Ein homosexueller Pfarrer, ein Verkäufer eines Gas-Konzerns und eine übergewichtige 13-Jährige waren die Protagonisten der heutigen Wettbewerbs-Beiträge der Berlinale 2013.
Nachdem die Jury gestern noch der feierlichen Eröffnungsgala beiwohnte, begann in dem winterlichen Berlin heute mit dem Start des Wettbewerbs der Jury-Alltag. Im Schnitt drei Filme werden die Juroren in den nächsten Tagen sehen, um anschließend über die Vergabe der Bären zu entscheiden.
Den Anfang machte das Drama "Im Namen des ..." von der polnischen Regisseurin Malgoska Szumowska, in dem sie mit einer guten Besetzung und klaren Bildsprache von einem Pfarrer (Andrzej Chyra) erzählt, der gegen seine homosexuellen Neigungen ankämpft. Dabei geht es Malgoska Szumowska nicht um Macht oder Missbrauch in der katholischen Kirche, sondern sie konzentriert sich auf die Sehnsucht eines Mannes nach Liebe. Dieser Film ist ein starker Auftakt in einem im Vorfeld mit hohen Erwartungen begegneten Wettbewerb.
Dagegen setzt "Promised Land" von Gus van Sant auf herkömmliche Hollywood-Unterhaltung. Nachdem er mit ansehen musste, wie seine Familie durch die Schließung einer Fabrik ruiniert wurde, hat sich Steve - gespielt von Matt Damon - dem Fortschritt verschrieben und kauft im Auftrag eines großen Konzerns Erdgas-Bohrungsrechte von Farmern im Mittleren Westen der USA. In der typischen Kleinstadt McKinley tritt ihm erst in Person des Ingenieurs und Highschool-Lehrers Frank (Hal Holbrook) und später durch den Umwelt-Aktivisten Dustin (John Krasinski) ungewohnter Widerstand entgegen. Aber Steve nimmt die Herausforderung an. Das Drehbuch - von Matt Damon und John Krasinski selbst geschrieben - überzeugt vor allem mit guten Dialogen, die in der Pressevorführung immer wieder für Lacher sorgten. Allerdings verzichtet es leider nicht auf ein allzu konventionelles und dramaturgisch einfaches Ende, das den Gesamteindruck dieses Films schmälert. Ein Preiskandidat ist dieser Film eher nicht.
Der dritte Film des heutigen ersten Wettbewerbstages wurde ebenfalls mit Spannung erwartet - und schreibt zudem ein wenig Festivalgeschichte. Mit der Weltpremiere bei der Berlinale ist Ulrich Seidls "Paradies"-Trilogie nach Krzysztof Kieślowski "Drei Farben" erst die zweite Trilogie, deren einzelne Teile auf den drei großen europäischen Festivals Cannes, Venedig und Berlin Premiere feierten. Und "Paradies: Hoffnung" ist ein guter Abschlussfilm dieser Trilogie über die Liebe, der insbesondere eine schöne Verbindung zu dem ersten Teil knüpft. Im Mittelpunkt steht Melanie, die Tochter der Protagonistin des ersten Teils, die in ein Abnehmcamp geschickt wird. Hier verliebt sie sich in einen 40 Jahre älteren Arzt – und hofft auf wahre Liebe. Ein guter Film mit einer hervorragenden Hauptdarstellerin.
Neben den Wettbewerbsfilmen gibt es in Berlin noch vieles anderes zu entdecken: die Kurzfilme wurden heute gezeigt und im Panorama war unter anderem Nanouk Leopolds ("Brownian Movement") ruhige Literaturverfilmung "Oben ist es still" zu sehen. Einen ersten Preis gab es auch schon: für sein Film-Projekt "Das Klopfen der Steine" - ein Musicalfilm im Berlin der Nachkriegsjahre - hat Jan Speckenback den "Made in Germany – Förderpreis Perspektive" erhalten.