschende Nachricht von der Ergreifung des NS-Kriegsverbrechers Adolf Eichmann elektrisiert die Totalitarismusforscherin, die schon mehrfach über den deutschen Faschismus publiziert hat.
Im April 1961 reist sie nach Jerusalem, um für den renommierten The New Yorker über den Prozess gegen Adolf Eichmann zu berichten. Eichmann, vom israelischen Mossad in Argentinien gefangen genommen, war im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zuständig für die Organisation der europaweiten Deportation und somit mitverantwortlich für den Mord an sechs Millionen Juden in den Konzentrationslagern. Als Hannah Arendt ihre Artikel-Serie veröffentlicht, löst sie weltweit eine Welle der Entrüstung aus. Sie sieht in Eichmann nicht das Monster, für das die Weltöffentlichkeit ihn hält, sondern erkennt in ihm einen Schreibtischtäter, der seine Aufgabe bestmöglich erfüllen wollte und sich keiner Schuld bewusst ist, da er Befehle von oben gehorsam befolgte - Eichmann verkörpert für sie die "Banalität des Bösen".
Die Reaktionen sind verheerend und niederschmetternd. Hannah Arendt wird geächtet, angefeindet, verliert lebenslange Freunde. Das Unverständnis einiger ihrer Freunde trifft sie hart, weniger die Hetzkampagnen, die zahlreiche Medien entfachen. Dennoch bleibt sie konsequent bei ihrer Haltung, sie kämpft und scheut keine Auseinandersetzung, wenn es um für sie so wichtige Themen wie Totalitarismus und Macht geht. Denn sie will verstehen. Auch wenn das bedeutet, "dahin zu denken, wo es weh tut".
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Filmkritik
Im Mittelpunkt von Margarethe von Trottas Film "Hannah Arendt" steht das Denken – und das ist filmisch nicht leicht einzufangen. Daher sind oft lange Aufnahmen von Hannah Arendt (Barbara Sukowa) zu sehen, wie sie nachdenklich aus dem Fenster blickt oder auf ihrem Sofa liegt und sich eine ihrer unzähligen Zigaretten ansteckt. Diese Bewegung, mit der sie die Zigarette in den Mund führt, zum Feuerzeug greift und sie anzündet, wird fast zu einer Bebilderung ihres Denkens. Dabei gelingt es Margarethe von Trotta zwar, sich den Gedanken Hannah Arendts anzunähern, inszenatorisch bleibt ihr Film aber altbacken.
Als Hannah Arendt im Jahr 1961 nach Jerusalem geht, um von dem Eichmann-Prozess zu berichten, will sie sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, diesem Mann gegenüberzustehen. Während des Prozesses ist sie dann vor allem von der Mittelmäßigkeit Eichmanns erstaunt. Vor ihr sitzt nicht das personifizierte Böse, sondern ein Technokrat, der sich der Argumentation bedient, er habe lediglich Befehle befolgt. Ihm dient der Treueschwur als Rechtfertigung für seine Taten, Gehorsamkeit ist für ihn eine Frage der Ehre. Die montierten Originalaufnahmen des Prozesses machen Hannah Arendts Interpretationen und Überlegungen nachvollziehbar – und sie gehören zu den Höhepunkten des Films.
Nach ihrer Rückkehr kämpft sie in New York mit dem Material zu dem Prozess und entwickelt ihre These von der "Banalität des Bösen". Sie führt aus, dass das Böse im Nationalsozialismus eine neue Dimension erreicht hat, weil nicht mehr ein einzelner Mensch etwas Böses tat, sondern ein abstraktes System den Einzelnen entmenschlicht und ihn zu einem Teil einer Vernichtungsmaschinerie gemacht hat. Moral und Denken sind hier abwesend. Daher gibt es gegen das Böse nur ein Mittel: das kritische Denken. Und dazu gehört, dass man sich der Wahrheit mit allen Konsequenzen verpflichtet und durch eine Analyse der Wirklichkeit zu Schlüssen kommt. Deshalb kritisiert Hannah Arendt auch die von den Nationalsozialisten eingesetzten "Judenräte" und ihre Rolle innerhalb dieses Systems. Ihre Artikel im New Yorker rufen Anfeindungen, Beschimpfungen und Bedrohungen hervor, und Hannah Arendt verliert langjährige Freunde. Aber sie hält an ihrem Denken fest – und auch der Film belässt es bei ihrer Sichtweise.
In den Teilen, in denen sich Margarethe von Trotta den politisch-philosophischen Fragestellungen und Ideen Hannah Arendts widmet, ist der Film überzeugend und hochspannend. Dazwischen sind aber Szenen ihres Privatlebens montiert, die unter gestelzten Dialogen und einer theaterhaften Inszenierung leiden. Die Sätze, die Hannah Arendt mit ihrem Mann Heinrich Blücher (Axel Milberg), ihrer Freundin Mary McCarthy (Janet McTeer) und ihrer Sekretärin Lotte Köhler (Julia Jentsch) austauscht, sind leblos und künstlich. Auch die eingestreuten Erinnerungssequenzen, die eine junge Hannah Arendt mit ihrem Mentor und Geliebten Martin Heidegger (Klaus Pohl) zeigen, bleiben fremd. Diese Abschweifungen lenken von dem eigentlichen Kern des Films ab und erwecken den Eindruck, sie sollen ihn angesichts der von Barbara Sukowa gut gespielten, aber sperrigen Hauptfigur aufweichen.
Fazit: "Hannah Arendt" ist ein eindrucksvolles Porträt einer starken Frau des 20. Jahrhunderts, das unter einer behäbigen Inszenierung und leblosen Dialogen leidet.
Als Hannah Arendt im Jahr 1961 nach Jerusalem geht, um von dem Eichmann-Prozess zu berichten, will sie sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, diesem Mann gegenüberzustehen. Während des Prozesses ist sie dann vor allem von der Mittelmäßigkeit Eichmanns erstaunt. Vor ihr sitzt nicht das personifizierte Böse, sondern ein Technokrat, der sich der Argumentation bedient, er habe lediglich Befehle befolgt. Ihm dient der Treueschwur als Rechtfertigung für seine Taten, Gehorsamkeit ist für ihn eine Frage der Ehre. Die montierten Originalaufnahmen des Prozesses machen Hannah Arendts Interpretationen und Überlegungen nachvollziehbar – und sie gehören zu den Höhepunkten des Films.
Nach ihrer Rückkehr kämpft sie in New York mit dem Material zu dem Prozess und entwickelt ihre These von der "Banalität des Bösen". Sie führt aus, dass das Böse im Nationalsozialismus eine neue Dimension erreicht hat, weil nicht mehr ein einzelner Mensch etwas Böses tat, sondern ein abstraktes System den Einzelnen entmenschlicht und ihn zu einem Teil einer Vernichtungsmaschinerie gemacht hat. Moral und Denken sind hier abwesend. Daher gibt es gegen das Böse nur ein Mittel: das kritische Denken. Und dazu gehört, dass man sich der Wahrheit mit allen Konsequenzen verpflichtet und durch eine Analyse der Wirklichkeit zu Schlüssen kommt. Deshalb kritisiert Hannah Arendt auch die von den Nationalsozialisten eingesetzten "Judenräte" und ihre Rolle innerhalb dieses Systems. Ihre Artikel im New Yorker rufen Anfeindungen, Beschimpfungen und Bedrohungen hervor, und Hannah Arendt verliert langjährige Freunde. Aber sie hält an ihrem Denken fest – und auch der Film belässt es bei ihrer Sichtweise.
In den Teilen, in denen sich Margarethe von Trotta den politisch-philosophischen Fragestellungen und Ideen Hannah Arendts widmet, ist der Film überzeugend und hochspannend. Dazwischen sind aber Szenen ihres Privatlebens montiert, die unter gestelzten Dialogen und einer theaterhaften Inszenierung leiden. Die Sätze, die Hannah Arendt mit ihrem Mann Heinrich Blücher (Axel Milberg), ihrer Freundin Mary McCarthy (Janet McTeer) und ihrer Sekretärin Lotte Köhler (Julia Jentsch) austauscht, sind leblos und künstlich. Auch die eingestreuten Erinnerungssequenzen, die eine junge Hannah Arendt mit ihrem Mentor und Geliebten Martin Heidegger (Klaus Pohl) zeigen, bleiben fremd. Diese Abschweifungen lenken von dem eigentlichen Kern des Films ab und erwecken den Eindruck, sie sollen ihn angesichts der von Barbara Sukowa gut gespielten, aber sperrigen Hauptfigur aufweichen.
Fazit: "Hannah Arendt" ist ein eindrucksvolles Porträt einer starken Frau des 20. Jahrhunderts, das unter einer behäbigen Inszenierung und leblosen Dialogen leidet.
Redaktion
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Besetzung & Crew von "Hannah Arendt"
Land: DeutschlandJahr: 2011
Genre: Drama, Biopic
Länge: 113 Minuten
FSK: 6
Kinostart: 10.01.2013
Regie: Margarethe von Trotta
Darsteller: Michael Degen, Janet McTeer, Klaus Pohl, Ulrich Noethen, Julia Jentsch
Kamera: Caroline Champetier
Verleih: NFP marketing & distribution, Filmwelt
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Arte zeigt "Hannah Arendt"
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