Schnee von gestern (2013)
Farewell, Herr Schwarz
Deutsch-Israelisch Dokumentarfilm über eine Israelin, die ihr bis dahin völlig unbekannte deutsche Verwandte besucht - die selbst erst kurz vor dem Treffen von ihrem israelischen Familienzweig erfuhren...Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 5 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Von ihrer Großmutter bekam die israelische Filmemacherin Yael Reuveny als Kind immer wieder die gleiche Geschichte erzählt. Der Krieg und die Deportationen hatten die junge Jüdin Michla Schwarz aus Vilnius von ihrem geliebten Bruder Feiv'ke getrennt. Sie überlebte den Holocaust und kam 1945 in die polnische Stadt Lodz, wo sie den Bruder um ein Haar wiedergesehen hätte. Aber das erhoffte Treffen fand nicht statt, Michla wartete vergeblich am Bahnhof. Sie zog nach Israel und glaubte fortan, der Bruder sei umgekommen. So hatte man es ihr erzählt.
Aber er lebte – in der deutschen Stadt Schlieben, wo er Häftling eines KZ-Außenlagers gewesen war. Dort in der DDR nahm Feiv'ke den Namen Peter Schwarz an, heiratete eine Deutsche und bekam drei Kinder. Er erzählte ihnen nichts aus seiner Vergangenheit und von seiner Schwester. 1995 nimmt Feiv'kes Sohn Uwe Kontakt mit seiner israelischen Cousine, Yael Reuvenys Mutter, auf, nachdem er die Unterlagen seines toten Vaters gesichtet hat. Es soll noch mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis Uwe Besuch aus Israel bekommt: Yael fährt nach Deutschland, um der Geschichte der getrennten Geschwister auf den Grund zu gehen, die auch ein Teil ihrer eigenen Kindheit wurde.
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Filmkritik
Der Dokumentarfilm von Yael Reuveni schildert die unglaubliche Geschichte ihrer eigenen Familie. Wie so oft, sind es auch hier erst die Enkel der Kriegsgeneration, die nachforschen, Fragen stellen. Die Kinder der jüdischen Opfer und der deutschen Täter sind mit dem Schweigen ihrer Eltern aufgewachsen, haben verinnerlicht, dass diese nicht zurückblicken wollen. Auch Yael spürt Beklemmung, als sie in Schlieben mit den deutschen Angehörigen und den Nachbarn von Feiv'ke Schwarz spricht. Wie er sich ausgerechnet dort, wo er KZ-Häftling war, niederlassen konnte und warum er mit keinem über seine jüdische Herkunft sprach, schockiert sie. Yael erkennt, dass sich das Rätsel dieser Geschichte zweier getrennter Geschwister nicht vollständig lösen lässt.
Aber die Dokumentation mündet auch in eine tröstliche Erkenntnis: Michlas Enkelin und Feiv'kes Enkel Stephan schlagen neue Brücken. Yael beschließt, in Deutschland zu leben, Stephan befasst sich intensiv mit hebräischer Geschichte und Religion und fährt nach Israel. Der Filmschnitt erzeugt mit dem ständigen Wechsel der Schauplätze in Deutschland und Israel, der den tiefen Riss in dieser Familie verdeutlicht, eine lebhafte Spannung. Visuell stehen die Stationen aus dem Leben von Michla und Feiv'ke im Zentrum: Yael besucht sogar deren Elternhaus in Vilnius. Schrittweise, im Austausch mit den bislang unbekannten Angehörigen und der eigenen Mutter, füllen sich Lücken in ihrer Vorstellung. Die Stationen von Yaels Reisen spiegeln das Prozesshafte dieser Vergangenheitsbewältigung. Yael muss oft innehalten, das Gesehene, Gehörte mühsam verdauen, mit den eigenen Gefühlen haushalten. Dann lenken scheinbar belanglose Aufnahmen von Straßen oder vom Alltag daheim den Blick des Zuschauers nach innen. Yael nimmt das Publikum als Off-Erzählerin mit auf die Reise ihrer Gedanken: vom Trauma der Großmutter über die Trauer hin zu einem geweiteten Blick, der Hinwendung zu Neuem. Der Dokumentarfilm ist ein beeindruckender Beleg dafür, dass Geschichte in Familien erlitten und weitergegeben wird. Nicht selten gelingt es erst den Enkeln, sich intensiv damit zu befassen, worüber die Überlebenden des Holocaust nicht sprechen konnten.
Fazit: Die israelische Enkelin einer Holocaust-Überlebenden lernt in Deutschland einen unbekannten Zweig ihrer Familie kennen. Der bewegende Dokumentarfilm begleitet den Prozess dieser schmerzlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die mit innerem Wachstum belohnt wird.
Aber die Dokumentation mündet auch in eine tröstliche Erkenntnis: Michlas Enkelin und Feiv'kes Enkel Stephan schlagen neue Brücken. Yael beschließt, in Deutschland zu leben, Stephan befasst sich intensiv mit hebräischer Geschichte und Religion und fährt nach Israel. Der Filmschnitt erzeugt mit dem ständigen Wechsel der Schauplätze in Deutschland und Israel, der den tiefen Riss in dieser Familie verdeutlicht, eine lebhafte Spannung. Visuell stehen die Stationen aus dem Leben von Michla und Feiv'ke im Zentrum: Yael besucht sogar deren Elternhaus in Vilnius. Schrittweise, im Austausch mit den bislang unbekannten Angehörigen und der eigenen Mutter, füllen sich Lücken in ihrer Vorstellung. Die Stationen von Yaels Reisen spiegeln das Prozesshafte dieser Vergangenheitsbewältigung. Yael muss oft innehalten, das Gesehene, Gehörte mühsam verdauen, mit den eigenen Gefühlen haushalten. Dann lenken scheinbar belanglose Aufnahmen von Straßen oder vom Alltag daheim den Blick des Zuschauers nach innen. Yael nimmt das Publikum als Off-Erzählerin mit auf die Reise ihrer Gedanken: vom Trauma der Großmutter über die Trauer hin zu einem geweiteten Blick, der Hinwendung zu Neuem. Der Dokumentarfilm ist ein beeindruckender Beleg dafür, dass Geschichte in Familien erlitten und weitergegeben wird. Nicht selten gelingt es erst den Enkeln, sich intensiv damit zu befassen, worüber die Überlebenden des Holocaust nicht sprechen konnten.
Fazit: Die israelische Enkelin einer Holocaust-Überlebenden lernt in Deutschland einen unbekannten Zweig ihrer Familie kennen. Der bewegende Dokumentarfilm begleitet den Prozess dieser schmerzlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die mit innerem Wachstum belohnt wird.
Bianka Piringer
FBW-Bewertung zu "Schnee von gestern"Jurybegründung anzeigen
Yael Reuvenys Dokumentarfilm beginnt mit einem Interview ihrer Eltern. Sie können es nicht verstehen, warum ihre Tochter ausgerechnet nach Deutschland gegangen ist. Und wenn sie schon in Deutschland lebt, warum sie dieses Land ihre Heimat nennt. [...mehr]TrailerAlle "Schnee von gestern"-Trailer anzeigen
Besetzung & Crew von "Schnee von gestern"
Land: Deutschland, IsraelJahr: 2013
Genre: Dokumentation
Originaltitel: Farewell, Herr Schwarz
Länge: 96 Minuten
FSK: 0
Kinostart: 10.04.2014
Regie: Yael Reuveny
Kamera: Andreas Köhler
Verleih: Film Kino Text, Die FILMAgentinnen
Zusatzinformation
HAIFA International Film Festival 2013 * BESTER DOKUMENTARFILMDok Leipzig 2013 * DEFA PREIS BESTER DOKUMENTARFILM
FilmFestival Cottbus 2013 * DIALOG PREIS
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