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FBW-Bewertung: Agnes (2015)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Johannes Schmids Film ist eine Variation der selbstreflexiven Erzählung, d. h. es gibt mehrere Erzählebenen, mittels derer das Erzählen selbst thematisiert wird. Der Sachbuchautor Walter lernt die Physikstudentin Agnes kennen und beginnt danach eine Erzählung zu schreiben, in der es um seine Begegnung mit Agnes geht. Zunächst kommt es zu Abweichungen zwischen den als real erscheinenden Ereignissen und Walters Erzählung. Diese nehmen zu, bis der Film sogar klare metaleptische Züge annimmt, d. h. narrative Transgressionen vollführt, die im Zuschauer Ungewissheit über den Status der Erzählung erzeugen. Dieses Spiel mit Realität und Fiktion gelingt dem Film auf beeindruckende Weise, ohne dabei zu verkopft zu geraten. Natürlich könnte man einwenden, dass wieder einmal eine Frau das Mysterium ist, von dem der Mann fasziniert erzählt und es ließe sich auch durchaus einwenden, dass der von Stephan Kampwirth gespielte Schriftsteller nicht zwingend eine hochinteressante Figur ist, während Agnes facettenreich charakterisiert wird und von Odine Johne kongenial und furios verkörpert wird. Doch das tut dem Film nur bedingt einen Abbruch.
Das liegt auch daran, dass AGNES insgesamt ein klar erkennbaresästhetisches Gesamtkonzept erkennen lässt. Die Großstadt wird durch die subtile Beleuchtung und die dichte Rauminszenierung zu einem urbanen Raum des Unbehaustseins, in dem sich die Liebesgeschichte abspielt wie in einer Parallelwelt. Diese Boy-Meets-Girl-Geschichte ist behutsam inszeniert, wie auch die Szenen körperlicher Liebe, in denen ästhetisch anspruchsvoll mit Kaschierungen gearbeitet wird, so dass sie nicht voyeuristisch geraten. Kamera und Montage sind trotz des klar erkennbaren Stilwillens unaufdringlich und weisen ein hervorragendes Timing auf, das stellenweise auch mit Überraschungen aufwarten kann, also von Konventionen gewinnbringend abzuweichen versteht. Solche Momente, in denen etwa die Montage gezielt auffällig eingesetzt wird, wirken aber ebenfalls nicht aufdringlich. AGNES ist ein ästhetisch homogenes und erzählerisch raffiniertes Verwirrspiel, das zum wiederholten Schauen einlädt.




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