Der Brief des Kosmonauten (2002)
Ein 10 Jahre alter Aussiedlerjunge trifft in Deutschland auf einen illegal hier lebenden Russen. Deutsches Drama, das poetisch und universell sein möchte, stattdessen aber langweilig und hölzern ist...Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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In der weiten Landschaft der sibirischen Steppen lebt die deutschstämmige Familie Wormsbecher. Der Vater ist mit einer Russlanddeutschen verheiratet. Er möchte mit ihr und seinem 10jährigen Sohn Heinrich nach Deutschland zurück und wartet gespannt darauf, dass sein Antrag genehmigt wird. Was eines Tages tatsächlich geschieht und das Leben von Familie Wormsbecher in eine westdeutsche Großstadt versetzt. Diese ist gleichzeitig Zwischenstation für die Träume von drei Deserteuren und einem Musikstudenten, die Russland illegal verlassen haben, um eine neue Existenz in Amerika aufzubauen. Das Leben im goldenen Westen gestaltet sich für die Wormsbechers alles andere als einfach. Der kleine Heinrich findet nur schwer Anschluss und sein Wunsch, Astronaut zu werden, verursacht schließlich einen handfesten Krach mit seinem strengen Vater. Dabei erfährt Heinrich, dass er ein Adoptivkind aus einem russischen Waisenhaus ist. Heinrich reißt aus. Als er Zuflucht in einem Gartenhäuschen sucht, fällt er den Russen in die Arme, die sich dort verstecken. Sie schlagen sich mit kleinen Gaunereien durch, die auch ihre gefälschten Pässe finanzieren sollten. Da sie es sich nicht erlauben können, einen "Zeugen" freizulassen, nehmen sie schließlich den Jungen auf, der sie nun auf ihren Streifzügen durch eine für alle fremde Stadt begleiten wird. Ruslan, der sensiblere der Vier, nähert sich dem Jungen sowohl als erster, wahrer Freund, als auch als Vaterfigur: seine Begeisterung für die Kunst wird Heinrich verändern.
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Filmkritik
Bereits zu Beginn präsentiert uns Vladimir Torbica mit dem Vater des später zur Hauptfigur avancierenden Jungen einen Spätaussiedler, für dessen Nationalstolz ihn jeder Neonazi beneiden würde. Ohne weitere Thematisierung bekommen wir als Zuschauer den wenig ausgeformten Holzschnitt eines radikalen unangenehmen Menschen, der seinen Sohn mit überzogener Gottesfurcht tyrannisiert, während die Mutter zwar dagegen ist, aber einfach keinen Ton herausbekommt. Warum schneidet Torbica das Thema der Identitätsfindung beim Vater über dessen Deutschlandhörigkeit so problematisch an, wenn es im weiteren Verlauf doch keine Rolle spielen soll?
Mit einer gehörigen Portion Hass auf diese Figur sieht man sich nun den Rest des Films an, um immer weiter von Torbica für dumm verkauft zu werden. Da zeigt er uns eine Szene, in welcher der Junge zwei Russlanddeutsche vor der Entdeckung bewahrt, die ihn zuvor in einer aufgebrochenen Gartenlaube festgehalten und gefesselt haben. Um die schwere Nachvollziehbarkeit der Handlung nicht mit einer wenig glaubwürdigen Erklärung zu belasten, liefert Torbica überhaupt keine. Ein feiner Trick ist das, aber von solchen dramaturgischen Finessen sollte man sich nicht beeindrucken lassen, schließlich langt unser lieber Vladimir gleich in die nächste Kiste seines Handwerks. Daraus holt er eine Technik hervor, welche dafür sorgt, dass dramaturgischer Text und Stimmung einer Szene weit auseinander klaffen. Denn an die beschriebene Szene schließt sich direkt das Verweilen der drei neuen Freunde auf einer Parkbank an. Vor ihnen steht eine poetisch drapierte Plastiktüte. Und wie feiert man eine völlig unverständliche neue Freundschaft am besten? Ganz richtig man holt eine Mundharmonika hervor und spielt den Blues. Denn alles, auch die größte Freundschaft hat einmal ein Ende. Und weil nicht nur der Drehbuchautor, sondern offensichtlich auch die Figuren bereits die noch folgenden melancholischen Ereignisse kennen, ist schon einmal Zeit, in Traurigkeit zu versinken.
Das hat Deutschland gefehlt. Mit Vladimir Torbica hat es endlich einen neuen Guru bekommen, der sich um die Sinnfälligkeit seiner filmischen Entwürfe keine Gedanken macht. Ein radikaler Erneuerer, der alles das, was sich im Kino bewährt hat über Bord wirft. Vladimir ist ein Glücksgriff, ein Mensch, der über die eigenen künstlerischen Ambitionen noch lachen kann. Davon brauchen wir mehr. Aber vielleicht ist "Der Brief des Kosmonauten" auch nur ein abgestandener Vodka-Traum. Wir wollen es nicht hoffen.
Redaktion
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Besetzung & Crew von "Der Brief des Kosmonauten"
Land: DeutschlandJahr: 2002
Genre: Drama
Länge: 97 Minuten
FSK: 6
Kinostart: 22.08.2002
Regie: Vladimir Torbica
Darsteller: Vsevolod Tsurilo, Ekaterina Medvedeva, Frederick Lau, Oliver Bässler, Frederik Lau
Kamera: Andreas Höfer
Verleih: Concorde