Beresina - oder die letzten Tage der Schweiz (1999)
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Die schöne Irina, ein russisches Callgirl, gerät in ein märchenhaftes Alpenland, an das sie bedingungslos zu glauben beginnt. Durch einen zwielichtigen Anwalt und dessen Freundin wird sie an einen Kundenkreis von Vertretern der Wirtschaft, Politik, Militär und Medien vermittelt. Als "Informantin" verpflichtet, gerät Irina immer mehr in ein völlig undurchsichtiges Labyrinth von Interessengruppen. Mit der Aussicht auf die Schweizer Staatsbürgerschaft erpresst, beginnt Irina schließlich, dubiose Geschichten über ihre Kunden zu erfinden - und trifft damit genau ins Schwarze. In Unkenntnis der Folgen löst sie durch ein Missverständnis den vor vielen Jahren geplanten Staatsstreich einer vergessenen, patriotischen Organisation aus: den Beresina Alarm.
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Filmkritik
Als sich im Winter 1813 die grande armèe Napoleons nach einem erfolglosen Moskau-Besuch anschickte, die Beresina zu überqueren, endete die monströse Transaktion in einem heillosen Desaster. Freilich sind es in Daniel Schmids Film "Beresina oder die letzten Tage der Schweiz" nicht die reißenden Fluten eines russischen Stromes, sondern die Waffen einer russischen Imigrantin, die ein Debakel heraufbeschwören. Betroffen sind auch nicht Franzosen, sondern altbackene Schweizer.
Mit nicht immer einsichtigem schwarzen Humor illustriert Schmid die Vermittlung des russischen Callgirls Irina an schweizerische Kunden aus der upper class. Offenbar gewollt ist die Undurchsichtigkeit der persönlichen Verstrickungen und Machenschaften, in das nicht nur das leichte Mädchen, sondern auch unwillkürlich der Zuschauer gerät. Streckenweise lähmend und durch die grotesken Szenerien nicht wesentlich aufgelockert entwickelt sich die krude Story, die auf der allzu langen Gratwanderung zwischen märchenhaftem Flair und naivem Heimatfilm des öfteren in das eine oder andere Extrem hinübergleitet. Ein besseres Händchen beweist Schmid bei der Besetzung: Insbesondere Elena Panova leistet in der Rolle der Irina eine überzeugende Darstellung, kann als Paradiesvogel innerhalb einer verkrusteten und von Doppelmoral geprägten Gesellschaft paranoider Spießbürger brillieren. In einem Wechselbad zwischen lasziver Offenheit und kindlicher Unschuld verkörpert Irina das Paradebeispiel einer Frau, die ihren Lolita-Effekt taktisch einzusetzen weiß.
Mit einer Prise Zynismus nimmt Schmid den schweizerischen Patriotismus aufs Korn: Die antiquierten Sitten der verknöcherten Herrschaften entlarvt die Regie bisweilen etwas überdeutlich als bloße Etikette, mit Klischees wird nicht gespart. Man fragt sich, wer den Bergmythos mehr pflegt: Der Film oder die angeprangerte Wirklichkeit. Letzten Endes spielt Schmid dann doch mit offenen Karten, als das beharrliche Festhalten Irinas am Köder der versprochenen Einbürgerung gar in einer Staatsrevolte verklemmter Obristen gipfelt: Als bittere Satire mag die Pointe der Geschichte überzeugen. Dass es an der Zeit ist, mit Wilhelm Tells Apfelschuss-Romantik aufzuräumen, ist für deutsche Bundesbürger insbesondere für die leidenschaftlichen Alpinisten unter ihnen vielleicht tatsächlich eine interessante und neue Botschaft.
Mit nicht immer einsichtigem schwarzen Humor illustriert Schmid die Vermittlung des russischen Callgirls Irina an schweizerische Kunden aus der upper class. Offenbar gewollt ist die Undurchsichtigkeit der persönlichen Verstrickungen und Machenschaften, in das nicht nur das leichte Mädchen, sondern auch unwillkürlich der Zuschauer gerät. Streckenweise lähmend und durch die grotesken Szenerien nicht wesentlich aufgelockert entwickelt sich die krude Story, die auf der allzu langen Gratwanderung zwischen märchenhaftem Flair und naivem Heimatfilm des öfteren in das eine oder andere Extrem hinübergleitet. Ein besseres Händchen beweist Schmid bei der Besetzung: Insbesondere Elena Panova leistet in der Rolle der Irina eine überzeugende Darstellung, kann als Paradiesvogel innerhalb einer verkrusteten und von Doppelmoral geprägten Gesellschaft paranoider Spießbürger brillieren. In einem Wechselbad zwischen lasziver Offenheit und kindlicher Unschuld verkörpert Irina das Paradebeispiel einer Frau, die ihren Lolita-Effekt taktisch einzusetzen weiß.
Mit einer Prise Zynismus nimmt Schmid den schweizerischen Patriotismus aufs Korn: Die antiquierten Sitten der verknöcherten Herrschaften entlarvt die Regie bisweilen etwas überdeutlich als bloße Etikette, mit Klischees wird nicht gespart. Man fragt sich, wer den Bergmythos mehr pflegt: Der Film oder die angeprangerte Wirklichkeit. Letzten Endes spielt Schmid dann doch mit offenen Karten, als das beharrliche Festhalten Irinas am Köder der versprochenen Einbürgerung gar in einer Staatsrevolte verklemmter Obristen gipfelt: Als bittere Satire mag die Pointe der Geschichte überzeugen. Dass es an der Zeit ist, mit Wilhelm Tells Apfelschuss-Romantik aufzuräumen, ist für deutsche Bundesbürger insbesondere für die leidenschaftlichen Alpinisten unter ihnen vielleicht tatsächlich eine interessante und neue Botschaft.
Titus Beile
Besetzung & Crew von "Beresina - oder die letzten Tage der Schweiz"
Land: Schweiz, Deutschland, ÖsterreichJahr: 1999
Genre: Komödie
Länge: 100 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 03.08.2000
Regie: Daniel Schmid
Darsteller: Ulrich Noethen, Geraldine Chaplin, Marina Confalone, Martin Benrath, Elena Panova
Kamera: Renato Berta
Verleih: Pegasos