Julia (2007)
Alkohol, Gelegenheitsjobs und One-Night-Stands bestimmen Julias Leben, bis sie aus Verzweiflung und Geldnot eine Gewalttat begeht, die ihre Einstellung zum Leben verändern wirdKritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Julia (Tilda Swinton) ist Alkoholikerin und eine notorische Lügnerin. Sie manipuliert ihr Umfeld, ist unzuverlässig und fällt auf. Zwischen Vodkas und One-Night-Stands hält sie sich gerade so über Wasser.
Während Julia zunehmend vereinsamt, steht ihr nur noch Freund Mitch helfend zur Seite. Doch als Julias Verwirrung durch den Alkoholkonsum zunimmt, weist sie auch ihn zurück und kommt mehr und mehr zu der Überzeugung, dass das Leben ihr übel mitgespielt hat und sie selbst nicht verantwortlich ist für die missliche Lage, in der sie sich befindet.
Die Vorahnung des nahenden Elends und die Begegnung mit einer jungen Mexikanerin treiben sie schließlich zu einer Gewalttat, die sie aus Angst, Verzweiflung und Geldnot begeht.
Im Verlauf der Geschichte geht Julias Reise kopfüber auf Kollisionskurs, aber schließlich schafft sie es doch noch, sich gegen den Tod und für das Leben zu entscheiden.
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Filmkritik
"Julia" ist ein diffuser Genremix, der sich zu sehr auf
seiner wunderbaren Hauptdarstellerin ausruht – aber gleichzeitig dank Tilda
Swinton unbedingt sehenswert ist. Sie schmeißt sich als beklemmend verlebte Alkoholikerin
in die Story und irritiert mit einer unbequemen Mischung aus Brachialegoismus und
fast null Selbstachtung, gepaart mit nervöser, nimmermüder Energie.
Durch ihre imposante, 1,79m hohe karg
keltische Erscheinung ist die Nachfahrin einer schottischen Dynastie, die sich
bis ins Mittelalter zurückverfolgen lässt, schwer zu besetzen. Erst in den
letzten Jahren brach sie zum Mainstream durch – als finstere Eishexe im
Fantasyabenteuer "Der König von Narnia" und als eiskalte Anwältin im
Gewissensdrama "Michael Clayton", wofür sie mit einem Oscar für die Beste Nebendarstellerin ausgezeichnet wurde.
Ihre erstaunliche Bandbreite zeigte sie indes viel früher – etwa als
majestätisch-ätherisches Zwitterwesen in "Orlando" (1992) oder als schäbiges Eheheimchen mit
Triebstau in "Young Adam" (2003).
Mit
inzwischen 47 Jahren mimt Tilda Swinton nun als erste tragende Bigger Budget-Rolle eine
heruntergekommene, alkoholabhängige Mittelklasseamerikanerin um die 40. Was
hoffentlich der Beginn einer grandiosen, zweiten Karriere ist, denn "Julia"
kränkelt an Problemen, die mit Tilda nichts zu tun haben. Das Drehbuch lässt
sie nämlich wieder und wieder das nächstliegend Dümmste tun, was auf Dauer
ermüdet – während sie Zivilpolizisten selbst im Suff vermeidet, geht Julia dann
mexikanischen Kidnappern in die Falle…
Die Story rotiert um eine unerschrockene, hastig sprechende Alkoholikerin, die nichts mehr zu
verlieren hat. Lügen fallen ihr leicht, und ihre verwitternde Schönheit fällt
der Art von unerfreulichen, erniedrigenden One-Night-Stands zum Opfer, an die
sie sich am nächsten Morgen nicht erinnern kann. Jeden Tag beginnt sie als
Wrack. Sie wird gefeuert. Zu einem Treffen der Anonymen Alkoholiker wird Julia
durch einen in sie verliebten Freund gezwungen, dem sie Geld schuldet.
Dort lernt Julia Elena, ihre Nachbarin,
kennen: Eine mexikanische Einwanderin, die offensichtlich noch mehr der
zwanghaften Selbsttäuschung erlegen ist, als Julia selbst. Was sie zunächst
nicht wahrnehmen will, dann aber als Rettungsanker nutzt – ihr wird nämlich
plötzlich bewusst, dass sie langsam aber stetig den unaufhörlichen Weg nach unten eingeschlagen
hat. Statt gemeinsam mit Elena deren Sohn Tom zu "befreien", entführt Julia ihn; in der irrigen Annahme eines leicht
abzusahnenden reichen Lösegelds, als egoistische Variante von Nick Cassavetes' "Gloria". Wohlgemerkt, als äußerst selbstsüchtige
Variante, die sich nie zum Gutmenschen wandelt.
Tatsächlich geht Julia recht skrupellos
mit dem Jungen um, während Tom instinktiv weiß, dass er der gruseligen
Alkoholikerin nicht trauen kann, die sogar nüchtern beängstigend ist. Allerdings
ähnelt das Kind Julia. Es ist nämlich schwer berechenbar. Als sie sich – in vermeintlicher Sicherheit
wiegend – ihm annähert, dreht sich die Konstellation dann ins Verzerrte,
Spiegelverkehrte: Der Junge wird ihr weggenommen. Was sie dann auch wieder
nicht zulassen kann…
Leider findet die Tour de Force dann schließlich nach etwa
zwanzig Minuten "Amores Perros" für Arme ein abrupt holpriges Ende. Schade,
denn wenn man sich schon darauf einlässt, Julia durch ihre immerhin konsequente
Kurzschlusskette 138 Minuten hinterher zu zappeln und wanken, sollte ein etwas stimmigerer
Schluss durchaus möglich sein.
Nach
der Berlinale-Premiere erntete "Julia" tatsächlich durchweg Lob von Franzosen und Tadel von Amerikanern. Was sicherlich an der fehlenden moralischen
Messlatte für Julias Brachialegoismus liegt: Warum sie Alkoholikerin wurde, ist
egal. Auch hat sie keineswegs vor, nüchtern zu werden. Vor allem aber entpuppt sie
sich nicht plötzlich als Supernanny. Die Annäherung an den ebenso sperrigen
Jungen kann schlicht als Gewöhnung, kombiniert mit automatischer Nähe durch die
exotische, fremdsprachige Umgebung gewertet werden. Julia lässt sich eben nicht
läutern.
Lässt
man sich als Zuschauer darauf ein, erlebt man über zwei Stunden lang Tilda in
Hochform. Falls nicht, erspart man sich immerhin wackelige Handlungslücken und
ein selten unbefriedigendes Ende.
Sira Brand
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Besetzung & Crew von "Julia"
Land: FrankreichJahr: 2007
Genre: Drama, Krimi, Roadmovie
Länge: 138 Minuten
Kinostart: 19.06.2008
Regie: Erick Zonca
Darsteller: Aidan Gould, Kate del Castillo, Jude Cicolella, Saul Rubineck, Kevin Kilner
Kamera: Yorick Le Saux
Verleih: Kinowelt
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